Kapitel 96 - Slice of Life - A New Life

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Es tat gut, seine Freunde wiederzusehen und Jonathan quatschte mal hier und da. Tatsächlich hatte er gute Laune und zwischendurch suchte er nach Sheila. Sie war die meiste Zeit bei Johnny, doch auch Leonard schien sich zu ihnen zu gesellen. Das gefiel ihm nicht wirklich, doch so lange sie nicht mit ihm allein war, machte er sich keine Sorgen. Leonard würde nicht vor allen Leute irgendetwas bei Sheila versuchen. Jonathan senkte den Blick, denn er spürte den Stich der Eifersucht. Unwillkürlich musste er daran denken, wie er Sheila und Leonard im Wohnzimmer gefunden hatte, nachdem sie den kleinen Unfall gehabt hatte. In dem Moment war er blind vor Wut gewesen und hatte wirklich geglaubt, die beiden hätten miteinander geschlafen, doch nun war er sich ziemlich sicher, dass nichts passiert war. „Hier", riss Karl ihn aus seinen Gedanken und reichte ihm ein Schnapsglas. Jonathan nahm es dankend entgegen, dann prosteten sie sich zu und er kippte die klare Flüssigkeit hinunter. Das Brennen in seiner Kehle lenkte ihn ziemlich gut von der brennenden Eifersucht in seinem Herz ab. Aus dem Augenwinkel sah er eine Bewegung am Gartentor und ein junger Mann mit zwei schwarzen Styroporboxen kam herein. „Die Pizza ist da", sagte er zu Karl, dann lief er eilig zum Tor. Karl folgte ihm unaufgefordert, wahrscheinlich um ihm tragen zu helfen. Jonathan bezahlte den Mann, dann trugen die die dampfenden Kartons zum Tisch. Kaum dass er alles ordentlich hingestellt hatte, erschien Leonard neben ihm mit einem der Pappteller in der Hand und grinste frech. „Endlich gibt es hier auch mal was zu essen", scherzte er und klopfte ihm auf die Schulter. Jonathan zwang sich zu einem Lächeln, dann trat er aus dem Weg, damit er sich als Erster ein Stück Pizza nehmen konnte. Jonathan sah sich suchend nach Sheila um, doch er konnte sie nicht entdecken. „Wo ist Sheila?", fragte er ihn, doch Leonard zuckte die Schultern. „Ich weiß nicht. Sie wollte mit ihrem Bruder reden. Vielleicht sind sie rein gegangen", antwortete er und Jonathan nickte. „Ich suche sie mal, sie hatte vorhin schon Hunger", sagte er, dann lief er die kleine Treppe nach oben auf die Veranda. Jonas saß allein auf der Bank und nippte an einer Cola, neben ihm auf dem Tisch stand noch eine weitere und er nahm an, dass sie Sheila gehörte. Matthias würde mit Sicherheit keine Cola trinken, wenn es Schnaps gab. Gerade als er die Küche durch die Glastür betreten wollte, kam sie ihm entgegen. Sie stieß einen erschrockenen Laut aus und wäre beinahe in ihn hereingelaufen, doch als sie ihn erkannte, lächelte sie und legte ihre Hände an seine Hüfte. „Hey, alles in Ordnung bei dir?", fragte sie und suchte seinen Blick. „Ja, ich habe dich nur gesucht", antwortete er und strich ihr sanft über die Wange. „Ich war nur auf Toilette. Mein Bruder schmollt und sitzt allein im Wohnzimmer mit einer Schnapsflasche. Wir wollten ihn einfach in Ruhe lassen", sagte die dann und wirkte auf einmal verletzt. „Hat er etwas Gemeines zu dir gesagt?", fragte er und spürte, wie er wütend wurde. „Nein, nicht direkt. Er hat nur schlechte Laune. Ich leiste Jonas ein wenig Gesellschaft", sagte sie dann und setzte wieder ein Lächeln auf. Jonathan nickte. „Die Pizza ist gerade gekommen", sagte er dann und machte eine Kopfbewegung über die Schultern. „Sehr gut, ich verhungere gleich", lachte sie, dann trat sie