21. Kapitel - Die Sache mit den Wikipedia-Artikeln

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„Manchmal komme ich mir wirklich vor wie ein Elefant im Porzellanladen!", rief Roger Taylor, nicht ohne ein wenig Verzweiflung in seiner Stimme mitschwingen zu lassen, und ließ sich theatralisch auf Ellies Sofa fallen. „Hast du wieder ein Teller ruiniert?", wollte Falco wissen, ohne von dem Kartenspiel aufzusehen, das er gerade mit Freddie und Michael spielte. Anstatt zu antworten, seufzte Roger laut auf und vergrub das Gesicht in seinen Händen. Kopfschüttelnd spielte Falco die nächste Karte aus. „Ha!", rief Freddie da auf einmal und sprang auf. „Du schummelst! Ich hab es genau gesehen!" Der österreichische Sänger tauschte einen verwirrten Blick mit Michael, der beschwichtigend die Hände hob. „Komm wieder runter. Ich hab gar nix gemacht!", verteidigte Falco sich. „Mir ist auch nichts aufgefallen", gab Michael ein wenig kleinlaut von sich, während Freddie wütend die Arme vor der Brust verschränkte. „Ich will einen Schiedsrichter!", verlangte er, was Falco dazu brachte, die Augen zu verdrehen. „Wir spielen ein Kartenspiel. Wozu brauchen wir einen Schiedsrichter?", fragte er und starrte Freddie mit zusammengezogenen Augenbrauen an. „Irgendjemand muss darauf achten, dass wir nicht schummeln", erklärte Freddie und ließ seinen Blick suchend durch den Raum schweifen. „Aber die anderen sind doch alle beschäftigt...", murmelte Michael, was Freddie gekonnt überhörte.

„David!", rief der Queen-Frontman und steuerte auf David Gilmour zu, der gerade damit beschäftigt war, der Unterhaltung von Andrew und seinem Bandkollegen Roger zu lauschen. „Was ist denn, Freddie?", wollte er wissen und schaute den Sänger fragend an. Doch dieser erbarmte sich gar nicht erst zu einer Antwort, sondern packte Davids Arm und zog ihn hinter sich her. „Da ist auch schon unser Schiedsrichter!", verkündete er stolz, sobald er Michael und Falco erreicht hatte. „Seht ihr, so schnell geht das!"

Doch bevor die drei Musiker ihr Kartenspiel mit dem Pink-Floyd-Gitarristen als Schiedsrichter fortsetzen konnten, wurde die Tür zu Ellies Schlafzimmer aufgestoßen und eine aufgeregt wirkende Ellie betrat das Wohnzimmer. Prince' Augenbrauen wanderten nach oben. „Was ist denn mit dir los?", fragte er, während George aufstand und Ellie eine Hand auf die Schulter legte. „Ist alles in Ordnung?", erkundigte er sich mit besorgter Stimme. Ellie holte tief Luft. „Wie man's nimmt", antwortete sie. Nun hatte sich auch John erhoben und gemeinsam mit George führte er Ellie zum Sofa. „Hier, setz dich erst einmal. Und dann erzählst du uns, was los ist", redete er in beruhigendem Tonfall auf sie ein. Ellie nickte. Mittlerweile hatten sich auch alle anderen WG-Bewohner um das Sofa versammelt und blickten die junge Frau abwartend an. Sie schien sich kurz zu sammeln, bevor sie mit ihrer Erzählung begann:

„Ich wollte eigentlich nur einen Queen-Song von einem eurer späteren Alben hören und ich bin mir sicher, dass ich ihn auf meinem Handy gespeichert habe, aber als ich meine Playlists durchsucht habe, war er unauffindbar und das ganze Album schien nicht zu existieren. Ich hatte kein gutes Gefühl bei der Sache, also habe ich Wikipedia geöffnet und nach dem Artikel zur Band Queen gesucht-" An dieser Stelle wurde sie von Jimi unterbrochen: „Äh... Was genau ist Wikipedia?"

