Kapitel 3

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Nach dem Klingeln wartete ich noch kurz, ehe ich mir meinen Weg ins Klassenzimmer bahnte und auf dem Weg zu meinem Stuhl auch wieder einen Bogen um Stephan machte. „So, ich hoffe, ihr habt alle an eure Sportsachen gedacht. Der nächste Teil findet in unserer Turnhalle statt. Lasst euch überraschen. Geht rüber und zieht euch um, wir treffen uns in der Halle.“ Mein Herz begann zu rasen und ich kramte hektisch in meinem Rucksack. Erleichtert atmete ich aus und dankte meinem Vater hundertmal, dass er heute Morgen wohl noch meine Sportsachen in meinen Rucksack geschmuggelt und dabei an ein langärmliges Shirt gedacht hatte. Die hätte ich in all der Aufregung sonst vergessen und ich konnte mir nur vorstellen, wie schlimm die Blamage geworden wäre, hätte ich keine Sportsachen oder die falschen dabei gehabt. Zwar wusste mein Vater nicht, warum ich plötzlich nur noch in langen Sachen Sport machen wollte, aber er sagte nichts dagegen. Ich hatte ihm einfach gesagt, dass wir viel draußen waren und das momentan noch zu kalt für mich war. So schnappte ich mir einfach meine Sachen und verließ als Letzte das Klassenzimmer. Hinter mir schloss Frau Holzfink ab, weswegen ich alle meine anderen Sachen guten Gewissens zurücklassen konnte.

Auf dem Weg zur Turnhalle spekulierten die Mädchen meiner Klasse, was wir wohl machen würden und die Jungen schubsten sich spielerisch, wobei sie mit voller Absicht gegen mich stießen oder mich einfach selbst schubsten. Wenigstens war der Weg nicht weit und ich verschwand in die Mädchenumkleide. Dort sonderte ich mich von der Gruppe ab und zog zuerst meine Hose und meine anderen Socken an. Ganz langsam schlüpfte ich in meine Schuhe und tat dann so, als würde ich meinen Sportpulli auf Löcher untersuchen. Heute musste ich allerdings nicht so lange warten, bis alle anderen aus der Umkleide verschwunden waren, dazu waren sie viel zu aufgeregt. Schnell tauschte ich meine Pullover, band meine Haare zu einem Zopf und eilte den anderen hinterher. Es fiel gar nicht auf, dass ich etwas versetzt zu den übrigen Mädchen die Halle betrat. Ich folgte der Gruppe in die Mitte der Halle, wo schon unsere Lehrerin und die vier Polizisten warteten. Frau Holzfink trug noch ihre Alltagskleidung, aber die Polizisten hatten sich ebenfalls Sportkleidung angezogen.

„Wie ihr schon seht, haben wir hier einen kleinen Parcour aufgebaut. Wir müssen nämlich fit bleiben, weil wir ja auch öfters mal einem Verbrecher nachrennen müssen. Nicht selten kommen uns dabei auch Hindernisse in die Quere. Deswegen werden wir jetzt erst einmal ein paar Runden in der Halle rennen und danach dürft ihr die Hindernisse bewältigen“, meinte Ilka. Die Polizisten begannen zu joggen und wir Schüler ihnen hinterher. Dabei kam ich mir ganz schön doof vor. Als wären wir Hunde, die ihren Herrchen folgten. Das Feld begann sich nach der ersten Runde etwas zu lichten. Die Unsportlichsten unserer Klasse fielen weiter zurück. Auch Paul und Ilka aus der Polizistengruppe bekamen etwas Abstand zu ihren Kollegen und liefen bald in den vorderen Reihen der Schüler, wobei ich nicht wusste, ob das nun Absicht war oder nicht. „Hey, wird dir nicht warm mit dem langärmligen Shirt“, wurde ich von der Seite angesprochen und zuckte leicht zusammen. Das hatte ich nun am allerwenigsten erwartet. Ich blickte neben mich, wo Ilka lief und mich leicht anlächelte. „Ach was. Ich mag’s kuschelig“, sagte ich und versuchte mich an einem Grinsen, wobei mir lieber nach kotzen zumute war. „Na wenn du meinst. Wenn’s dir aber zu kuschelig wird, solltest du was Kurzärmliges anziehen.“ Ich nickte und zog mein Tempo etwas an, sodass ich Ilka hinter mir ließ und wieder alleine lief.

So absolvierten wir fünf Runden, bis Hannah und Stephan vorne stehen blieben und die hintersten unserer Gruppe erleichtert auf den Boden plumpsten. Ich unterdrückte ein Lachen. Immer einen auf cool und Besserwisser machen, dann aber nichts draufhaben. „So, jetzt dürft ihr euch an unsere Parcours wagen. Wir haben extra zwei aufgebaut, damit mehr Personen gleichzeitig laufen können. Dazu werden Hannah und Paul die Wege einmal vorführen“, sprach Stephan und grinste seinen Kollegen an, der verhalten aufstöhnte, sich aber zu einem der beiden Startpunkte begab. Hannah stellte sich an die andere Linie. Zuerst musste man mit jeweils einem Bein in einen Reifen treten, die hintereinander gelegt waren. Nach fünf Reifen kam ein Kasten, über den man irgendwie rüber musste, hauptsache man ging nicht daran vorbei. Als nächstes folgte eine Schwingstation. Dort lagen in einem gewissen Abstand zwei große Weichbodenmatten. Auf der einen Seite stand jeweils einer der Polizisten und hielt das eigentliche Kletterseil fest. Damit musste man sich zur anderen Seite schwingen. Dann folgte eine Art Rutschenwand. Wie es schien, waren zwei Weichbodenmatten an einen Kasten gelehnt und gesichert worden. Dort musste man hoch und auf der anderen Seite wieder runter. Danach musste man eine gewisse Weite springen, ehe man eine Glocke läuten durfte. Das Zeichen, dass der Nächste starten konnte. Pro Parcour durften anfangs zwei Schüler mit Abstand starten und dann eben immer, wenn einer die Glocke läutete und der Vorderschüler nicht zu nahe war.

Der neue Freund meiner Mutter (AS FF)Where stories live. Discover now