Gefühle

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MIA'S SICHT:

Seufzend schüttelte Liam den Kopf. "Das ist schwieriger als ich dachte." Ziemlich ungeduldig zuckte ich mit den Schultern. "Ich kann auch gehen." - "Nein.", widersprach er, ein Hauch von Panik in der Stimme. "Gut. Aber dann rede jetzt endlich." Er runzelte die Stirn, nickte jedoch. Dann begann er: "Mein Leben ist nicht perfekt, Mia. War es nie und wird es vermutlich auch nie sein. Eine Zeit lang dachte ich das jedoch. Ich hatte schließlich alles was ich wollte. Dann allerdings habe ich über 10 Stunden in einem Flugzeug gesessen und dort eine interessante Unterhaltung geführt. In meinem Leben läuft ziemlich viel verdammt schief, das hast du mir deutlich gemacht. Aber diese Stunden haben mein Leben gleichzeitig komplett verändert. Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung, was seitdem mit mir los ist, aber ich kann an kaum etwas anderes denken als an die Person, mit der ich diese Stunden verbracht habe. Und daran, was sie wohl gerade macht und wann ich sie wiedersehen werde. Mia, ich kann nicht mal mehr vernünftig schlafen, wenn du nicht in der Nähe bist. So etwas habe ich noch nie erlebt und ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll. Aber eines kann ich dir sagen: wenn du nachher in den Flieger einsteigst, mit der Absicht mich nie wieder zu sehen, dann musst du damit rechnen, dass ich dich nicht gehen lasse." Jedes einzelne Wort das aus seinem Mund kam, war wie ein Stich ins Herz. Der Schmerz der dadurch entstand, trieb mir fast die Tränen in die Augen. Nein. Nein, nein, nein. Ich durfte jetzt nicht nachgeben. "Wenn dir das Gespräch gezeigt hat, was in deinem Leben schief läuft... wieso änderst du dann nichts daran? Wieso trennst du dich nicht von Danielle?" - "Das kann ich nicht.", murmelte er leise. "Weil du sie liebst." Meine Stimme war nur ein Flüstern, doch es war so still um uns herum, dass er mich hörte. "Nein. Ich liebe sie nicht. Es ist kompliziert, sehr kompliziert. Ich kann mich nicht einfach so von ihr trennen, das geht nicht. Wenn es ginge, würde ich keine Sekunde zögern, glaub mir." Ich glaubte ihm ohne zu zögern. Dennoch schüttelte ich den Kopf. "Liam, wo soll denn das hinführen? Je mehr Zeit wir miteinander verbringen, desto schwerer wird der jeweilige Abschied. Du reist in der ganzen Welt umher und ansonsten lebst du in England. Ich gehe noch zur Schule. In Deutschland. Besser wir beenden unsere... Freundschaft hier und jetzt, als dass wir beide verletzt werden." Es kostete mich viel Kraft mich umzudrehen und von ihm zu entfernen. Weit kam ich jedoch nicht. Liam hielt mein Handgelenk fest umschlungen. "Ich werde dich nicht verletzen." Seufzend sah ich ihn wieder an. "Doch, wirst du. Egal ob sie dir etwas bedeutet oder nicht, du hast eine Freundin. Euch beide zusammen zu sehen, verletzt mich schon jetzt. Sie ist ein Teil von deinem Leben. Ich nicht. Und bevor ich einer werden könnte, gehe ich lieber. Du hast schon genug Probleme." Als ich meinen Weg zurück zum Zelt fortsetzen wollte, stellte er sich direkt vor mich. "Was soll das?" - "Ich lass dich nicht gehen.", sagte er entschlossen. Kopfschüttelnd sah ich zu Boden. "Und wieso nicht?" Sobald ich ihn wieder ansah, lächelte er. "Weil du schon längst ein Teil meines Lebens bist." Ich wollte protestieren, doch seine Lippen machten das unmöglich. Verzweifelt drückte ich ihn weg. "Du sollst aufhören mich zu küssen!" Er schüttelte den Kopf. "Auf keinen Fall." Wie ein kleines Kind trommelte ich mit meinen Fäusten gegen seinen Oberkörper. "Lass. Mich. Los." Doch er hielt mich fest umarmt. "Auf keinen Fall.", widerholte er. Tränen der Wut bildeten sich in meinen Augen, während ich weiterhin auf ihn einschlug. Okay, vielleicht war Wut nicht der wahre Grund. Irgendwann wurde meine Arme schwach und ich gab auf. Schluchzend presste ich mich an Liam, der die Umarmung verstärkte und mir beruhigend über den Rücken strich. All die Tränen die sich in mir angestaut hatten, die ich verzweifelt bekämpft hatte, sammelten sich nun auf Liams Pullover. Doch es schien ihn nicht zu stören. Er hielt mich einfach nur in seinen Armen und schwieg. Aber allein seine Anwesenheit, sein Geruch, hatten eine beruhigende Wirkung auf mich. Sobald mein Schluchzen komplett verstummt war, drehte er mich Gesicht so, dass er mich ansehen konnte. Zärtlich strich er die letzten Tränen weg und legte seine Lippen sanft auf meine Stirn. "Lass uns schlafen gehen.", murmelte er und führte mich vorsichtig zurück zu den Zelten.

I want you to stay..Where stories live. Discover now