Schwach

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LIAM'S SICHT:

"Das ist sehr schwer zu beschreiben.", begann ich und legte die Stirn in Falten. "Versuch es einfach, wenn ich was nicht verstehe frag ich schon nach, keine Sorge." Mia lächelte, wirkte jedoch noch immer ziemlich erschrocken über das, was ich ihr gerade erzählt hatte. "Um das zu verstehen, solltest du wissen, dass meine Kindheit und Schulzeit nicht gerade eine positive Erinnerung ist. Ich hatte kaum Freunde, war körperlich schwach... ich hatte keine Chance gegen die älteren Jungs an meiner Schule und das haben die auch ausgenutzt. Später wurde es dann noch schlimmer. Vermutlich weißt du nicht, dass ich mich mit 14 Jahren zum ersten Mal bei X-Factor beworben hab. Sagen wir einfach, ich wurde früh wieder nach Hause geschickt und dabei vor mehreren tausend Leuten bloßgestellt. Freunde hatte ich ab dem Zeitpunkt gar keine mehr. Aber irgendwie hab ich mich durchgekämpft. Ich hab angefangen zu boxen. Und zwei Jahre später hab ich mich nochmal beworben, das hat dann alles verändert. Ich hab die Jungs kennengelernt und mein Leben ist seit dem quasi perfekt. Das Management hat natürlich Wind davon bekommen, wie dreckig es mir vorher ging. Also haben sie es ausgenutzt. Sie haben ein paar Dinge dazu erfunden, die meine Kindheit noch schlechter aussehen lassen. Aber dann kam ja die große Kehrtwende." Ich verdrehte genervt die Augen. Dieses Wort hatte in so vielen Zeitschriften neben meinem Namen gestanden. "Ich war auf einmal ein starker, erwachsener Mann, der 'Aufpasser' der anderen, der Vernünftige. Und natürlich brauchte auch ich eine Freundin. Danielle ist total in Ordnung, wir verstehen uns super. Aber es ist halt nicht echt. Naja... das ist es mir wert." - "Wie meinst du das?", fragte sie nach, mittlerweile ohne den Ansatz eines Lächelns. Ich zuckte mit den Schultern. "Ich bin glücklich. Die Auftritte, die Fans, all das Reisen... genau das wollte ich immer erleben." Mia sah mich kopfschüttelnd an. "Das ist krank. Richtig abartig." - "Für uns ist es okay. Wir sind daran gewöhnt und kommen damit klar." Sie wirkte einfach nur entgeistert. "Liam. Es ist krank. Ihr seid doch nur noch Marionetten. Eure Persönlichkeiten werden total zerstört. Ihr belügt euch damit selbst." Ich hätte es ihr nicht erzählen dürfen. Sie verstand es nicht. Niemand konnte es verstehen. Bevor ich etwas erwidern konnte, fuhr sie schon fort: "Nach dem was du da grad erzählt hast, bist du schwach und hilflos. Ohne die Hilfe von anderen und vor allem dem Management hättest du quasi keine Überlebenschance. So dargestellt zu werden... das hast du eigentlich nicht verdient. Das hat niemand verdient. Aber wenn ihr alle immer nur genau das macht was die Leute vom Management euch sagen, dann seid ihr alle fünf verdammt schwach. Und vor allem feige." Sprachlos starrte ich sie an. Sie erwiderte meinen Blick für eine Weile, dann sah sie aus dem Fenster. Ich wusste ganz einfach nicht was ich sagen sollte. Langsam setzte ich mich wieder gerade hin und starrte die Rückseite des Sitzes vor mir an. Dieses Mädchen kannte mich nicht. Sie wusste nichts über mein Leben, außer den Dingen die ich ihr gerade erzählt hatte. Und trotzdem urteilte sie. Waren wir wirklich schwach? Wir hatten so viel erreicht in den letzten beiden Jahren. Natürlich waren wir nicht schwach. Sie wusste nur einfach nichts über unseren Erfolg. Doch auf einmal tauchte irgendwo ganz hinten in meinem Kopf eine Stimme auf, die ihr Recht gab. Es dauerte eine Weile bis ich mich dazu entschloss das Ganze aus Mias Perspektive zu betrachten. Und schließlich kam ich zu einer Erkenntnis, die ich am liebsten sofort wieder verdrängt hätte. Aber das war unmöglich. Denn wäre es andersrum gewesen, wenn ich meine Erzählung gehört hätte, dann hätte ich vermutlich genauso reagiert wie sie. Als sie sich irgendwann wieder umdrehte, wich ich ihrem Blick aus. "Liam?" Ich reagierte nicht. "Es tut mir leid. Wirklich." Langsam schüttelte ich den Kopf. "Nein. Du hast Recht."

I want you to stay..Tahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon