10{Kaffee& Croissants}

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„Guten Morgen, Mum", begrüßte ich meine Mutter mit einem Kuss auf die Wange. Ich setzte mich zu ihr an den Frühstückstisch und blickte mich um, aber von Jason war weit und breit nichts zusehen. Er liegt bestimmt noch im Bett, schließlich kam er gestern spät heim und heute war Samstag, also konnte er ausschlafen.

„Wieso bist du so gut gelaunt? Nicht dass es mich nicht freuen würde, ich bin nur neugierig." Mit einem zufriedenen Lächeln umfasste sie ihre Kaffeetasse mit beiden Händen und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück.

„Ich hab mich nur dazu entschlossen, dass ich mir hier einen neuen Nebenjob suchen werde. Um genau zu sein, habe ich mir sogar schon einige Anzeigen rausgesucht." Ich lächelte ebenfalls zufrieden und schmierte mir ein Brot. Viele der Anzeigen, die ich gefunden hatte, suchten erst für in ein bis zwei Monaten Aushilfskräfte, aber das war mir lieber als gar nichts.

„Das freut mich, Liebling. Dann kommst du zumindest mal raus aus diesem Haus." Mum wirkte erleichtert, ich konnte mir gut vorstellen, dass ihr durch meine Worte, eine Last von den Schultern fiel. Ich weiß ja, dass sie sich sorgen um mich machte. Immerhin verbrachte ich jeden Tag nach der Schule auf meinem Zimmer, bis auf gestern Abend. Wenn es nach ihr ginge, dann würde sie sich wünschen, dass ich mich hier genauso schnell einlebte, wie sie und Jason. Es war ein erster Schritt, durch den ich mich wohl oder übel mit unserer neuen Umgebung vertraut machen musste.

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Claire und Hannah fragten mich, ob ich mich heute mit Ihnen in einem Café treffen wollte. Auch wenn ich nicht wirklich Lust verspürte, das Haus zu verlassen, sagte ich ihnen zu. Ich hatte schließlich noch zumindest ein Jahr hier in New York vor mir und ich konnte mich nicht ewig auf meinem Zimmer verbarrikadieren. Zu meinem Glück war das Café nicht einmal weit von unserem Haus entfernt, weshalb ich mich dazu entschied, den Weg dort hin zu laufen, anstatt den Bus zu nehmen. Keine zwanzig Minuten später, erreichte ich bereits das Café, mit dem rosafarbenen LED Banner und der Aufschrift ‚Adéláde's Café'. Ich blieb am Schaufenster stehen, bis ich die beiden in der hinteren rechten Ecke, an einem anderen Panoramafenster ausfindig machen konnte. Anschließend betrat ich das Café und steuerte den Platz, an dem sie zusammen saßen, an. Sie begrüßten mich beide mit einer Umarmung und ich setzte mich zu ihnen.

„Wow, dieses Café sieht wirklich sehr gemütlich aus." Hier drinnen war alles in schlichten Brauntönen gehalten. Das Einzige, das die Räumlichkeit hier mit Leben füllte, waren die vielen Pflanzen, die zwischen all den Brauntönen für ein wenig mehr Farbe sorgten. Die Steinwand, die sich uns gegenüber befand, ließ das Café ein wenig altmodischer wirken. Es gefiel mir aber sehr, denn es erweckte einen gemütlichen und harmonischen Eindruck. Hannah und Claire hatten mit dem Bestellen auf mich gewartet und nachdem ich einen kurzen Blick auf die Karte warf, bestellten wir alle dasselbe. Die Auswahl war groß, es gab viel französisches Gebäck zur Auswahl und ich konnte mich nicht entscheiden, also ließ ich die beiden für mich aussuchen. Den Kakao und die Croissants musste man hier zumindest einmal probiert haben, sagten sie, weshalb wir drei Kakaos und drei Croissants bestellt hatten.

„Oh ja, dann warte erstmal ab bis es Winter wird und überall Schnee liegt und alles weihnachtlich geschmückt ist. Dann willst du den ganzen Abend hier verbringen."

Schnee, das gab es in Florida nicht. Aber ich wollte es immer einmal sehen. Es ist nicht so, dass ich noch nie Schnee gesehen hatte, es ist nur lange her, als wir noch eine komplette Familie waren. Ich konnte mir dieses Café magisch vorstellen, wenn draußen der Schnee lag, soweit das Auge reichte und jeder in weihnachtlicher Stimmung war. Wir erhielten unsere Kakaos und Croissants und ich musste zugeben, die Beiden hatten nicht zu viel versprochen. Das Croissant schmeckte so gut, dass ich mir ebenfalls ein neues bestellte, als Hannah sich ein weiteres bestellte.