einen Schritt näher an ihn heran und küsste ihn. Jonathan erwiderte den Kuss, doch dann löste sie sich von ihm und drängte sich nach draußen. Jonathan sah ihr nach, wie sie etwas zu Jonas sagte und dann gemeinsam mit ihm zum Tisch auf der Terrasse ging und sich Pizza holten. Obwohl Jonathan wusste, dass Matthias im Wohnzimmer war, ging er hinein. Tatsächlich saß er auf dem Sofa, die Schnapsflasche vor ihm auf dem Tisch. Er hatte das Gesicht in den Händen vergraben und schien ihn noch nicht bemerkt zu haben. Jonathan beobachtete eine Weile, wie er regungslos da saß und beschloss dann, dass Sheila Recht hatte. Er sollte ihn am besten in Ruhe lassen, denn einen Streit konnte er heute Abend absolut nicht gebrauchen. Gerade als er sich umwandte, um wieder nach draußen zu gehen, räusperte Matthias sich. Wie ertappt blieb Jonathan stehen und sah ihn über die Schulter hinweg an. „Kannst du Oskar holen?", fragte er dann, ohne ihn anzusehen, dann griff er nach der Schnapsflasche und nahm eine tiefen Schluck. „Okay", sagte Jonathan, dann ging er wieder nach draußen. Suchend sah er sich nach Oskar um und fand ihn schließlich auf einem der Stühle am Tisch neben Johnny sitzen. Er drängte sich durch die Menge, die sich am Tisch gebildet hatte und tippte ihm auf die Schulter. Er schien schon etwas angetrunken zu sein, denn seine Wangen waren rot und er grinste die ganze Zeit. „Matthias fragt nach dir. Er ist im Wohnzimmer", sagte er leise und sofort verschwand das Grinsen aus seinem Gesicht und er warf einen fragenden Blick zu Johnny. Die beiden sahen sich einen Moment lang an, doch dann erhob Oskar sich. Er bedankte sich bei Jonathan, beeilte sich dann aber, nach drinnen zu kommen. Kurzerhand ließ er sich auf dem freien Stuhl nieder und folgte Johnnys Blick. Gerade sah er noch, wie Oskar nach drinnen ging. „Ist Matthias betrunken?", fragte Johnny ihn dann ernst, doch Jonathan sah ihn nur entschuldigend an. „Fantastisch", stöhnte Johnny dann und ließ sich beinahe erschöpft in seinem Stuhl zurückfallen. Jonathan musterte ihn einen Moment und er konnte förmlich sehen, wie sein Hirn arbeitete. „Bist du eifersüchtig?", fragte er geradeheraus, was Johnny auflachen ließ. „Bei Oskar hat man immer einen Grund eifersüchtig zu sein, wenn es um Matthias geht", antwortete er und Jonathan senkte den Blick. Bevor er Sheila kennengelernt hatte, hatten Oskar und Matthias so etwas wie eine kleine Affäre. Johnny hatte Oskar verziehen, doch er konnte nur zu gut nachvollziehen, dass er noch eifersüchtig war. Vor allem, weil Matthias und Oskar ziemlich viel Zeit zusammen verbrachten. Jonathan musste unwillkürlich daran denken, wie wütend er sein würde, wenn Sheila und Leonard etwas miteinander hatten und dann beste Freunde werden würden. Er glaubte nicht, dass er das verkraften würde. „Wie auch immer. Ich vertraue einfach mal darauf, dass Matthias vernünftig bleibt, denn von Oskar erwarte ich es nicht", sagte er resigniert, dann stand er auf und ging zum Pizza-Buffet. „Willst du auch was?", rief er ihm zu und Jonathan nickte. Keine Minute später kam Johnny mit zwei reichlich befüllten Tellern zurück und reichte ihm einen. „Danke", sagte er, stellte sich den Teller auf den Schoß und nahm ein Stück in die Hand. Eine ganze Weile aßen sie schweigend, doch dann stupste Johnny ihn am Arm an. „Wie läuft es zwischen dir und Sheila?", fragte er, doch Jonathan zögerte. Heute war bisher alles gut gelaufen, doch gleichzeitig sehnte