„Es ist so etwas wie ein Lexikon, nur eben auf dem Handy. Dort kann man alle möglichen historischen Geschehnisse und Personen nachschlagen und man findet dann eben Artikel mit verschiedensten Informationen über sie und ihr Leben", erklärte Max. „Und es gibt dort auch Artikel über uns?", wollte Brian wissen, was Max mit einem Nicken bestätigte. „Und genau den habe ich mir durchgelesen", führte Ellie ihre Erzählung fort, während sie ihr Handy aus ihrer Hosentasche holte. „Hört euch das mal an: Bei Queen handelte es sich um eine Rockband, die im Jahr 1975 mit ihrer Single „Bohemian Rhapsody" die Charts anführte. Große Bekanntheit erlangte Queen ebenfalls nach dem rätselhaften Verschwinden der vier Bandmitglieder im Juni 1976." Nachdem Ellie aufgehört hatte, den Ausschnitt aus dem Artikel vorzulesen, war es eine Weile lang still im Raum.

„Das... Wie ist das möglich?", brachte David Bowie schließlich fassungslos heraus. „Ich habe keine Ahnung, aber bei den Artikeln zu Prince oder Michael steht etwas Ähnliches und ich denke, dass es bei euch anderen nicht anders aussieht", antwortete Ellie. Max begann, auf und abzulaufen, um besser nachdenken zu können. „Die einzig logische Erklärung dafür wäre meiner Meinung nach, dass ihr mittlerweile zu lange in der Zukunft seid und sich deswegen die Vergangenheit verändert", murmelte er. „Das macht eigentlich Sinn", stimmte Brian ihm zu. „Aber wie machen wir das Ganze rückgängig?", stellte Roger Waters die Frage, die wohl allen im Kopf herumschwirrte. „Theoretisch müsste es doch funktionieren, wenn wir einfach wieder zum exakt selben Zeitpunkt zurückreisen, von dem aus wir in die Zukunft gereist sind, oder?", überlegte Andrew. „Denke ich auch", kam es von Max. „Aber dazu müssen wir zuerst Robert retten", fasste Michael das größte Hindernis, das ihnen dabei im Weg stand, zusammen. „Ganz genau. Und das schaffen wir auch", machte John den anderen Mut. „Dieser Zeitreise-Bund kann sich warm anziehen", stimmte Roger Taylor ihm zu.

Das Hauptquartier des Bundes der Zeitreisenden – jenseits von Zeit und Raum

Paul starrte auf die letzte Serviette, die er beim Überbringen des Frühstücks von Robert bekommen hatte. Die Bitte, die der Gefangene an ihn gerichtet hatte, war äußerst riskant in die Tat umzusetzen.

Könnt ihr ihnen sagen, dass es mir gut geht?

Er konnte verstehen, dass Robert die Sorgen seiner Freunde ein wenig mildern wollte, aber er war sich nicht sicher, ob es klug wäre, sich zu oft bei der Wohnung der zeitreisenden Musiker blicken zu lassen. Andererseits mussten sie irgendwie mit ihnen in Kontakt treten, um ihnen zu helfen. Nachdem Paul mit Oskar und den Mitgliedern der Widerstandsgruppe beratschlagt hatte, waren sie zu dem Entschluss gekommen, das Risiko einzugehen und regelmäßiger mit Roberts Verbündeten in Kontakt zu treten. Nun war es an Paul, ihm diese Nachricht zu überbringen.

Robert schaute nicht auf, als der junge Mann ihm das Essen brachte. Am liebsten hätte er sich sofort auf das Teller gestürzt und die Serviette auseinandergefaltet, sobald der Blondschopf verschwunden war, doch er ließ sich Zeit. Immerhin sollte das Ganze nicht zu verdächtig wirken. Also aß Robert zuerst das Teller leer, bevor er einen Schluck Wasser trank und schlussendlich zur Serviette griff, um sich den Mund sauber zu wischen. Als er sie auseinanderfaltete, bemerkte er das Wort, das auf der linken unteren Ecke geschrieben stand:

Okay.

Ein Lächeln schlich sich auf Roberts Gesicht.


Time Is FleetingWhere stories live. Discover now