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„Wo warst du?" Jason blickte mich skeptisch von der Couch aus an, als ich durch die Eingangstür ins Haus trudelte. Nachdem ich mit Hannah und Claire eine lange Zeit indem Café saß, entschieden wir uns spontan dafür, in die Stadt zu gehen. Es war eine gute Entscheidung gewesen, dass ich mich dazu entschieden hatte, mich mit ihnen zu treffen. Wir amüsierten uns prächtig und außerdem gefiel es mir zu wissen, dass wir wirklich freunde werden könnten und nicht nur Schulfreunde waren.

„Ich hab mich mit zwei Schulfreunden getroffen." Erschöpft ließ ich mich zu ihm auf die Couch fallen und zog meine Lederjacke aus. Ich war viel zu erschöpft um jetzt auch noch hoch auf mein Zimmer zu gehen.

„Ach ja, ich frage dich ob du mit auf die Stadtrundfahrt möchtest und du denkst nicht einmal an mich?"
Kurz fühlte ich mich schlecht, bis Jason ein lachen von sich gab.

„Kleiner Scherz, was soll euch mit euch unternehmen, außer deine Schulfreunde sehen zufällig heiß aus."

Schnell fing sich Jason wieder ein, als ich ihm mit ernstem Blick auf den Oberarm boxte.

„Okay, schon gut. Dann erzähl mir lieber, wie es gestern Abend war." Er blickte mich mit skeptischem Blick an. Ich hatte keine Ahnung, warum er so skeptisch war, aber augenverdrehend zog ich ihm die Decke weg und deckte mich selbst damit zu.

„Es war ganz in Ordnung", log ich. Es war mehr als nur in Ordnung, aber ich fand es komisch, Jason zuzugeben dass ich gestern einen unglaublichen Abend mit einem seiner Freund hatte. Das ich ihm die Decke weggezogen hatte, ließ Jason nicht ganz auf sich sitzen und zog sie wieder zu sich. Mir war nicht kalt, aber ich mochte es eben, mich mit einer Decke einzudecken, also kämpfte ich um die Decke zurück. So wie man es bei Geschwistern eben kannte, eskalierte dieser Kampf.

„Jason, na schön geh runter von mir, dann teilen wir die Decke eben!" Ich gab mich geschlagen, als Jason mich beinahe unter sich zerquetschte. Es war aber nicht mein Friedensangebot, dass unser Geraufe beendete, es war das räuspern an der Tür.

„Hey, die Tür stand offen." Jake stand, mit den Händen lässig in der Hosentasche, an der Tür. Er blickte zwischen Jason und mir hin und her und Jason ließ mich endlich in Ruhe. Mit meinen Händen versuchte ich das große Durcheinander auf meinem Kopf, das Jason angerichtet hatte zu beseitigen.

„Und das gibt dir das Recht einfach reinzukommen?" Ich verschränkte die Arme vor der Brust und erntete daraufhin einen überrascht aber belustigten Ausdruck von Jake und einen warnenden von Jason.

„Sie ist nicht immer so undankbar, aber komm rein, wir haben eben über gestern Abend gesprochen." Jason winkte Jake zu uns rüber und er nahm auf dem Sessel rechts von uns platz.

„Also, erzählt schon. Was habt ihr gestern gemacht?" Jason blickte erwartungsvoll von Jake zu mir und wieder zu Jake.

„Das würdest du wissen, wenn du gestern mitgekommen wärst." Ich würde ihm ganz bestimmt nicht im Detail erzählen, was wir gestern Abend alles unternommen hatten, ganz besonders, dass wir mit Jakes Motorrad gefahren sind und ich mich eng an ihn geschlungen hatte. Deshalb hoffte ich, dass Jason sich damit zufrieden geben würde, doch dann wandte er sich wieder erwartungsvoll zu Jason.

„Tja, ich schätze sie hat recht."

Mit einem zufriedenen Lächeln, verabschiedete ich mich nach oben auf mein Zimmer. Ich hatte Jenny versprochen, mich heute Abend zu melden, damit wir telefonieren konnten und ich ihr alles erzählen konnte. Wir telefonierten stundenlang und wir sprachen über vieles, über New York, über Florida, über alles.

Ever afterWhere stories live. Discover now