Kapitel 1 - Geheimnis

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(Petes Sicht)

"Ich liebe dich", hauche ich und nehme seine Unterlippe zwischen meine Zähne. Er befreit sich mit einem Seufzer.

"Ich liebe dich viel mehr.", antwortet George.

Nur ich darf Damon George, somit bei seinem eigentlichen Namen, nennen, doch auch das nur, wenn wir wieder unter uns sind. Wenn wir wieder ein Paar sind, ganz offiziell inoffiziell. Innerhalb der Schule muss ich ihn so wie alle anderen Damon nennen, denn er hasst seinen eigentlichen Namen.

Seine Hand führt er an meinen Kopf, er fährt mir durch die Haare während er mich tief aus seinen hellbraunen Augen mustert.

Wieder streifen seine Lippen meine, doch auch diese kurze Berührung fühlt sich an, als würde er mich in Flammen stecken, denn er macht mich jedes Mal heiß.
"Tut mir leid wegen vorher am Hof. Du weißt, ich meine das nicht so.", flüstert er mir ins Ohr und beißt mir dann sanft ins Ohrläppchen. In meinem Herzen sticht es einen Augenblick, doch ich nicke, weiß, er spürt es.
"Wie lang hast du Zeit?", frage ich ihn und sehe ihm mit schlechter Vorahnung in die Augen. "Ich muss schon wieder gehen, sonst fragen sie sich noch, wo ich so lange stecke.", antwortet er und ich höre die Qual in seiner Stimme.

Früher musste ich ihn immer fragen, ob wir uns wieder sehen werden hier am Jungsklo im Keller unserer Schule. Ganze zwei Minuten haben wir dann immer miteinander, doch die sind es mir wert. Einfach nur seine Gegenwart spüre, seine warmen Lippen an meiner Haut und meinem Mund, seine Stimme, und zwar wirklich seine Stimme, welche er nur mir zeigt, die weiche sanfte George Stimme. Und nicht die von seiner harten Schale, nicht die von Damon.

Er verlässt die Kabine, hält dabei meine Hand solange es ihm möglich ist. Sofort spüre ich die Kälte darin zurückkehren, nicht nur in meiner Hand, sondern am ganzen Körper. Wie gerne würde ich die Zeit anhalten, wenn wir uns hier für 2 Minuten sehen, damit aus den zwei Minuten zwei Stunden werden könnten.

Nachdem er draußen ist, sperre ich ab. Dann wird eine Tür geöffnet, jemand tritt wohl in den Raum, jemand den Damon kennt, denn sie grüßen sich kurz.
Einen Augenblick später spüle ich, möglichst unauffällig komme ich aus der Kabine, doch durch den Spiegel erkenne ich, wie der gerade gekommene Junge auf mich zeigt und dann fies grinst. Vielsagend sieht er Damon an, welcher, als er zu mir sieht, einen so kurzen Moment gequält schaut, wodurch es nur jemand erkennen könnte, der ihn so gut kennt wie ich, also niemand außer mir.

"Pass auf James, sonst sieht er dir vielleicht zu und bekommt einen hoch.", gibt der große Basketballer von sich und lacht mich aus, natürlich erkenne ich wie sehr ihm das weh tut. Doch wie sollte es mir dabei gehen, auch nicht besser, immerhin werde ich gemobbt, werde ich verprügelt und nicht er, er hat den Ruf, das Ansehen. Nur wäre ich ein schlechter Freund, wenn ich ihm das nicht gönnen würde und wäre ich ein noch schlechterer Seelengefährte, wenn ich sein Wohl nicht über mein eigenes stelle.

Natürlich muss ich bei dem ganzen Theater auch mitspielen.

Deswegen drehe ich mich irritiert zu ihnen. Doch der Junge stellt sich gerade hin um zu pinkeln, dadurch bemerkt er es gar nicht und ich mich wieder wegdrehe und mir die Hände wasche. Ohne noch ein weiteres Wort gehe ich mit stampfenden Schritten aus dem Jungenklo, laufe die Treppe hoch und spüre, wie mir Tränen aufkommen, nie würde ich diese hier vergießen. Es wäre nur noch mehr Stoff womit sie mich fertig machen könnten. Zurück in der Klasse lasse ich mich in meinen Sitz fallen, niemand bemerkt, dass mein Haar zerzaust ist, denn auch davor hat mich niemand überhaupt wahrgenommen. Trotzdem muss ich ihm endlich beibringen, meine Frisur nicht jedes Mal zu verwüsten.

Die Stunden ziehen sich, nur die Letzte ersehne ich wie verrückt, denn da haben wir gemeinsam Unterricht. Als ich in die Klasse komme, ist er natürlich noch nicht da, ist er nie, denn er ist viel zu cool um pünktlich zu erscheinen.
Neben mir ist noch ein Platz frei und als er und seine zwei Sportlerfreunde durch die Tür kommen, streiten sich sich um die noch zwei freien Sitze, welche ganz hinten sind. Ich muss zufrieden lächeln, als er den Platz nicht bekommt. Und ich weiß, innerlich freut er sich auch und hat absichtlich nicht gewonnen.
"Hinsetzen, Damon! Vorne neben Herrn Collins ist noch ein wunderbarer Platz frei.", unsere Geschichtelehrerin grinst ihn ungehemmt an, denn sie weiß, niemand will neben mir sitzen und schon gar nicht die Sportler, naja, außer einem.

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