5{Arrogantes Arschloch}

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„Bist du jetzt endlich fertig?", schrie Jason die Treppen hoch. Heute müssen wir mit dem Bus zur Schule fahren, da Mum vor uns los musste und uns deshalb nicht mitnehmen konnte.
„Ja, ich komme.« Keine Minute später stand ich unten und wir machten uns auf den weg zur Bushaltestelle, welche ungefähr 5 Minuten zu Fuß entfernt war. An der vorletzten Station, bevor der Bus die Schule erreichte, stieg Hannah ein. Sie setzte sich zu uns und begrüßte mich mit einer Umarmung. Jason nahm sie natürlich nicht wahr, denn er ist kurz nachdem wir in den Bus gestiegen waren eingeschlafen.
„Hast du zufälligerweise in den ersten beiden Stunden auch Chemie, bei Mrs Forbes?" Meinen Stundenplan konnte ich zwar noch nicht auswendig, aber ich habe ihn mir gestern Abend angeschaut, bevor ich meine Schultasche für heute gepackt hatte. Also war ich froh darum, dass ich zumindest jemanden kannte.
„Ja habe ich, aber ich verstehe und mag Chemie nicht, also bitte sag mir, dass sie nett ist." Chemie lag mir einfach nicht, vielleicht würde es mir nicht einmal so schwer fallen, wenn es mich zumindest interessieren würde. Aber das war für mich in Ordnung, solange ich einem naturwissenschaftlichem Fach gut war und zwar Biologie.
„Arg, mir gehts genauso und Mrs Forbes ist eigentlich ganz in Ordnung, wären da nicht die ständigen Stimmungsschwankungen." Na dann hoffe ich, dass ihre Stimmung nur besser werden kann.

Der Bus hielt an der Haltestelle der Schule und wir stiegen aus, nachdem ich Jason geweckt hatte. Vor der Schule wartete Claire und Hannah und ich liefen auf sie zu. In Gedanken speicherte ich mir ab, dass wir drei Donnerstag's die ersten beiden Stunden zusammen Chemie hatten. Ich hatte mir zwar für Dienstag vorgenommen gehabt, die Beiden zu fragen, ob wir unsere Stundenpläne abgleichen wollen, so wie Jenny und ich es immer taten, aber ich wollte nicht zu aufdringlich wirken. Außerdem dachte ich mir, dass ich es im  Laufe der Woche sowieso herausfinden würde, weshalb ich sie letztendlich doch nicht gefragt hatte.

