Prolog

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Allein saß ich auf dem Schulhof in eines meiner Bücher vertieft. Es lenkte mich ab. Lenkte mich ab von der grausamen Welt. Heute sollte ich wieder zu meiner Mutter und meiner nervigen kleinen Schwester. Eigentlich wäre ich heute bei meinem Vater, wie eigentlich immer. Aber meine Mutter hatte etwas Wichtiges mit mir zu besprechen. Das sagte sie immer. Und am Ende saß ich dann da und wartete darauf, endlich wieder gehen zu können.

Es klingelte und ich machte mich seufzend wieder auf den Weg in die Klasse. Auf dem Flur wurde ich geschubst, die anderen lachten mich aus und sagten dumme Sachen. Ich kam mir vor wie im Kindergarten und nicht wie in der 10. Klasse eines Gymnasiums in Köln. Ich zog mir meine Kapuze noch tiefer ins Gesicht und setzte mich auf meinen Platz, allein ganz hinten in die Ecke. Dem Unterricht folgte ich schon gar nicht mehr und zeichnete lieber abwesend auf meinem Block, während ich aus dem Fenster schaute. Es begann zu regnen. Na klasse. Das passte ja genau zu meiner Stimmung.

Der Tag flog nur so an mir vorbei und schon war ich auf dem Weg zur Wohnung meiner Mutter. Es regnete immer noch und so kamen mir nicht viele Leute entgegen. Dann endlich war ich da und klingelte. Warum mir meine Mutter nicht einfach gleich einen Schlüssel für ihre Wohnung gab, wusste ich nicht. Die Tür surrte und ich stieg die Treppen nach oben in den ersten Stock. Meine Mutter stand in der Tür und begrüßte mich mit einer Umarmung und einem Kuss. Schnell drückte ich sie von mir weg und ging etwas auf Abstand.

„Was ist so wichtig, dass ich herkommen muss?“, kam ich gleich zum Punkt. Ich musste noch Hausaufgaben machen und lernen. Das wollte ich nur zu Hause machen und außerdem hatte ich die nötigen Sachen nicht dabei. „Ich möchte dir jemanden vorstellen.“ Meine Mutter grinste von einem Ohr zum anderen und ich wurde misstrauisch. Sie schloss die Tür und lief voraus ins Wohnzimmer. Ich folgte ihr und blieb im Türrahmen erstaunt stehen. Da saß ein Polizist auf ihrem Sofa und lächelte mich leicht an. Da saß ein Polizist auf ihrem Sofa und lächelte mich an. Da saß ein Polizist auf ihrem Sofa und lächelte mich an!

„Jette, das ist Stephan. Ich denke du kannst sehen, wo er arbeitet. Er ist mein neuer Freund.“ Boom. Bombe geplatzt und alles andere auch. Ich nickte kurz und blickte düster unter meiner Kapuze hervor. „Schön.“ „Willst du dich nicht vorstellen?“ Hatte sie das nicht gerade getan? „Nein.“ Ich drehte mich um und lief auf den Ausgang zu. Das durfte doch nicht wahr sein! Meine Eltern waren gerade einmal drei Wochen getrennt und schon hatte sie einen Neuen! Ich wusste nicht, was ich fühlen sollte. Wut, Trauer, Unverständnis.

Jemand packte meine Hand. Ruckartig drehte ich mich um. „Fass mich nicht an! Du und Papa seid gerade mal drei Wochen getrennt und schon hast du einen Neuen! Oder ist er etwa der Grund, warum du Papa verlassen hast? Hm? Lass mich ja in Ruhe!“ Schnell drehte ich mich um und rannte aus der Wohnung, die Treppe hinunter und in den Regen.

Den Weg nach Hause kannte ich schon im Schlaf. So war ich nach wenigen Minuten zu Hause. Ich schloss auf und rannte hoch in mein Zimmer. Papa war noch arbeiten; Er kam immer erst spät nach Hause. Genau richtig für mich. Ich schmiss meine Schuhe, Jacke und Tasche achtlos in mein Zimmer und rannte ins Bad. Gut, dass Papa sich immer rasierte. Schnell griff ich nach einer der Klingen und schloss sicherheitshalber noch die Tür ab. Dann zog ich meine Ärmel hoch, an denen schon andere Schnitte prangten. Keiner war älter als drei Wochen. Mit Tränen in den Augen strich ich über die großen und kleinen Schnitte. Und dann kamen neue dazu.

Der neue Freund meiner Mutter (AS FF)Where stories live. Discover now