15. Fliegende Fehdehandschuhe am Frühstückstisch

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"Wenn ich den erwische, den zerhack ich zu Kleinholz!", macht Bruce am nächsten Morgen am Frühstückstisch zum wiederholten Mal seinem Frust Luft. Vor ihm steht eine Schale mit Cornflakes in Milch, die mittlerweile wahrscheinlich schon vollständig eingematscht sind, da er vor lauter Schimpfen überhaupt nicht zum Frühstücken kommt.

Gestern Abend sind die Zwillinge noch relativ bedröppelt hinter Mama und mir nach Hause geschlurft, nur Clark hatte einen bemerkenswert federnden Gang. In der Nacht scheint sich jedoch zumindest bei Bruce ein heiliger Zorn angestaut zu haben. Er schimpft schon das ganze Frühstück über vor sich hin.

"War schon irgendwie peinlich", stimmt Peter seinem Bruder zu, bevor er beschwichtigend hinzufügt: "Aber so viele Menschen haben es jetzt auch wieder nicht gesehen."

"Nicht so viele Menschen?", wütet Bruce, "Nicht so viele Menschen? Das Video des Ganzen ist bei MeTube viral gegangen! Das hat inzwischen mehrere tausend Clicks!"

Upsi. Bin ich jetzt berühmt?

"Pscht!", versucht Clark die Lautstärke etwas zu dämpfen, "Versuch mal ein bisschen leiser zu sein, du weckst noch Mum auf!"

Die ist mal wieder mit dem Kopf auf der Tischplatte eingeschlafen, nach einer weiteren unterbrechungsreichen Nacht. Ich wiederhole mich: Upsi.

"Was genau ist denn eigentlich passiert?", erkundigt sich Clark dann leiser, nach einem prüfenden Seitenblick auf unsere leise vor sich hin schnarchende Mutter.

"Ein gemeiner, heimtückischer Angriff aus dem Hinterhalt, das ist passiert!", schimpft Bruce weiter vor sich hin. "Aus dem Nichts und vollkommen unerwartet, einfach fies!"

"Es kam tatsächlich eher überraschend", kommt etwas gelassener von Peter, "Plötzlich war da diese Wolke aus Zuckerwatte, keine Ahnung, wo die auf einmal herkam. Ich hab sie jedenfalls nicht kommen sehen. Und das Resultat ... naja, du hast die Reaktionen ja bestimmt mitbekommen."

Nun ist es an Clark, leicht verschämt in die Ecke zu schauen. "Ähm, eigentlich nicht. Eventuell war ich etwas ... abgelenkt."

~Soso, abgelenkt also. Sag's doch einfach, wie es war: Du warst am Flirten!~ Wie immer sitze ich neben der Diskussion meiner Brüder, ohne dass meine Gesprächsbeiträge Gehör finden würden. Ich hoffe wirklich, das wird eines Tages besser.

"Was hat dich denn so abgelenkt, dass du nichts mitbekommen hast?", will Peter mit einem leicht vorwurfsvollen Unterton in der Stimme wissen, und auch Bruce kann sich ein "Wir hätten dich wirklich gebraucht, Mann!" nicht verkneifen.

"Also, ähm, ich hab da jemanden getroffen, den ich von früher kenne ...", zum Ende seiner doch extrem vagen Aussage bricht Clarks Stimme mit einem Kieksen ab. Ein untrügliches Zeichen, dass er nervös ist. Und sind seine Backen nicht auch leicht gerötet?

~Uuh, Clark ist ver-lie-hiebt, Clark ist ver-lie-hiebt!~, spöttel ich mit deutlichem Singsang in der Stimme.

"Den du von früher kennst?", bohrt Peter skeptisch nach. "Wen?"

"Kennst du nicht", versucht Clark sich rauszureden. Meine Güte, noch offensichtlicher kann er kaum werden.

"Sag trotzdem!", lässt sich Peter nicht so leicht abschütteln.

~Ja, sag schon! Ich hab gar nicht gesehen, wie es weitergegangen ist!~

"Niemand spezielles", nuschelt Clark, ignoriert wie immer mein eingeworfenes ~Lüge!~, schiebt sich schnell einen riesigen Löffel durchgeweichte Fruit Loops in den Mund, um uns dann noch undeutlicher ein "SieheißtLoisundgehtanmeineSchuleundnächsteWochetreffenwirunsimPark." hinzuwerfen. Seine Tischmanieren sind in den letzten Wochen echt nicht besser geworden.

"Ja, und ihr, habt ihr euren Angreifer erwischt?" Nach dem Schlucken ist Clark auch wieder besser zu verstehen.

"Nein, das ist ja das Schlimme!", springt Bruce sofort auf Clarks Themenwechsel an, "Wenn derjenige sich offen gezeigt hätte, hätte ich Hackfleisch aus ihm gemacht! Niemand macht mich so zum Affen und kommt damit durch!"

Meine Augenbraue zuckt leicht nach oben.

"In einem offenen Kampf hätte derjenige ja sowieso keine Chance gegen uns", tönt Bruce weiter, während Peter neben ihm zwar schweigt, aber zustimmend nickt.

~Ach ja?~ So ein bisschen reizt mich diese Aussage ja schon.

Clark schaut eher skeptisch. "Meinst du? So wie der euch überrumpeln konnte, scheint er doch ziemlich stark zu sein ..." Weiter kommt er nicht, bevor er von Bruce unterbrochen wird. "Nur weil er uns überrascht hat. Ansonsten hätten wir ihn zu Brei verarbeitet!"

~Wieso geht ihr eigentlich davon aus, dass es ein Junge war? Könnte ja auch ein Mädchen gewesen sein!~ Aber dermaßen neumodische Gedanken zu Gleichberechtigung und starken Frauen sind meinen halbstarken Brüdern anscheinend fremd.

Kurz unterbricht Bruce seine Kampfansagen, als unsere Mutter sich abrupt rührt, etwas vor sich hin murmelt, ihren Kopf auf ihren Armen von rechts nach links umbettet und dann doch wieder weiterschläft. Ist das Sabber in ihrem Mundwinkel?

"Ich könnte jederzeit in einem offenen, fairen Kampf gegen ihn antreten und ihn in den Boden stampfen!"

Jetzt reicht's mir aber! ~Herausforderung angenommen!~


(742 Wörter)

Call me Super, Baby!Where stories live. Discover now