Kapitel 80 - Slice of Life - A New Life

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Jonathan wachte von einer Berührung an seiner Wange auf. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen und ohne die Augen zu öffnen tastete er nach Sheila. Doch sie lag nicht neben ihm im Bett, was ihn nun doch die Augen aufschlagen ließ. Hatte er nur geträumt? „Hier bin ich", flüsterte sie und mühsam drehte er sich um. Sheila stand neben ihm am Bett und beugte sich zu ihm herunter. „Du bist schon wach?", fragte er und sie nickte schnell. „Ja, ich konnte nicht mehr schlafen, aber ich war kurz bei Johnny. Wir haben ein bisschen gequatscht", sagte sie und grinste. „Ein bisschen?", wiederholte er, denn so wie er die beiden kannte hatten sie beide wie ein Wasserfall geplappert. „Ja, ein bisschen. Dann waren wir doch noch müde und sind auf seinem Sofa eingeschlafen", sagte sie und kicherte. „Wie viel Uhr haben wir denn?", fragte er, denn entweder musste sie wirklich früh nach drüben gegangen sein oder er hatte viel zu lang geschlafen. „Halb zehn. Also Zeit zum Aufstehen, wenn wir noch einkaufen wollen", sagte sie und schlug seine Decke zurück. „Ich glaube ich brauche noch eine kleine Aufstehhilfe", lachte er und breitete die Arme aus. Sheila kicherte, doch sie setzte sich neben ihn auf die Bettkante und umarmte ihn fest. Es fühlte sich einfach nur gut an und er war unendlich erleichtert, dass zwischen ihnen alles in Ordnung war. Zum Glück glaubte sie ihm, wie es mit Karima abgelaufen war und ganz offensichtlich hatte Johnny sie in ihrer Entscheidung bestärkt, denn er war sich zu einhundert Prozent sicher, dass sie es ihm erzählt hatte. Er legte ihr eine Hand in den Nacken und zog sie für einen Kuss näher zu sich, doch sie wehrte sich. Ein wenig enttäuscht ließ er sie los, doch sie verharrte in dieser Position und sah ihm in die Augen. „Ich habe eine Frage", sagte sie dann und neugierig erwiderte er den Blick. „Was denn?", hakte er nach, als sie nicht weitersprach. Sie senkte den Blick, doch nur für eine Sekunde. „Kannst du mir noch die Nachrichten von Karima zeigen", fragte sie dann und er spürte, dass sie noch immer wütend war. Zwar schien sie ihm verziehen zu haben, doch er konnte sich gut vorstellen, dass sie ihm noch ein paar Mal unter die Nase rieb, dass er einen Fehler gemacht hatte. Er schluckte schwer, denn er war sich sicher, dass noch mehr Mails gekommen waren, die er noch nicht gelesen hatte. Außerdem wollte sie bestimmt auch die Fotos sehen, die sie ihm geschickt hatte. Zwar hatte er sie selbst nicht gesehen, doch es war klar, was darauf zu sehen sein würde. „Wenn du willst, kann ich sie dir zeigen. Aber ich habe mir die Bilder die sie geschickt hat noch nicht angesehen", sagte er und Sheila nickte stumm. „Okay, dann... Gehen wir duschen und dann kurz rüber?", schlug sie vor und er nickte. Ihm war klar, dass er ihr die Bilder und die Nachrichten zeigen musste, damit sie ihm weiterhin glaubte. Wenn er sich vorstellte, dass sie von einem anderen Typen solche Nachrichten bekäme, würde er selbst auch alles wissen wollen. Jonathan nickte, dann legte er ihr wieder die Hand in den Nacken und zog sie für einen Kuss zu sich hinunter. Sie stieß ein überraschtes Geräusch aus, doch sie erwiderte den Kuss.

