75. Hunter

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Ich schubste Boone von dem Fenster weg, damit ich auch einmal hineinschauen konnte.

"Sag mal spinnst du?", zischte er leise, als er auf dem Boden aufkam.

Ich ignorierte ihn und schaute langsam durch das Fenster. Und dann sah ich sie. Wie sie auf dem Stuhl saß und gefesselt war. Und auch wie Raven sie ins Gesicht schlug. Ich selbst musste zusammenzucken. Es tat mir weh, sie so sehen zu müssen.

Wenn ich Raven in die Finger kriege, ist sie tot!, fluchte ich innerlich und musste mich zusammenreißen, nicht gleich rein zu stürmen und ihr eine zu verpassen. Aber ich musste jetzt da rein gehen. Ich musste sie befreien. Das war das Einzige, an das ich in diesem Moment denken konnte. Ich konnte es einfach nicht ertragen, sie so zu sehen.

"Steh auf. Wir müssen sie da rausholen!", sagte ich und versuchte Boone wieder auf die Beine zu helfen.

Ich wollte mich gerade auf den Weg machen, als mich Boone zurück hielt.

"Du kannst da jetzt nicht einfach reinstürmen!", zischte er leise und ließ meine Jacke wieder los.

"Wieso nicht? Es wäre ein Überraschungsmoment. Sie sind nur zu zweit. Das bekommen wir locker hin. Wenn wir noch länger warten, kommen diese anderen noch dazu. Diese Menschen mit denen Nyko gesprochen hatte. Außerdem wäre der Kampf dann nicht mehr fair.", meinte ich aufgebracht und fuhr mir aufgebracht durch die nassen Haare.

Ich wollte doch nur Sofia retten. Sie beschützen. Irgendwann würde ich ihr meine Gefühle für sie beichten. Wenn sie es nicht schon längst wusste.

"Mir ist egal was du jetzt machst, Boone. Aber ich geh jetzt da rein und rette sie.", zischte ich und setzte meinen rechten Fuß nach vorne. Doch Boone hielt mich auf, indem er mich mit seiner Hand auf meiner Brust zurückhielt.

"Ich weiß, was du für sie empfindest. Aber es ist doch etwas vorschnell, findest du nicht? Wir brauchen einen Plan. So wie wir es in unserer Schule gelernt haben. Du weißt, dass es ohne nicht gut ausgeht."

Ich schlug seine Hand weg.

"Mein Plan ist die Überraschung.", sagte ich nur und ging um das Haus herum. Boone folgte mir nach kurzem Zögern.

"Hast du dir die beiden schon mal näher angeschaut?", fragte ich.

"Klar. Ich hab sie jeden Tag gesehen.", erwiederte er, ohne wirklich vorher nachzudenken. Es war schon komisch, dass er mein bester Freund war.

Ich schnippste mit meinem Finger gegen seine Stirn. "Nein, Dummkopf. Ich meine beobachtet, analysiert und ihre Angewohnheiten gemerkt. Ob du sie so beobachtet hast, meinte ich. So wie wir es in unserer Ausbildung gelern haben." Ich hatte es getan. Ich musste zugeben, dass ich oft nicht mehr daran gedacht habe, wieso wir hier waren. Ich habe lange genug davon geträumt, auch normal zu sein. Wie alle anderen eben auch. Aber als dann diese Neuen kamen, fing ich an wieder über meinen Job nachzudenken.

Er runzelte die Stirn. "Nein. Wieso auch? Ich fand die nie so wirklich auffällig." Das war mal wieder typisch Boone.

"Weil wir Bodyguards sind, Boone. Wir sollten alles für auffällig halten. Außerdem, ich habe es gemacht. Wir sind unteranderem nicht hier um Spaß zu haben. Wir sind hier, um Sofia zu beschützen und um unseren Job zu erledigen. Klar habe ich unseren Job auch oft einfach vergessen, aber trotzdem war ich mir immer bewusst, wieso wir hier sind. Ich habe jeden von unseren und ihren Freunden genaustens beobachtet. Habe mir ihre schlechten sowie guten Angewohnheiten gemerkt. Ich weiß genau wie jeder von ihnen tickt und wie ich sie besiegen kann, falls sie sich gegen uns stellen würden. Außerdem, was glaubst du, wieso ich Sofia nie etwas von meinen Gefühlen für sie gesagt habe? Weil sie unsere Klientin ist. Klar, auch unsere Freundin. Aber irgendwann werden auch wir gehen müssen. Wir werden nicht ewig ihre Bodyguards bleiben können. Und jetzt will ich, dass du dich ohne einen Plan aufraffst und mir hilfst."

Beeindruckt von dem was ich gesagt hatte, nickte er. "Gut. Was soll ich tun und auf was muss ich achten?"

"Du schnappst dir Raven. Sie hinkt manchmal ein bisschen an ihrem linken Bein. Ich gehe davon aus, dass sie mal einen schweren Unfall hatte. Ich denke du weißt was bei ihr zu tun ist?"

Anstatt zu antworten, nickte er bloß.

"Gut. Ich übernehme Nyko. Er wird etwas schwerer werden als Raven. Bei ihm konnte ich nichts auffälliges feststellen. Er ist ein bisschen wie ich.", stellte ich mit meinem letzten Satz fest.

"Alles klar.", sagte er nun und legte vorsichig unser Seil auf den Boden. Das werden wir jetzt erst einmal nicht benötigen.

Ich wusste, dass die Idee waghalsig war, aber ich musste sie einfach retten. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass sie verletzt wird. Ich liebte sie wirklich.

"Danke, dass du mir hilfst.", sagte ich kurz vor der Türe zu Boone und umarmte ihn kurz.

"Kein Ding. Muss schließlich sein."

"Na dann auf in den Kampf.", grinste ich und atmete noch einmal tief durch.

Dann trat ich einmal kräftig gegen die Türe, sodass sie aufsprung und dabei fast zersprang. Meine Waffe hielt ich fest umklammert und stürmte in den Raum.

■30.06.16■
°848 Wörter°

Die Tochter des Präsidenten Where stories live. Discover now