Teil 1

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„Fuck", zische ich unter schmerzen.
An meinem T-Shirt bildet sich ein immer größerer Blutfleck.
Tränen laufen ununterbrochen über mein Gesicht und weinend, unter schmerzen, sitze ich in dem kleinen Wohnzimmer meines Onkels.
Eigentlich wohne ich auch hier, aber dieser Ort wird niemals ein Zuhause für mich sein. Niemals.

Da der Blutfleck immer größer wird, stemme ich mich vorsichtig auf und humpele in das Badezimmer.
Ich öffne den erste Hilfekasten und hole ein großer Plaster raus.
Vorsichtig schiebe ich mein T-Shirt hoch und betrachte die Wunde.
Eine kleine Scherbe steckt in meinem Bauch, zum Glück nicht tief.

Und schon wieder hat mein Onkel mich verletzt, nur weil ich die Küche nicht gut genug geputzt habe.
So geht das Tag für Tag, seit ungefähr einem Monat.

Vor einem Monat waren meine Mutter und ihre Schwester Katharina, also meine Tante, in der Stadt. Meine Mutter hatte Katharina überredet mitzukommen.
Sie hatte eigentlich noch was vor, stimmte ihr dann aber ein.
Auf dem Rückweg hatten sie einen Autounfall, ein Lkw ist in sie reingefahren. Beide waren sofort Tod.
Da ich keinen Vater habe und mit meinen 16 Jahren noch zu jung bin alleine zu leben, musste ich zu meinem Onkel, meinem Cousin und meiner Cousine ziehen.
Seit dem Unfall hassen mich alle drei.
Sie sagen, dass meine Mutter schuld ist, dass sie Katharina verloren haben.
An sich stimmt das ganze ja schon, aber muss man mich deswegen verletzen?

Diese Frage stelle ich mir nun seit einem Monat jeden Tag.
Jedes Mal, wenn ich wieder von meinen Onkel verprügelt wurde.
Mittlerweile gebe ich mir auch selbst die Schuld und ich hoffe einfach, dass mir die drei irgendwann verzeihen können.
Aber die größte Frage ist, ob ich das irgendwann selber kann.

Ich verarzte meine Wunde, nehme mir etwas Schmerzmittel und gehe dann in mein kleines Zimmer.
Ich habe nur einen kleinen Raum, wo ein Bett, ein Schreibtisch und eine kleine Kommode steht.

Seufzend setze ich mich an die Hausaufgaben. Zum Glück habe ich gerade Ruhe, denn Louis und Camilla, mein Cousin und meine Cousine sind nicht da. Und mein Onkel ist, nachdem er mich verprügelt hat, auch abgehauen.

Morgen ist Montag und eine weiter Woche beginnt. Ich musste die Schule wechseln, als ich hier hingezogen bin.
Freunde habe ich immer noch keine gefunden, aber mir ist das ganz recht, denn alleine sein ist eh besser.
Denn dann wirst du nicht verletzt.

Genervt mache ich meine Englisch Hausaufgaben fertig und lerne dann noch etwas für die kommende Mathe Arbeit.
Zum Glück bin ich relativ gut in der Schule, allerdings lerne ich auch viel.
Früher hat mich Schule gar nicht gekümmert, aber seit ein paar Jahren will ich einfach nur Ärztin werden.
Das ist mein großer Traum und ich hoffe einfach, dass ich es schaffe ihn zu verwirklichen.

Nach etwas eineinhalb Stunde, gehe ich nach unten um Abendessen zu machen.
Ich mache Rührei und decke den Tisch mit Brot, Aufschnitt und so weiter.
Nach einer halben Stunde kommen die drei anderen und setzen sich wortlos an den Tisch.

„Eliana, hol mir aus dem Kühlschrank mein Bier", ertönt die Stimme meines Onkels.
Ich stehe auf und laufe in die Küche um sein Bier zu holen.
Schnell habe ich bemerkt, dass es besser ist einfach das zu tun was er will.
So erspart man sich viel.

Ich stelle das Bier vor ihm ab und setze mich wieder hin.
Die drei unterhalten sich gerade um so eine Fernsehsendung.
Natürlich beteilige ich mich nicht an dem Gespräch, denn ich weiß, dass sie das nicht gut heißen würden.

„Eliana du stinkst, geh mal duschen", sagt Camilla und verzieht angewidert das Gesicht. Sie ist die frechste 14 jährige, die ich jemals kennengelernt habe.
„Stimmt, der Freak riecht wirklich schlimm", sagt Louis lachend und auch mein Onkel muss grinsen.

Ich probiere meine Tränen zurück zu halten und sie einfach zu ignorieren.
Wie kann man nur so schlecht erzogen sein ehrlich. Aber bei dem Vater wundert mich das auch nicht.
Vor dem Tod sind wir eigentlich immer alle ganz gut miteinander ausgekommen, aber seitdem verpassen sie keine Möglichkeit mehr, mich nicht zu schikanieren.
Zum Glück verläuft das restliche Essen relativ gut.
Das heißt die drei reden über irgendwas und ich sitze einfach still da.

Nach dem Essen gehen die drei ins Wohnzimmer und lassen mich in der Küche stehen.
Traurig decke ich den Tisch ab und stelle die Spülmaschine an.

Werde ich jemals wieder glücklich sein?
Und habe ich das überhaupt verdient?
Nein habe ich nicht.

Danach gehe ich duschen, denn ich habe angst, dass ich wirklich stinke.
Meine Wunden brennen und überall an meine Körper sind blaue Flecken.
Ich seh wirklich schlimm aus.
Mein Onkel ist schlau genug um mein Gesicht nicht zu verunstalten und da ich immer lange Kleidung trage, ist das noch keinem aufgefallen.

„Freak beeil dich, ich will ins Bad", sagt Louis laut.
„Ja, ich bin gleich fertig", sage ich und ziehe mir schnell meine Schlafsachen an.
Als ich rauskomme guckt mich Louis mit einem ekelhaften Blick an.
„Du stinkst immer noch Freak", sagt er angewidert und geht dann ins Bad.

Ich erwidere nichts, sondern gehe einfach in mein Zimmer.
Eliana er hat nicht recht, sonder probiert nur dich zu ärgern, sage ich die ganze Zeit zu mir selber.
Aber was ist wenn er recht hat und ich...
Ich stöhne auf, warum muss ich immer nur so Gedanken haben.
Ich wünschte einfach ich könnte für einen Tag mal meine Gedanken abstellen.

Um mich abzulenken gehe ich etwas auf Tik tok und scrolle noch etwa eine Stunde dort rum, bis ich schlafen gehe.
Wir haben erst ungefähr 21:30, aber ich bin so müde und morgen wird wieder ein langer Tag.

ElianaWhere stories live. Discover now