Kapitel 25

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Eine ruhige Woche verbrachte ich damit, im Haus zu sitzen und nichts zu tun außer zu lesen und zu zeichnen. Gerade machte ich mir das Mittagessen warm, das mein Vater extra gestern Abend noch gekocht hatte. Zufällig blickte ich aus dem Fenster. Da lief ein kleines Mädchen im Schlafanzug durch die Gegend. Ich runzelte meine Stirn und trat näher ans Fenster. Das war die kleine Amanda von gegenüber. Sie war erst vier Jahre alt, was machte sie bitte alleine dort draußen? Plötzlich tapste das Kind auf die Straße. Ich sprintete los, riss die Tür auf und rannte barfuß zu ihr. Schnell nahm ich sie auf meine Arme und trug sie von der Straße runter. „Amanda, was machst du denn hier draußen? Auf der Straße ist es doch gefährlich!“, keuchte ich. Das Kind blickte mich allerdings bloß mit großen Augen an. „Hey, ich bin’s, Jette. Guck mal, da wohne ich. Kennst du mich noch?“ Amanda runzelte die Stirn, nickte dann aber. „Na immerhin. Sag mal, was machst du denn hier draußen ganz allein im Schlafanzug?“ Amanda zeigte auf ihr Haus. „Mama und Papa haben mich nicht mehr lieb.“ „Was?“ „Sie haben mich angeschrien und gesagt ich nerve. Dann haben sie mich auf die Treppe gesetzt und gesagt ich soll verschwinden.“ Das kleine Mädchen fing bitterlich an zu weinen. Ich drückte sie an mich und strich ihr über den Rücken. „Sh, ganz ruhig. Es wird alles wieder gut.“ Meine Bemühungen blieben ohne Erfolg. Die Kleine krallte sich in mein T-Shirt und weinte weiter. „Ganz ruhig. Sollen wir mal nach der Mama und dem Papa schauen?“ Ich setzte schon an über die Straße zu gehen, da schrie Amanda: „Nein! Sie mich nicht mehr lieb!“ Und weinte weiter bitterlich. „Ok, ok. Na gut. Wollen wir dann nicht erst mal zu mir gehen? Du bekommst auch Schokolade. Und dann rufe ich jemanden, der sich um dich kümmert.“ „Kann ich nicht bei dir bleiben?“ „Ach Süße, das geht nicht so einfach. Aber die Leute, die ich rufe, kümmern sich um deine Eltern und sorgen dafür, dass du zu ganz netten Leuten kommst.“ Ich lief nach drinnen und schloss die Haustür. Dann wollte ich Amanda absetzen, aber die Kleine klammerte sich weiter an mir fest. Seufzend ließ ich es bleiben, lief mit ihr auf der Hüfte in die Küche und suchte nach einem kleinen Schokobonbon. Das gab ich ihr und sie war erst mal wieder happy. Während sie also abgelenkt war, rief ich die Polizei.

„Polizeidienststelle Köln, wie kann ich Ihnen helfen?“ „Hallo, Sola mein Name. Ich habe eben unser vierjähriges Nachbarskind von der Straße aufgelesen und sie sagte, dass ihre Eltern sie rausgeschmissen hätten. Da kann doch was nicht stimmen.“ „Alles klar, Frau Sola. Wo befinden Sie sich denn und wo befindet sich das Kind gerade?“ „Die Kleine hab ich erst mal mit zu mir genommen. Malvenweg 16.“ „Alles klar. Ich schicke eine Streife vorbei, die sich das Ganze mal anschaut. Sie dürften in wenigen Minuten da sein. Sie können jetzt auflegen.“ „Vielen Dank, tschüss.“ Ich legte auf und widmete mich wieder Amanda, die ihr Bonbon mittlerweile gegessen hatte und nun an meinem T-Shirt zog. „Ja?“ „Kann ich noch eins haben?“ Schmunzelnd holte ich ein zweites Bonbon aus der Küche und reichte es ihr. Immerhin schien sie die Sache mit ihren Eltern vorerst vergessen zu haben und ich war froh, dass sie nicht mehr weinte.

Knappe zehn Minuten und drei Schokobonbons später klingelte es an unserer Haustür. Ich öffnete und Stephan und Paul standen vor mir. Na die kannte ich nun schon zur Genüge. „Hallo, Jette“, grüßte Stephan mich. „Guten Mittag. Und wer ist der kleine Fratz?“, grinste Paul leicht. „Hey. Das ist Amanda. Amanda, sag doch hallo zu den beiden netten Polizisten.“ Die Kleine drehte ihren Kopf leicht auf meiner Schulter, sodass sie die beiden Männer mit einem Auge mustern konnte. „Hallo“, nuschelte sie und winkte leicht mit der Hand. „Können wir vielleicht reinkommen? Das muss ja nicht jeder mitbekommen“, bat Paul dann. Ich nickte und führte die Polizisten ins Wohnzimmer. „Was ist denn genau passiert?“, wollte Stephan nun wissen. „Die Kleine rannte draußen auf der Straße rum, deshalb hab ich sie eingesammelt. Sie sagte, ihre Eltern hätten sie vor die Tür gesetzt.“ „Mama und Papa haben mich nicht mehr lieb“, rief Amanda dazwischen und fing wieder bitterlich an zu weinen. „Ich dachte da wären wir durch“, seufzte ich. Paul und Stephan blickten mitfühlend zu Amanda. „Hey Süße, nicht weinen. Alles gut. Sch. Willst du noch ein Schokobonbon?“ Schokolade zog bei kleinen Kindern immer und auch dieses Mal ließ das Mädchen sich damit besänftigen. „Wir würden einmal bei den Eltern nach dem Rechten sehen. Welches Haus ist es dann?“, sagte Stephan leiser, damit Amanda nicht wieder das Weinen anfing. „Direkt gegenüber. Das gelbe Haus. Nummer 15“, erklärte ich ebenso leise. Die beiden Polizisten nickten mir zu. „Die Kleine lassen wir solange einfach weiterhin bei dir. In Ordnung?“ „Natürlich.“ Stephan und Paul verließen das Haus wieder.

Der neue Freund meiner Mutter (AS FF)Where stories live. Discover now