Nachdem sie geduscht und eine Kleinigkeit gefrühstückt hatten, gingen sie hinüber zum Studio. Jonathan klammerte sich an ihre Hand, als wäre sie sein Rettungsanker. Er war nervös, denn wahrscheinlich würden die Nachrichten, die er selbst noch nicht gesehen hatte, noch schlimmer sein als die davor. Karima war eine Lügnerin, vielleicht schrieb sie ihm Dinge, die so gar nicht passiert waren weil sie erwartete, dass er Sheila die Mails zeigen würde. Das würde ihn ganz schön in Erklärungsnot bringen, doch er konnte nur darauf hoffen, dass Sheila ihm glaubte. „An was denkst du?", riss sie ihn aus seinen Gedanken und kurz zögerte er, einfach nur abzuwinken und ihr zu sagen, dass er noch müde war. Jedoch würde sie das in diesem Moment nur misstrauisch machen. „Ich habe ein bisschen Schiss, dass sie in ihren Mails Dinge beschriebt, die so gar nicht stattgefunden haben, nur um unsere Ehe kaputt zu machen", sagte er ehrlich und sah sie unsicher an. Sheila schien eine Weile darüber nachzudenken, doch dann drückte sie seine Hand ein wenig fester. „Ich weiß, dass sie eine Lügnerin ist. Ich glaube dir", erwiderte sie mit fester Stimme, was ihn einerseits doch ein wenig überraschte und andererseits unendlich erleichterte. Er musste zugeben, dass er selbst sehr viel misstrauischer sein würde, doch vielleicht war das so, weil er es manchmal noch immer verrückt fand, dass Sheila sich für ihn entschieden hatte. Er war ein ganz durchschnittlicher Typ, wohingegen sie alles andere als durchschnittlich war. Sie war wunderhübsch, unglaublich stark und jeder schien sie zu mögen. Als sie am Studio ankamen, schloss er die Tür auf und ging geradewegs zu seinem Schreibtisch im hinteren Teil. Er setzte sich auf seinen Drehstuhl und klopfte dann mit der Hand auf seinen Schoß. Ohne zu zögern setzte Sheila sich und lehnte sich an ihn. Jonathan öffnete das Mailprogramm und als er die Menge an ungelesenen Mails sah, entfuhr ihm ein ersticktes Stöhnen. Schon beim Überfliegen der Absender stellte er fest, das knapp 80 Prozent von Karima waren. Sie hatte sich einfach eine neue E-Mail-Adresse zugelegt, nachdem er die alte blockiert hatte. Auch Sheila verkrampfte sich, doch dann straffte sie die Schultern und warf ihm einen herausfordernden Blick zu. „Willst du erst die von gestern sehen?", fragte er und augenblicklich pochte sein Herz unangenehm. Auch wenn sie versichert hatte, dass sie ihm glaubte, würden sie ihre Nachrichten mit Sicherheit verletzten. Sie nickte, woraufhin er ihr eine Nachricht nach der anderen zeigte und auch die eine, die er ihr zurückgeschrieben hatte. Natürlich waren die Fotos von Karima sehr freizügig, doch noch lange nicht so schlimm, wie er erwartet hatte. Doch bei jeden stieß Sheila einen verächtlichen Laut aus. „Sie ist billig. Und offensichtlich verzweifelt", sagte sie tonlos. „Stimmt. Ich weiß nicht, warum sie sich so auf mich eingeschossen hat, aber... wer würde schon auf so etwas anspringen? Sie überhäuft einen ja mit Nachrichten", erwiderte er bitter und er fragte sich, ob sie das auch schon mit Anderen abgezogen hatte. „Zeig mir die anderen Mails. Die sind ja alle gekommen, nachdem du bei ihr warst", forderte sie ihn auf und er beeilte sich, auf die erste Nachricht zu klicken. Obwohl er wusste, dass er sich nur ärgern würde, las er die Nachricht. „Noch warst du zurückhaltend, aber ich bin mir sicher, dass du auch noch auftauen wirst. Lass deine Gefühle zu. Ich weiß, dass ich dich nicht kalt lasse, wieso hättest du sonst zulassen sollen, das sich mich auf deinen Schoß setzte und dich küsse? Ich schicke dir noch ein paar Bilder, die dir vielleicht helfen, endlich zu deinen Gefühlen zu stehen. Du weißt ja, wo ich wohne", schrieb sie und Jonathan spürte eindeutig, dass Karima verrückt war. Unwillkürlich musste er daran denken, was Sheila und er sich geschrieben hatten, als sie sich gerade