19. And the winner is ...

43 11 57
                                    

Simultan richten Clark und Bruce ihre Blicke Richtung Riesenrad, während Peter immer noch suchend und blind wie ein Maulwurf durch die Gegend irrt. Ich denke nicht, dass die beiden mich tatsächlich erkennen können, aber ihre Aufmerksamkeit liegt das erste Mal während unserer Auseinandersetzung gefährlich in meiner Richtung.

Da hab ich wohl etwas zu laut gelacht.

~Egal, ich schaff das auch so!~, spreche ich mir selbst Mut zu. ~Einen von drei hab ich ja schon ausgeschaltet!~

Bruce und Clark verständigen sich mit Blicken über ihr weiteres Vorgehen, wahrscheinlich wollen sie ihre Strategie nicht offen preisgeben.

~Tja, Jungs, ich weiß genau, wie ihr tickt!~ Da haben sie mich einfach ein paar Mal zu oft bei ihren Schlachtplanungen mithören lassen. ~Das kommt davon, wenn man seine kleine Schwester ständig übersieht!~

Bruce bewegt sich vorsichtig und ständig hinter Autos und andere Gegenstände duckend in meine Richtung, wohl konstant darauf bedacht, einem erneuten Angriff keine Fläche zu bieten. Das Konfetti klebt nach wie vor überall, an seiner Kleidung, in seinen Haaren, sogar in seinem Gesicht hängen mehrere der bunten Punkte.

Peng! Peter ist trotz seines langsamen Schleichens über den Bordstein gestolpert und der Länge nach hingefallen. So langsam tut er mir ein bisschen leid. Fast.

Aus den Augenwinkeln nehme ich Clark wahr, der nach wie vor hicksend und ruckelig, aber dennoch zügig in meine Richtung fliegt und dem Riesenrad inzwischen bedrohlich nahe gekommen ist. Ob er wohl noch auf dem Schirm hat, dass er mich hier oben zurückgelassen hat?

"Hey", zieht in dem Moment Bruce meine Aufmerksamkeit auf sich, "willst du nicht endlich mal rauskommen? So Mano a Mano? Egal, ich mach so oder so Frozen Yogurt aus dir!"

Er wird doch nicht? Doch, er wird. Bruce holt tief Luft, bläst seinen Oberkörper auf und sammelt seine Kräfte. Die kalte Luft ist förmlich sichtbar, die sich eisblau blitzend in seinem Rachen sammelt wie das Feuer bei einem Drachen.

~Du willst ernsthaft deine Schwester schockfrosten?~ Kurz vergesse ich in meiner Empörung, dass Bruce ja weiterhin keine Ahnung hat, wer ich bin. ~Dir geb ich's, mich einfach so mit deinem Eisatem anzugreifen!~

Und noch bevor Bruce seinen Atemzug ganz beisammen hat, verpasse ich ihm eine riesige Portion Popcorn mitten in seinen weit geöffneten Mund. Matschiges Popcorn. Von gestern!

Das sollte er aber mittlerweile wirklich besser wissen, immer den Mund so weit aufzureißen!

Zing! Zisch! Bruzzel!

~Was?~, betrachte ich perplex mein Stofftier. Wo es eben noch unschuldig und rein neben mir in der Gondel saß, prankt nun ein schwarzes, verkohltes Loch auf seinem Rücken.

~Du hast Gorilli getötet!~ Fast zur gleichen Zeit wie mein Wutschrei ertönt Clarks Ruf "Weg von -- hicks -- meiner Schwester, du -- hicks -- Schuft!"

~Clark, du Trottel~, schreie ich, aufgelöst in Tränen ob Gorillis frühzeitigem Tod, ~wie konntest du nur? Du kannst doch nicht einfach unschuldige Plüschtiere mit deinem Laserblick grillen!~

"Ha, jetzt sagst du -- hicks -- wohl nichts mehr, was? Und jetzt -- hicks -- lass meine Schwester gehen, sonst kannst du so -- hicks -- richtig was erleben! Niemand bringt -- hicks -- die Kleine zum -- hicks -- Weinen, niemand!" Wenn er nicht ausgerechnet mein neuestes Lieblingsstofftier gebraten hätte, fände ich seinen gut gemeinten Rettungsversuch ja beinahe süß. Aber so ...