er sich nach Montag. Er hatte noch nicht wirklich einen Plan, doch er nahm sich vor ins nächste Hotel zu fahren und dort ein paar Tage zu bleiben. „Gut, aber ich brauche mal eine Pause. Nicht direkt von ihr, sondern so generell. Ich habe ziemlich viel Stress im Moment", antwortete er und hoffte, dass Johnny nicht wieder für Sheila Partei ergreifen und ihm vorhalten würde, wie schlecht er sie behandelte. Zu seiner Überraschung nickte Johnny. „Hoffentlich hilft es dir, hier rauszukommen. Sheila zeigt es zwar nicht, aber wenn ihr euch streitet ist sie fix und fertig. Sie will, dass es mit euch funktioniert", erwiderte Johnny und wieder nickte Jonathan. „Das will ich auch. Vielleicht wirkt es in der letzten Zeit nicht so, aber ich will wirklich, dass es wieder so wird wie früher. Kannst du vielleicht ein wenig auf sie achten, wenn ich nicht da bin? Ich habe ihr zwar gesagt, dass sie mich immer anrufen kann, wenn es ihr schlecht geht, aber ich bin mir nicht sicher, ob sie es auch tun wird", fragte er dann und spürte, dass es ihn deutlich beruhigen würde, wenn er wusste, dass Johnny für Sheila da war. „Mache ich. Aber zeig ihr, dass du sie liebst, bevor du gehst", forderte er. „Ja, das habe ich vor. Ich will nicht im Streit gehen", gab er zurück und es stimmte. Er hatte es heute den ganzen Tag schon geschafft, nicht wütend zu werden und es hatte sich gut angefühlt. Unwillkürlich warf er einen Blick auf die Veranda, wo Sheila ganz allein saß. Jonas war nicht mehr da, aber vielleicht war er nur kurz auf der Toilette. Sheila winkte ihm, offensichtlich hatte sie seinen Blick bemerkt. Auch er hob kurz die Hand und lächelte verlegen. „Ich suche mal meinen Mann. Nicht, dass er etwas tut, was er hinterher bereut", sagte Johnny, dann stand er auf, zerknüllte seinen Pappteller in der Faust und ging eilig nach drinnen. „Trinkst du mit mir?", hörte er Leonard neben sich sagen und er wandte sich ihm zu. Beinahe hatte er vergessen, dass Leonard neben Johnny gesessen hatte. Erst da bemerkte er, dass Leonard ihm einen Schnaps hinhielt. Jonathan lächelte, dann rutschte er einen Platz auf, sodass er direkt neben seinem Cousin saß und nahm das Glas entgegen. Sie prosteten sich zu, dann kippte er den Schnaps hinunter. Leonard tat er ihm gleich, dann seufzte er genüsslich und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. „Sheila scheint es heute gut zu gehen", sagte Leonard dann, den Blick auf die Veranda gerichtet, wo Sheila noch immer allein saß. „Ja, sie hat heute wirklich gute Laune", bestätigte er, doch er musterte ihn kritisch. „Guck mich nicht so an", beschwerte Leonard sich und Jonathan senkte den Blick auf sein leeres Schnapsglas. „Ich hole uns noch was zu Trinken", sagte Jonathan dann und stand auf. „Für mich nicht mehr, ich muss noch fahren", rief Leonard ihm noch hinterher, doch eigentlich wollte Jonathan zu Sheila. Er ging zu ihr und sie lächelte, als sie begriff, dass er zu ihr wollte. Kaum dass er sich neben sie auf die Bank gesetzt hatte, schwang sie ein Bein über seines und er legte seine Hand auf ihr Knie. „Sie sind alle da drin. Ich trau mich gar nicht nachzusehen, was sie da machen", sagte sie und deutete mit den Kopf zum Haus. Unwillkürlich warf er einen Blick durch das Fenster hinein, doch er konnte nichts erkennen. „Johnny ist eifersüchtig", berichtete er und Sheila nickte. „Kann ich verstehen. Oskar und Matthias sind beide ziemlich betrunken. Aber ich mische mich da nicht