kennen gelernt hatten. Es war ganz anders gewesen, viel liebevoller und nicht so provozierend. „Klick mal das Bild an", forderte Sheila und er gehorchte. Zuerst wandte er den Blick ab, denn er wollte es wirklich nicht sehen, doch als Sheila sich die Hand vor den Mund schlug, riss er den Blick hoch. Es dauerte einen Moment, bis sich Hirn verarbeitet hatte, was er da sah. Es war kein Bild, sondern ein Video. Von ihm. Offensichtlich hatte Karima bei sich im Wohnzimmer eine Kamera versteckt und sie hatte seinen Besuch gefilmt, ohne dass er es gemerkt hatte. Das Bild war zwar nicht ganz scharf, aber doch scharf genug, um alles zu erkennen. An der Stelle, als Karima auf seinen Schoß kletterte, drückte er auf Pause. „Das reicht", sagte er bestimmt, doch Sheila schob seine Hand von der Maus und klickte wieder auf Play. Jonathan wollte wegsehen, doch gleichzeitig war er wie gebannt. Das wäre der Beweis, dass er Sheila die Wahrheit gesagt hatte und er konnte verstehen, dass sie es sehen wollte. Es endete damit, dass Jonathan das Wohnzimmer eilig verließ, doch Karima rannte ihm hinterher. Sheila atmete zitternd aus, dann drehte sie sich zu ihm herum und sah ihm tief in die Augen. „Tut mir leid", nuschelte er, doch Sheila legte ihm einen Finger auf die Lippen. „Schon okay. Sie hat ja den Beweis direkt mitgeschickt, dass du nicht gelogen hast. Ich habe es zwar nicht gedacht, aber jetzt habe ich es schwarz auf weiß", sagte sie, dann lächelte sie. Erst dann ließ sie ihren Finger von seinen Lippen sinken und legte ihre Hand stattdessen an seine Brust. Sein Herz pochte wie verrückt, doch als sie ihre Hand darauf legte, beruhigte es sich langsam. „Ich will den Rest nicht mehr sehen. Ich vertraue dir. Außerdem muss ich mich dringend davon ablenken, dass sie wirklich auf deinem Schoß saß. Das Bild frisst sich gerade in mein Hirn", sagte sie, dann stand sie auf und streckte die Hand nach ihm aus. Ohne zu zögern nahm er sie und ließ sich von ihr hochziehen. Er legte schnell die Arme um sie. „Vergiss dieses Bild schnell wieder. Bitte, ich will nicht, dass du dich deswegen fertig machst. Wahrscheinlich war genau das ihr Ziel", bat er sie und sie nickte, sah dabei jedoch nicht sehr überzeugend aus. „Na komm, lass uns einkaufen gehen", versuchte er dann sie abzulenken und schnell nickte sie. „Okay. Hast du dir überlegt, was du alles holen willst?", fragte sie ihn, doch er musste zugeben, dass er sich auf sie verlassen hatte. „Ich dachte, ich lasse mich mal inspirieren", lachte er, was Sheila zum Kichern brachte. „Wie gut, dass ich einen Plan habe", neckte sie ihn strich ihm sanft über die Wange und löste sich dann aus seinem Griff. Er folgte ihr zum Ausgang, doch bevor sie die Tür öffnete, blieb sie stehen und wandte sich zu ihm um. „Kannst du mir eins versprechen?", fragte sie dann und sofort nickte er. „Bitte fahr nie wieder hinter meinem Rücken zu ihr. Das stellt schlimme Dinge mit meinen Gedanken an", bat sie und sofort spürte er die Last seines schlechten Gewissens. Er wusste doch, dass Sheila sich immer über alles viel zu viele Gedanken machte. Sie hatte ihm schon ein paar Mal versucht es zu erklären, doch er konnte es nicht wirklich nachvollziehen. Sicher, er dachte auch über Dinge nach, doch ihr schien es oft davon richtig schlecht zu gehen. „Versprichst du mir auch etwas?", fragte er, bevor er so recht darüber nachgedacht hatte. Sheila nickte. „Mach dich nicht verrückt deswegen. Es ist nichts", fuhr er fort, doch nun nickte sie nicht, sondern senkte den Blick. „Ich versuche es. Aber es ist schwer, weil sie so penetrant ist", gab sie zu und er konnte sie nur zu gut verstehen. „Ich weiß. Aber bitte rede mit mir, wenn es dir schlecht geht", sagte er und Sheila nickte wieder, dann wandte sie sich wieder zur Tür und öffnete sie. 

Slice of Life - A New Life (in Überarbeitung)Where stories live. Discover now