~Für Gorilli!~, schreie ich aus Leibeskräften, während ich Clarks Superhelden-Tischtuch nehme und ihm um den Kopf wickle. Mehrfach.

~Nimm das!~, brülle ich und schlage ihm meinen Plüschwal um die Ohren, ~und das!~, mein Einhorn kommt dem Wal zur Hilfe. Gorilli sitzt traurig und verkohlt neben mir.

~Du. Sollst. Nicht. Ein-fach. Hilf-lose. Kuschel-tiere. Rös-ten!~ Dabei betone ich jede Silbe mit einem wohlgezielten Hieb, der Clark in der Luft richtig ins Taumeln bringt und immer weiter von mir weg treibt.

"Rückzug!" Ausgerechnet Bruce, vom Popcorn endlich befreit, scheint in diesem Moment ihre Niederlage einzusehen und die einzig vernünftige Entscheidung zu treffen. "Rückzug!"

"Wir kommen -- hicks -- wieder!", brüllt Clark noch in meine Richtung, wenn auch durch die vielen Schichten Stoff gedämpft, "wir werden -- hicks -- die Pupskanone -- hicks -- befreien! Mach dich -- hicks -- auf was gefasst!"

Kurz herrscht gespenstische Stille. Dann ...

Klapp. Klapp. Klapp.

~Höh?~

Langsames Klatschen erfüllt die Luft, gepaart mit einem seltsam metallisch klingenden Lachen. "Denen hast du es aber gezeigt, Applaus, Applaus!"

~Wo ...?~, schaue ich mich suchend um, kann jedoch nach wie vor niemanden sehen.

"Hier oben!", höre ich die Stimme erneut. "Niemand schaut jemals nach oben!"

Dann endlich sehe ich den Ursprung der Stimme und des Klatschens. Über mir, sich langsam auf meine Höhe herablassend, schwebt eine Gestalt in einem langen, dunklen Umhang und einem Helm á la Darth Vader auf dem Kopf. Ein Superschurke, wie er im Buche steht.

"Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Brain, The Brain um genauer zu sein", ertönt die Stimme erneut, "und ich muss dir wirklich gratulieren!"

~Was soll das? Verpiss dich!~, antworte ich mit gerunzelter Stirn.

"Mich verpieseln? Tse tse, wo bleiben denn deine Manieren? Willst du dich nicht lieber vorstellen? Das gehört sich so!"

~Nein, will ich nicht, du ... Du kannst mich verstehen?~ Wo eben noch eine Beschimpfung auf meiner Zunge lag, herrscht plötzlich deutlich Verwunderung und Verwirrung vor. Das wäre jetzt das erste Mal in meinem Leben, dass ich erfolgreich kommunizieren kann. Beinahe empfinde ich Sympathie für die Gestalt vor mir, einfach nur aus dem Gefühl heraus, verstanden zu werden.

"Muarharhar", lacht The Brain. "Du musst wissen, ich bin ein Technikgenie. Daher auch der Name. Eine meiner genialsten Erfindungen ist mein Helm. Er hat neben einem Anti-Gravitations-Feld und anderen tollen Gimmicks auch einen Universalkommunikator verbaut. Ich verstehe und spreche alle bekannten Sprachen dieser Welt und noch einige mehr, darunter elbisch, klingonisch und eben auch babyisch!"

Kurz bin ich beeindruckt, dann gewinnt wieder mein Misstrauen die Oberhand. ~Und was willst du jetzt von mir?~

"Von dir, gar nichts!", kichert die Gestalt vor sich hin. "Im Gegenteil, ich danke dir."

Bevor ich noch nachfragen kann, was genau es denn zu danken gibt, fährt The Brain auch schon fort: "Ich weiß, wer du bist, und ich weiß, wo du wohnst. Und Dank dir weiß ich jetzt endlich auch, wer deine Brüder sind!"

Upsi.



~

Und das war's auch schon wieder. Ab übermorgen geht es (hoffentlich) wieder im gewohnten Rhythmus weiter.

Call me Super, Baby!Where stories live. Discover now