14. Und weiter geht die wilde Fahrt!

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Da sitze ich nun also in meinem tollen Polizeiwagen, bei meiner ersten Karussellfahrt in meinem ganzen Leben, und kann mich gar nicht richtig freuen, weil meine Brüder mal wieder mit allem anderen beschäftigt sind, anstatt mir euphorisch zuzuwinken, wie es in dieser Situation angemessen wäre.

Und falls jetzt jemand auf die Idee kommen sollte zu sagen, ich solle mich nicht so anstellen, die Welt drehe sich ja schließlich nicht allein um mich, dem muss ich ehrlich überrascht antworten: Tut sie nicht? Um was denn sonst?

Ich kneife die Augen zusammen und zoome auf Clark. Was macht er denn da?

Das Mädchen scheint neben ihm Mühe zu habe, sich zwischen den verschiedenen Lakritzsorten zu entscheiden, jedenfalls schwankt ihr Blick jetzt schon sehr lange über die Auswahl. Clark neben ihr tut es ihr gleich, ist aber offensichtlich mit seiner Aufmerksamkeit mehr bei ihr als bei den Süßigkeiten.

Ach Mensch, traut er sich etwa wirklich immer noch nicht, sie anzusprechen? Irgendwann hält sie ihn noch für einen irren Stalker.

Eine halbe Umdrehung später kommen die Zwillinge wieder in mein Blickfeld, die gerade dabei sind, ohne ihre Rucksäcke, dafür aber im Kostüm die Klohäuschen wieder zu verlassen.

~Euer Ernst? Könnt ihr nicht mal bis zur Parade morgen warten, um als die großen Macker aufzutreten? Solche Angeber!~

Bisher hat die Menge die beiden noch nicht bemerkt, doch das ändert sich, als ein kleines Mädchen die beiden erblickt, aufgeregt die Hand ihres Vaters greift und ihn mit wild fuchtelndem Arm auf die beiden aufmerksam macht. Sofort beginnt sich eine Menschentraube zu bilden und erste Rufe werden laut.

Mittlerweile ist Clark wieder in mein Bickfeld geraten, der immer noch vor der Auslage steht und diese anstarrt, als müsse er sie auswendig lernen und werde später abgeprüft. Das Mädchen neben ihm scheint sich zwischenzeitlich entschieden zu haben, denn ich sehe noch, wie die Verkäuferin ihr eine Tüte über den Tresen reicht, die sie in ihre lila Umhängetasche packt, sich umdreht -- und kurz stockt, als sie Clark neben sich bemerkt.

Verdampft, jetzt kann ich nicht mehr sehen, wie es bei den beiden weitergeht! ~Kann mal einer das Karussell anhalten? Es wird gerade spannend da drüben!~

Stattdessen dreht sich mein Polizeiauto weiter im Kreis, als hätte ich nie etwas gesagt.

Bruce unterhält die Menge auf der anderen Seite des Karussells, indem er sich von irgendwoher Wasser abgezapft hat, das er nun kleine Kunststücke vorführen lässt. Wassertropfen in allen Formen und Größen schweben über den Köpfen der Menschen und bilden dabei die verrücktesten Wirbel und Muster. Peter steht daneben und scheint sich ob der geballten Aufmerksamkeit etwas unwohl zu fühlen.

Eine halbe Umdrehung später habe ich Clark und das Mädchen kurzzeitig aus den Augen verloren, beim Süßigkeitenstand sind sie jedenfalls nicht mehr. Stattdessen finde ich sie bei der Dartbude, Clark mit leicht roten Backen und sichtlich nervös mit einem Dartpfeil in der Hand -- will er ihr etwa auch ein Plüscheinhorn jagen? ~Das geht nicht, das ist mein Einhorn!~ Vor Empörung werde ich ganz rot im Gesicht.

Wieder verschwinden die beiden aus meinem Gesichtsfeld.

Die Menschenmenge um die Zwillinge ist in den letzten Sekunden so weit angewachsen, dass selbst meine Mutter kurz in ihre Richtung schaut, um auszumachen, woher der Trubel so plötzlich kommt.

Man muss ihr jedoch zugute halten, dass sie sich nach einem schnellen Seitenblick sofort wieder mir zuwendet, um mir ermutigend zuzuwinken. Auf meine Mutter ist eben Verlass.

Im Gegensatz zu meinen Brüdern. Treulose Tomaten!

Bei Clark scheint es ganz gut zu laufen, ich sehe mehrere geplatze Ballons an ihren Plätzen hängen und den Budenbesitzer, der sich schon bereit zu machen scheint, erneut den Hauptgewinn überreichen zu müssen.

~Vergiss es! Du verschenkst kein Einhorn, außer an mich!~ Und mit diesen Worten gebe ich dem kleinen blauen Ballon einen kräftigen Schubs nach rechts, just als Clarks Pfeil ihn beinahe getroffen hätte. Gerade noch sehe ich, wie Clark die Stirn runzelt und der Budenbesitzer erleichtert seufzt, als das Karussell sich auch schon wieder weiter dreht.

Wie viele Runden dreht denn das verdampfte Ding noch?

Weiter zu Bruce! Wie könnte ich ihm nur am besten in die Parade fahren? ~Aaah!~, kommt mir die Erleuchtung. So mache ich das.

Kurz konzentriere ich mich, so aufwendig habe ich meine Kräfte immerhin noch nie benutzt, peile erst meinen Buggy an, dann wieder Bruce -- und wickel ihm eine dicke Lage mit rosa, klebriger, pappiger Zuckerwatte um den Kopf.

Den Effekt meiner Attacke kann ich leider nicht mehr direkt beobachten, da mein Auto sich schon wieder zu weit gedreht hat, aber wenn ich die erschrockenen Ausrufe der Menge richtig deute, hat Bruce dank des plötzlichen Angriffs wohl die Kontrolle über seine Wassertropfen verloren. Und jetzt viele ehemals begeisterte, jetzt nur noch entgeisterte, da nasse Zuschauer.

In Clarks Richtung sehe ich noch, wie er dem blonden Mädchen mit einem etwas bedröppelten Gesichtsausdruck einen türkisfarbenen Bleistift überreicht -- wahrscheinlich der Trostpreis.

Dann macht das Karussell noch eine halbe Drehung, wird langsamer und bleibt schließlich ganz stehen. Aus den Augenwinkeln beobachte ich, wie die Zwillinge mit eingezogenem Kopf in der Dunkelheit verschwinden.

"So, Mäuschen, ich denke, das war genug fürs erste Mal. Hat es dir gefallen?", erkundigt sich meine Mutter, während sie mich aus meinem Polizeiauto wieder in den Buggy umsetzt und dann gleich mit den verschiedenen Plüschtieren überhäuft.

~Ach, der Anfang war spannend, der Mittelteil ließ dann etwas zu wünschen übrig, aber am Ende habe ich mich wieder königlich amüsiert!~



(892 Wörter)

Call me Super, Baby!Where stories live. Discover now