„Und wenn du es deiner Schwester einfach rückerstattest, sobald du es hast?"

„Ich glaube nicht, dass sie mich das tun lässt. Sie will mir diese Wohnung ja einfach schenken. Zum Geburtstag, wie sie gesagt hat."

„Du hast Geburtstag?!", fragte ich erschrocken. Irgendwie hatten wir noch gar nicht über so etwas geredet.

„Nein, das ist es ja. Mein Geburtstag war vor viereinhalb Monaten. Aber weil sie an dem Tag nicht da war, findet sie, sie muss mir jetzt eine Wohnung schenken. Sie hat gemeint, wenn es mein Abschluss von der Uni wäre, dann würde sie mir ein Haus kaufen! Ich verstehe meine Schwester manchmal echt nicht."

Ich schwieg, denn ich hatte keine Ahnung, was ich darauf sagen sollte. In so eine Situation würde ich nie kommen, denn Simon und ich hatten nicht mal genug Geld, einen Flug von Europa nach Amerika zu bezahlen.

„Findest du, ich sollte ihr Geschenk annehmen?", fragte Austin nach einer Weile flüsternd. Als ich meinen Kopf zur Seite drehte, um in ansehen zu können, bemerkte ich, wie nah sein Kopf dem meinen war und spürte, wie ich rot anlief. Ich wich jedoch nicht zurück.

„Ich weiß es nicht", flüsterte ich zurück, „Ich kann euch beide verstehen. Vielleicht solltet ihr einfach mal darüber reden, wie ihr es machen könntet, dass ihr beide damit einverstanden seid. Du könntest zum Beispiel deine Ersparnisse bezahlen – oder so viel, wie du eben willst und kannst – und sie den Rest ..."

Austin sah mich an. Sein Blick machte mir einerseits ein bisschen Angst, andererseits war da aber auch dieses Gefühl, das ich schon vorher gehabt hatte, dieses Kribbeln im Bauch.

Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und Taylor stand im Zimmer. Ihr Bruder und ich zuckten auseinander und ich spürte ein Pochen in den Schläfen, das mir verriet, dass ich knallrot im Gesicht war. Auch Austin hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Tomate, allerdings vermutlich viel weniger als ich. Taylor hingegen war blass geworden und sah aus, als würde sie beinahe zu weinen beginnen.

„Tut mir leid! Ich wusste nicht ... Oh mein Gott, das tut echt so leid!", stammelte sie und wandte sich zum Gehen.

„Tay, warte! Ist schon gut, es ist ja nichts passiert. Was ist denn los?" Austin erholte sich schneller von dem Schrecken als ich. Ich wusste nicht, wo ich hinsehen sollte, weil es mir so peinlich war. Taylor schien es genauso zu gehen. Sie trat zwar ins Zimmer ein, aber der Boden schien sie mehr zu interessieren, als unsere Gesichter.

„Also, was ist los?", erkundigte sich Austin mit ruhiger Stimme noch einmal.

„Ach, nichts ..."

„Nein, Tay, sonst wärst du nicht hier hereingekommen. Ich kenne dich! Was gibt's?"

„Ich hatte nur einen Vorschlag, wegen der Wohnung am Shannon Place ...", sie brach ab. Als weder Austin noch ich etwas sagten und sie nur weiter interessiert ansahen – mein Blutdruck hatte sich wieder halbwegs normalisiert – fuhr sie fort: „Wenn du nicht willst, dass ich dir die Wohnung schenke, verstehe ich das. Aber ich hätte dich wirklich gerne so in der Nähe. Deswegen hab ich mir was überlegt:", je länger sie redete, desto selbstsicherer wurde sie, „Du kannst ja einfach ein bisschen beisteuern, sodass du das Gefühl hast, dass ich dich nur unterstütze, und den Rest bekommst du von mir. Wäre das okay für dich?"

Ich musste grinsen und als ich zu Austin blickte, sah ich, dass es ihm nicht anders ging.

„Genau das gleiche hat Hanna mir vor etwa zwei Minuten auch vorgeschlagen", erklärte er seiner älteren Schwester. „Und ja, das wäre okay für mich ..."

Taylor ließ ihn nicht ausreden, denn sie rannte zu ihm und umarmte ihn stürmisch. Nach ein paar Sekunden schloss sie auch mich in die Umarmung ein. Erst machte ich mich aus Überraschung ganz steif, aber dann begann ich es zu genießen. Gleichzeitig vermisste ich aber gerade in diesem Moment meinen Bruder ganz furchtbar, sodass mir zugleich zum Lachen – weil es sich lustig war, so von Taylor umklammert zu werden – und zum Weinen zumute war. Schnell schluckte ich, um den Kloß in meinem Hals unter Kontrolle zu bekommen. Schluckte einmal, schluckte zweimal, jedoch es half nichts. Ich merkte, wie mir Tränen in die Augen stiegen und versuchte sie wegzublinzeln, was allerdings genauso wenig funktionierte. Deshalb schloss ich einfach die Augen und versuchte mich auf den Augenblick zu konzentrieren, auf die Wärme, die Taylor und Austin ausstrahlten, auf das Kribbeln in meinem Bauch, das ich anscheinend immer hatte, wenn ich Austin berührte, auf die Tatsache, dass es mir hier gut ging und ich neue Freunde gefunden hatte.

„Geht es dir gut?", fragten mich Austin und Taylor zugleich besorgt. Ich öffnete meine Augen wieder und sah, dass die beiden mich besorgt betrachteten.

„Ja, ich musste nur gerade daran denken, dass ich Simon schon eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr umarmt habe." An meiner Stimmer hörte man, dass mir ein Kloß im Hals steckte.

Austin strich mir eine Haarsträhne, die mir ins Gesicht gefallen war, nach hinten und zog mich an sich. Beruhigend strich er mir über den Rücken, sodass ich mich tatsächlich sofort wieder besser fühlte und nur noch an die Schmetterlinge in meinem Bauch denken konnte.

Als ich hörte, dass die Tür geschlossen wurde – ich vermutete, dass Taylor das Zimmer wieder verlassen hatte – legte ich meine Arme um Austins Oberkörper und erwiderte die Umarmung. Ich merkte, dass ich glücklich war. Der Kloß in meiner Kehle war verschwunden, die Tränen versiegten, meine Mundwinkel wanderten nach oben.

Wie kann man nur solche Stimmungsschwankungen haben? Das ist ja nicht norma ... Meine Gedanken lösten sich in Luft auf, als Austin mir einen Kuss auf die Haare gab.

I'm only me when I'm with you (Taylor Swift)Where stories live. Discover now