„Du musst wohl Rachel Greenwood sein, die neue. Die dritte neue, die ich diese Woche in ihrer Stufe kennenlerne.", stellte die Lehrerin, die am Pult saß fest, als ich mit Hannah und Claire den Chemiesaal betrat. Nachdem ich ihre Feststellung bestätigte, winkte sie mich zu sich. Hannah und Claire nahmen währenddessen schon einmal platz, in dem noch leeren Saal. Mrs Forbes stellte sich mir kurz vor und erkundigte sich anschließend, bei mir nach meiner letzten Zeugnisnote in Chemie, während immer mehr Schüler den Raum betraten. Noch bevor ich ihr antworten konnte, zog sie ein Blatt aus ihren Unterlagen und stellte fest, dass meine letzte Zeugnisnote in Chemie eine vier war. Wieder bestätigte ich ihre Feststellung und sie überlegte einen Moment lang.
„Zum einleiten in unser Thema, würde ich gerne mit einem Experiment beginnen und damit sie uns hier nicht alles abbrennen, werden sie mit Mr Parker zusammenarbeiten, meinem besten Schüler. Jake, heben sie doch bitte kurz die Hand!" Nur weil ich im Zeugnis eine vier in Chemie habe, heißt das noch lange nicht, dass ich hier so leichtsinnig alles abbrennen würde. Ein wenig tollpatschig bin ich zwar, aber noch lange nicht so, dass mir so etwas passieren könnte.
Eine Hand in den hinteren Reihen hob sich und es dauerte einen Moment, bis ich diese markanten Züge zugeordnet hatte. Dann erinnerte ich mich wieder, Jake Parker lautete sein Name, das erzählten mir Hannah und Claire, als ich sie auf ihn angesprochen hatte.
„Es wird schon nichts passieren, ich kann sicherlich mit Claire und Hannah zusammenarbeiten." Auch wenn ich mir sicher war, dass die Chancen gering standen, versuchte ich mein Glück. Ich warf einen Blick rüber zu Hannah und Claire, die zusammen an einem Tisch am Fenster saßen und zustimmend nickten. Mrs Forbes, fand das ganze jedoch weniger erfreulich.
„Ja, damit ihr drei mir die ganze Schule abbrennt. Die beiden sind auch nicht unbedingt die Spitzenreiter in Chemie." Sie schielte mich unter ihrer Brille mit einem strengem Blick an. Also gab ich mich geschlagen und lief durch die Reihen, ehe ich mich auf dem freiem Platz neben ihm niederließ. Mrs Forbes begrüßte die Klasse und teilte uns ihre Pläne für die erste Unterrichtseinheit mit. Nachdem sie uns das Experiment vorgeführt hatte, sollten wir uns anschließend die benötigten Materialien beschaffen und mit dem Experiment beginnen. Da mein Sitznachbar keine Anstalten machte, die Materialien zu besorgen, stand ich laut ausatmend auf und kehrte kurze Zeit später mit den ganzen Materialien zurück.
„Hey Raphael, wage es ja nicht, dich an ihn ran zu machen! Er gehört nämlich schon zu mir und falls doch, dann glaub mir wirst du dein blaues Wunder erleben!« Giftete mich das große Mädchen mit den platinblonden Haaren vor mir an.
„Rachel, ich heiße Rachel. Und keine sorge, das hatte ich sowieso nicht vor, nicht jetzt und auch nicht in Zukunft, also du darfst dich gerne wieder umdrehen.", erwiderte ich gespielt freundlich. Als sie sich abwandte, murmelte ich ein leises 'Schlampe', doch scheinbar war es nicht leise genug, da sie sich wieder umdrehte und dabei ihre langen Haare über die Schulter warf.
„Was hast du gesagt?"
Okay, na schön, das hatte ich nicht erwartet und deshalb wusste ich auch nicht auf Anhieb was ich hätte tun sollen. Jedenfalls wollte ich keinen Rückzieher machen.
„Ich denke, du weißt was ich gesagt habe." Etwas besseres fiel mir in dem Moment leider nicht ein.
„Als neue solltest du ein wenig mehr Respekt zeigen, das kriegst du zurück!" Sie betonte jedes einzelne Wort und blickte mich dabei rachelustig an. Dann drehte sie sich wieder um und lief zu ihrem Platz und ich wusste nicht, ob es bloß eine leere Drohung sein sollte oder nicht.
„Na gut, du bist neu", seufzte mein Sitznachbar aus und verwirrt blickte ich zu ihm runter.
„Also wenn ich dir eins raten darf, dann dass du besser aufpassen solltest, was du sagst und insbesondere zu wem. Das würde dir vielleicht auch deinen hübschen Hintern retten." Unmittelbar setzte ich mich wieder hin, als ich bemerkte wie er mir mit schelmischem Grinsen, ziemlich dreist auf den Hintern schielte.
„Dank dafür, aber nein ich denke ich weiß was ich tue!", erwiderte ich gereizt, als ich etwas im Stuhl einsank. Mir war die Freude am Experiment vergangen, weshalb ich ihn bloß dabei beobachtete, wie er das Experiment allein anfing.
„Ach na gut, sollte ich mich jetzt vor irgendwelchen Racheplänen oder sonstigem fürchten?" Es beschäftigte mich doch mehr, als erwartet. Es war immerhin mein vierter Tag auf dieser Schule und es gab bereits jemanden der mich nicht leiden konnte, nur weil mir mein Arbeitspartner von Mrs Forbes zugeteilt wurde.
„Im Allgemeinen hätte sie nichts dagegen, so genannt zu werden, aber weil du dich nicht einschüchtern lassen hast, ist es gut möglich, dass sie dich von nun an auf dem Kicker hat." Er wendete sich nicht einmal von dem Experiment, das er alleine durchführte ab und dennoch reichte mir der Ton in seiner Stimme, um zu wissen, wie sehr ihn meine missliche Lage amüsierte.
„Wenn du dein letztes Schuljahr also in guten Erinnerungen bewahren möchtest, dann pass das nächste Mal besser auf, wen du als ‚Schlampe' oder ‚Arschloch' bezeichnest." Dann drehte er sich zu mir um, während ich noch immer auf meinem Stuhl saß und zwinkerte mir mit einem teuflischen Grinsen zu. Ich benötigte einige Momente, bis ich realisierte, dass er auf unsere erste Begegnung anspielte. Dann stieg die Zahl wohl auf zwei Leute, die mich Wohl oder Übel auf dem Kicker hatten.
„Huh, jetzt sehe ich es auch, warum du zu ihr gehörst."

Ever afterWhere stories live. Discover now