ein. Sollen sie doch tun und lassen was sie wollen", sagte Sheila und schüttelte ungläubig den Kopf. Jonathan sah sie überrascht an. Normalerweise mischte sie sich in alles ein, was ihren Bruder betraf. Er musste vorhin etwas gesagt haben, das sie verletzt hatte. Obwohl sie gesagt hatte, dass es nicht so schlimm war, schien es sie noch immer zu beschäftigen. „Was hat er vorhin gesagt?", hakte er noch einmal nach und fing an, mit dem Daumen über ihren Handrücken zu streichen. Das schien sie immer zu beruhigen. Sie seufzte und ließ ihren Kopf an seine Schulter sinken. „Ach, er ist nur schlecht gelaunt. Er meinte es eigentlich nicht so und es ist mir auch egal", erwiderte sie, doch ihre Stimme klang ganz und gar nicht so, als wäre es ihr egal. Jonathan küsste sie auf den Kopf und legte den Arm um ihre Schultern. „Wenn du es mir erzählen willst...", setzte er an, doch sie unterbrach ihn. „Nein, schon okay. Mir geht es gut. Ich glaube, ich gehe ein wenig zu Esra. Sie scheint sich genau so einsam zu fühlen wie ich", sagte sie und löste sich von ihm. Jonathan warf einen Blick nach unten, wo Esra allein auf einem der Stühle am Tisch saß, Leonard ein paar Plätze von ihr entfernt gekonnt ignorierend. „Okay, mach das. Ich wollte Leonard und mir etwas zu trinken holen", sagte er, doch Sheila war schon aufgestanden. Doch bevor sie ging beugte sie sich noch einmal zu ihm herunter und küsste ihn überraschend leidenschaftlich. Jonathan spürte, wie sein Körper reagierte und der Alkohol half nicht wirklich dabei, sich zusammen zu reißen. Er legte seine Hand an Sheilas Taille und wollte sie auf seinen Schoß ziehen, doch sie wand sich aus seinem Griff. Verschmitzt grinste sie. „Lass uns damit warten, bis alle weg sind", sagte sie und zwinkerte ihm zu, dann ließ sie ihn allein. Jonathan sah ihr hinterher, bis sie sie neben Esra gesetzt hatte. Sofort fingen die beiden an zu quatschen und Jonathan riss mühsam den Blick von ihnen los. Erst da fiel ihm wieder ein, dass er eigentlich etwas zu Trinken hatte holen wollen und er stand auf und ging in die Küche. Unwillkürlich lauschte er, ob er irgendetwas mitbekam, was Johnny, Oskar, Jonas oder Matthias im Wohnzimmer sagten, doch das Stimmengewirr und die Musik von draußen waren zu laut, als dass er etwas hätte verstehen können. Er nahm sich gleich ein paar Bierflaschen, damit er nicht so oft laufen musste und klemmte sie sich unter den Arm, doch dann warf er noch einen Blick ins Wohnzimmer. Matthias saß noch immer auf seinem Platz auf dem Sofa, die Schnapsflasche war nun deutlich leerer. Oskar neben ihm redete wie ein Irrer auf ihn ein, die Hand auf seiner Schulter. Jonas und Johnny saßen beide am Esstisch, von wo aus Johnny das Geschehen scharf beobachtete. Doch Jonas hatte den Kopf gesenkt und wirkte ein wenig verloren. Jonathan verzog sich eilig, bevor jemand ihn bemerkte, denn auf Beziehungs- und Eifersuchtsdramen hatte er heute keine Lust. Er ging zurück zu Leonard, der einen Blick auf seine imaginäre Uhr warf, als wollte er ihm sagen, dass er viel zu lange gebraucht hatte. Jonathan reichte ihm eine Flasche Cola und ließ sich schwungvoll auf dem Stuhl neben ihm nieder. „Da bist du ja endlich. Ich bin schon fast verdurstet", lachte Leonard und nahm einen tiefen Schluck aus seiner Flasche. Jonathan tat es ihm gleich und allmählich spürte er die berauschende Wirkung des Alkohols. 

Slice of Life - A New Life (in Überarbeitung)Where stories live. Discover now