7. Trainingseinheiten im Park

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Nach unserer Rückkehr zieht Clark sich sofort und ohne viele Worte zu verlieren in sein Zimmer zurück und bis auf ein gelegentliches lautes Hicksen ist für den Rest des Abends nichts mehr von ihm zu hören. Selbst das Abendessen lässt er aus.

Geschieht ihm recht.

Ich erzähle Mama zwar ausführlich und immer noch sichtlich erbost von Clarks Aktion im Park, was sie auch in regelmäßigen Abständen mit zustimmenden und erstaunten Lauten kommentiert. Dennoch habe ich den Verdacht, dass sie mir entweder nicht richtig zuhört oder mich nach wie vor nicht versteht. Jedenfalls passen ihre "Soso"s, "Ach"s und "Wirklich?"s nicht so richtig zu meinen Erzählungen.

Außerdem wäre Clark sicherlich einen Kopf kürzer, wenn sie mich tatsächlich verstehen würde.

Nun gut, auf Mamas Hilfe kann ich wohl nicht zählen. Dann muss ich mir also wohl oder übel selbst etwas einfallen lassen. Aber wie sagt man so schön: Rache wird sowieso am besten kalt serviert.

Zum Leidwesen meiner Brüder scheint Mama tatsächlich Gefallen daran gefunden zu haben, mich von ihnen durch den Park schieben zu lassen. Jedenfalls verdonnert sie die drei dazu, öfters Zeit mit mir an der frischen Luft zu verbringen.

Offizielle Begründung: Frische Luft ist gesund. Mein Verdacht: Mama macht heimlich Nickerchen ohne mich.

Da ich den Park aber eigentlich ziemlich spannend finde, weil es dort immer viel zu sehen gibt, und außerdem ganz gerne Zeit mit meinen Brüdern verbringe, lasse ich ihr ihre heimlichen Schlafeinheiten ausnahmsweise durchgehen. Immerhin ist sie danach wieder fitter für mich.

Die Jungs sind nur mäßig begeistert, fügen sich jedoch -- Mamas strengem-Mutter-Blick und ihrer zuckenden Augenbraue sei Dank.

"Ich vertraue darauf, dass ihr schon vernünftig genug seid und gut auf eure Schwester aufpasst", gibt sie den Zwillingen noch mit auf den Weg, als sie uns ein paar Tage später wieder losschickt. Natürlich nicht, ohne mich vorher dick einzumummeln und sicherzustellen, dass ich satt und frisch gewickelt bin und meinen Schnuller bei mir habe, und mir noch zum Abschied einen dicken Schmatzer auf die Stirn zu drücken.

Die Sonne strahlt vom blauen Himmel, und es scheint einer der ersten wirklich warmen Frühlingstage zu werden.

"Natürlich, Mama!", "Klar, wir passen auf sie auf!", antworten die Zwillinge im Chor. Misstrauisch kneife ich die Augen zusammen. Seit wann sind die beiden denn so fügsam? Irgendetwas ist da doch im Busch. Ich werde wohl besonders wachsam sein müssen.

Nach einem mir ewig vorkommenden Spaziergang kommen wir schließlich in einen Teil des Parks, in dem ich noch nie gewesen bin. Kein Kinderspielplatz, kein Teich, keine Enten weit und breit, es scheint die verlassenste Ecke überhaupt zu sein.

Der menschenleere Platz ist beinahe vollständig von dichten Hecken eingerahmt, an einer Seite liegt ein Haufen alter Äste, Laub und allerhand Grünschnitt, an der anderen Seite steht ein Stapel Gerümpel neben einigen übervollen Regentonnen. Ich kann einen rostigen Rasenmäher erkennen, eine alte Schubkarre ohne Räder und eine Menge verschlammter Gartengeräte. Wahrscheinlich dient das Ganze den Gärtnern des Parks als Abstellfläche. Oder besser Müllabladefläche. Resterampe, sozusagen.

Die Zwillinge scheinen öfters hier zu sein, sie steuern jedenfalls ohne zu Zögern einen herumliegenden Baumstamm an, laden ihre Rucksäcke dort ab und parken mich in meinem Buggy im Schatten einer kleinen Buche, die direkt daneben ihr jämmerliches Dasein fristet. Das arme Bäumchen hätte sich sicherlich auch einen Standort mit einer schöneren Aussicht gewünscht.

Fragend schaue ich meine Brüder an. ~Was wird das hier? Ich will an den Teich, Enten kucken. Hier ist langweilig.~

Die beiden ignorieren meinen Protest mal wieder gekonnt und ziehen stattdessen unter viel Gelächter und Rumgealber ihre Jacken aus. Höh? Soo warm ist jetzt auch wieder nicht.

~Nicht dass ihr euch erkältet, Mama hat keine Zeit für sowas!~

"Dieses Mal erwische ich dich", fordert Bruce Peter heraus. "Ich habe geübt, mein Wasserwerfer ist noch viel besser geworden als beim letzten Mal."

"Dann bin ich ja mal gespannt", antwortet Peter demonstrativ entspannt und gähnt zur Verdeutlichung mit weit offenem Mund und übertrieben ausführlicher Handbewegung. "Letztes Mal hast du mich ja nicht ein einziges Mal treffen können, du lahme Ente!", foppt er seinen Bruder.

Beide stehen mittlerweile in Trainingshose und Shirt vor mir und hampeln seltsam mit den Armen und Beinen. Sollen das Dehnübungen sein?

Bruce hat die Arme vor dem Körper gekreuzt und wirkt, als wollte er sich selbst die Schultern auskugeln, während Peter demonstriert, dass er mit seinen Fingern an die eigenen Zehenspitzen greifen kann. Zumindest, wenn er die Beine nicht ganz durchdrückt.

Amateure. Ich persönlich kann meine Füße ja sogar in den Mund nehmen.

Kurz überlege ich, ob ich den beiden meine überlegene Beweglichkeit demonstrieren soll, entscheide mich dann aber doch dafür, mich einfach entspannt zurückzulehnen und den beiden beim Training zuzuschauen. Denn genau das scheinen die beiden vorzuhaben.

~Dann zeigt mir mal, was ihr so alles drauf habt. Ich lasse mich gerne von euch unterhalten!~ Trotz meines etwas großkotzigen Kommentars bin ich gespannt. Das wird das erste Mal, dass ich die beiden in Aktion sehe.

"Fertig?", fragt Bruce Peter nach einer kleinen Weile, in denen die beiden sich mit allerlei Verrenkungen und Herumhüpfen auf der Stelle warm gemacht haben. Wahrscheinlich haben sie mal im Internet gelesen, dass das vor dem Sport wichtig ist.

"Kla...", weiter kommt Peter nicht, als auch schon eine leicht matschig aussehende Wasserfontäne auf seinen Kopf zugeschossen kommt.


(873 Wörter)

Call me Super, Baby!Where stories live. Discover now