30. Kapitel - Vorahnungen

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Das Hauptquartier des Bundes der Zeitreisenden – jenseits von Zeit und Raum

Grinsend las Robert die Zeilen, die auf der Serviette standen. Sein Serviettenbrieffreund hatte ihm in seiner letzten Nachricht von der Vervollständigung ihres Planes erzählt, die mit der Hilfe seiner Freunde aus der Vergangenheit gelungen war. Robert hatte darauf geantwortet, dass er es bereits erwartet hatte, dass sie es nicht ohne die zeitreisenden Musiker schaffen würden, ihren Plan zu perfektionieren. An diesem Morgen war daraufhin folgende Antwort von dem jungen Mann mit den blonden Haaren eingetroffen:

Deine Freunde sind gewiefter, als ich erwartet hatte.

Es dauerte nicht lange, bis Robert eine gute Antwort darauf eingefallen war.

Dann habe ich dir wohl nicht zu viel versprochen.

Während Robert eine Antwort für Paul verfasste, waren der und Oskar damit beschäftigt, die Mitglieder der Widerstandsgruppe für ihre Idee zu gewinnen. Die fünf Mitglieder schienen anfangs alles andere als überzeugt von ihrer Idee zu sein, doch Oskar und Paul gaben ihr bestes, um den Plan so gut durchdacht wie möglich erscheinen zu lassen. „Und ihr wollt also, dass wir beide" – einer der beiden Männer zeigte auf sich und seinen Kumpanen – „die Wachen vor dem Büro des Timekeepers ersetzen?" Paul nickte. „Genau. So wird es leichter für uns, den Timekeeper zu überwältigen", erklärte er. „Und ihr drei" – Oskar wies auf die drei Frauen – „könntet uns dabei helfen, die anderen Mitglieder des Bundes zu versammeln und sie davon zu überzeugen, den Timekeeper abzuwählen." Die drei nickten, und Oskar seufzte innerlich erleichtert auf.

„Und ihr seid euch sicher, dass euer Plan funktionieren wird?", fragte einer der Männer und verschränkte seine Arme vor der Brust, während er Paul und Oskar skeptisch musterte. Paul räusperte sich. „Nun ja... Es gibt immer ein Risiko", murmelte er und spielte ein wenig verlegen mit seinen Händen. Kurz darauf riss er sich zusammen und hielt dem Blick des Mannes stand. „Aber wir denken, dass das Risiko bei unserem Plan gering ist." Der andere Mann grinste. „Das wollten wir hören", brummte er und zwinkerte den beiden zu.

„Um das Alarmieren der anderen Mitglieder des Bundes braucht ihr euch keine Sorgen zu machen, darum werden wir drei uns kümmern", versicherte eine der Frauen den beiden jungen Männern. Oskar lächelte sie dankbar an. „Und wir beide werden die Wachen vor dem Büro des Timekeepers ablösen", meinte der Mann, der ihnen vorhin zugezwinkert hatte, und klopfte seinem Kameraden freundschaftlich auf den Rücken. „Nicht wahr?", fragte er ihn grinsend, woraufhin der andere nickte. „Eure Aufgabe ist es also, den Timekeeper zu überwältigen, den Gefangenen zu befreien, mit dem ihr in Kontakt seid, und schlussendlich die anderen Bundmitglieder für eure Seite zu gewinnen", fasste die dritte Frau zusammen, die sich bis jetzt größtenteils aus dem Gespräch herausgehalten hatte. „Letzteres dürfte nicht allzu schwer sein", bemerkte Oskar. „Sei dir da nicht allzu sicher", brummte der Mann, der anfangs skeptisch gegenüber ihrem Plan gewesen war, und warf Paul einen vielsagenden Blick zu, während er erneut die Arme vor der Brust verschränkte.

Zur selben Zeit schritt der Timekeeper unruhig in seinem Büro auf und ab. Irgendetwas war im Busch, dessen war er sich sicher – er wusste nur nicht, was genau es war. Er ahnte, dass bald etwas passieren würde, und er war ebenfalls überzeugt davon, dass Paul etwas mit der ganzen Sache zu tun hatte. In letzter Zeit hatte er begonnen, ihm immer weniger zu vertrauen. Er wusste, dass Paul manchmal ganz schön unfähig und schwach sein konnte, aber dass er so unfähig war, einen Auftrag, mit dem er sich seit gut einem Monat beschäftigte, jedes Mal aufs Neue zu vermasseln? Das war selbst für seine Verhältnisse zu viel Unfähigkeit. Bei den anderen Uhren hatte es doch auch nicht so lange gedauert, bis Paul und sein Kollege sie sichergestellt und ihm, dem Timekeeper, übergeben hatten. Was war so schwer daran, an diese eine Uhr zu kommen? Lag es etwa an diesen Musikern, die die rechtmäßigen Besitzer der Uhr waren? Unmöglich. Es müsste eigentlich ein Leichtes sein, sie zu überwältigen. Vielleicht würden sie die Uhr für genug Geld sogar freiwillig abgeben.

Obwohl er langsam ungeduldig wurde, würde er Paul noch ein wenig länger seine Spielchen mit ihm spielen lassen – vielleicht würde am Ende ja etwas Interessantes dabei herauskommen, wer wusste das schon? Vielleicht würde er herausfinden, dass er den Jungen immer unterschätzt hatte. Bei diesem Gedanken stieß der Timekeeper ein verächtliches Schnauben aus. Nein, was die Stärke von Paul anging, hatte er sich ganz bestimmt nicht geirrt. Da müsste sein Gefühl ihn schon aufs Schlimmste getäuscht haben. Trotzdem hatte er eine schlechte Vorahnung, was Paul anging. Er wusste, dass der Junge ihm gefährlich werden konnte – egal, wie schwach er war.

Der Timekeeper schüttelte den Kopf, um diese Art von Gedanken aus seinem Kopf zu vertreiben. Warum verschwendete er überhaupt so viele Gedanken an einen Idioten wie Paul? Er sollte sich lieber auf den Triumph fokussieren, der ihm bevorstand, wenn er endlich alle magischen Uhren besitzen würde. Er konnte das Gefühl von Macht, das ihm diese Uhren verleihen würden, schon jetzt spüren. Die einzige Uhr, die ihm noch fehlte, war diejenige, die diesen Musikern gehörte. Wenn er Paul das nächste Mal in sein Büro bestellte, würde er ihm sagen, dass er ihnen einfach eine Geldsumme für die Uhr anbieten sollte. Es war unmöglich, dass eine Taschenuhr ihnen so viel bedeutete. Wahrscheinlich wussten sie nicht einmal über alle ihre Fähigkeiten Bescheid.

Dass er sich in dieser Sache – und noch so einigen anderen Dingen – gewaltig irren sollte, wusste der Timekeeper zu diesem Zeitpunkt noch nicht.


Time Is FleetingWhere stories live. Discover now