12. Abfahrt

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Ich schaute den Zombies zu, wie sie meinen kleinen Koffer und die Stofftaschen mit Wills Geschenken in Dads Auto räumten. Gestern hatte ich beim Essen noch einmal versucht meine Eltern zu überzeugen, dass ich auch von selbst schattenreise konnte - in diesem Punkt bin ich dann doch empfindlich, sollte jemand meine Kraft anzweifeln - aber beide waren dagegen gewesen. Ich verdächtigte Hades es mir nur verboten zu haben, weil Persephone es getan hatte. Wirklich toller König der Unterwelt, hörte auf die Göttin des Frühlings... Aber ich hörte ja auch manchmal und hin und wieder auf Will, also sollte ich mich wohl nicht beschweren. 

Jetzt stand ich also neben der schwarzen Strechlimousine und schaute den Dienern bei der Arbeit zu. Ich hatte einmal versucht so einem Zombie seine Arbeit abzunehmen und später hatte ich das auch oft bei Hazel gesehen, aber sie hatten es gar nicht gern, wenn man sie ihren Job nicht machen ließ, also stand ich nur daneben.

Dad hatte sich schon beim Frühstück verabschiedet aber Mom meinte, sie würde dann noch einmal zu mir kommen, bevor ich losfuhr. Persephone hielt ihr Versprechen. 

"So Nico, sei lieb und benimm dich gut, ja? Dein Vater hat dir Schattenreisen verboten, außer in absoluten Notfällen, halt dich daran. Wir merken es, wenn du schummelst!" Ich stieß ein leichtes Schnauben aus und nuschelte etwas wie: "Bist nicht meine leibliche Mom." 

Persephone überhörte es zum Glück und fuhr mit ihrem Vortrag fort. Mich erinnerte das stark an die Unterrichtsstunden, die sie mir und Hazel bei jeder Gelegenheit verpasste. Meistens ging es auch da um Benimmregeln, die Schlossordnung, Diplomatie und Pflanzenkunde. Sehr viel Pflanzenkunde. 

Als meine Stiefmutter endlich fertig war strich sie mir noch einmal durch die Haare und versuchte mit beiden Händen meine Frisur zu richten, oder gab jedenfalls vor es zu versuchen. Kaum, dass sie ihre Hände wegnahm, fuhr ich mir mit den Fingern noch mal durch die Haare und beobachtete, wie ein paar hellrosa Kirschblüten zu Boden segelten. "Haha, immer noch der Selbe Witz. So leicht lass ich mich nicht mehr veräppeln!", stichelte ich grinsend. Persephone hatte mir nämlich einmal Blumen in die Haare gesteckt, unter dem Vorwand meine Haare zu glätten zu versuchen und ich war erst Stunden später daraufgekommen. Bis dahin hatte sich bestimmt jedes Zombie, jeder Geist und jedes Skelett heimlich über mich totgelacht. Seitdem vertraute ich Persephone einfach nicht mehr, wenn sie an meiner Frisur herumzupfte. 

Als ich dann hinten in der schwarzen Limousine mit dem Kennzeichen Hades666 saß und Jules-Albert losfuhr zupfte ich immer noch Blüten aus meinen Haaren, allerdings mit einem Lächeln auf den Lippen. Persephone meinte es immerhin nur gut und Will hätte es zwar bestimmt lustig gefunden, aber ich wollte auch nichts erklären müssen. 

Solangelo 2 - Lücken in der UnterweltWhere stories live. Discover now