7. Kapitel - Das Badezimmer

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2022

Prince blinzelte und drehte den Kopf vorsichtig nach links und rechts. Er spürte keine Schmerzen, was wohl bedeutete, dass er keine Bruchlandung in der Zukunft hingelegt hatte. „Zum Glück", murmelte er. „He Zwerg!", ertönte da eine Stimme. Dieses Englisch mit dem österreichischen Akzent hätte Prince überall wiedererkannt. „Falco. So sieht man sich wieder", brummte er. Der österreichische Sänger, der – nebenbei bemerkt – seltsam verdreht in der Dusche lag, grinste. Eigenartigerweise schien ihn seine Position nicht zu stören, woraus Prince schloss, dass er sich wohl nicht ernsthaft verletzt hatte. Prince kannte dieses Badezimmer nur zu gut. Immerhin hatte er sich hier vor einem halben Jahr für 15 Tage – wenn er sich noch richtig erinnerte – jeden Morgen gewaschen. Sein Blick schweifte über die weiß gekachelten Fliesen. In der Dusche rumpelte es. Wahrscheinlich hatte Falco sich gerade aus seiner eigenartig verdrehten Haltung befreit und sich bequemer hingesetzt.

„Schaut so aus, als wären wir wieder in 2021 gelandet", bemerkte Falco. Prince zuckte mit den Schultern. „Woher willst du das wissen?", entgegnete er. „Nur weil das Badezimmer gleich aussieht? Es könnte auch ein früheres Jahr sein. Oder ein späteres." Damit hatte Prince nicht ganz Unrecht, das musste der österreichische Sänger zugeben. Falco stand auf und öffnete die Duschtür, um die Duschkabine endlich zu verlassen. Er klatschte in die Hände und hielt Prince seine rechte Hand hin, damit dieser sich daran hochziehen konnte. „Na dann schauen wir mal, in welchem Jahr wir wirklich gelandet sind", grinste er, während er die Tür öffnete.

Andrew war sich nicht sicher, ob die anderen das Licht bemerkt hatten, das unter der Badezimmertür hervorgestrahlt war. Er überlegte gerade, ob es sich dabei vielleicht nur um eine Einbildung seinerseits gehandelt haben könnte, als sich die besagte Tür öffnete und niemand geringerer als Falco heraustrat, gefolgt von Prince. Ein wenig perplex starrte Andrew zwischen den beiden hin und her. „Oh, hallo!", rief Falco überrascht und klopfte dem Wham-Gitarristen auf die Schulter. „Offenbar sind wir nicht die ersten, die in die Zukunft gereist sind", sagte er zu Prince. Dieser nickte nur. Michael hatte mittlerweile ebenfalls bemerkt, dass Andrew mit jemandem zu sprechen schien und wollte überprüfen, ob mit dem Gitarristen alles in Ordnung war. Sobald er Falco erblickt hatte, hellte sich sein zuerst besorgtes Gesicht augenblicklich auf. „Falco!", rief er glücklich. „Ich habe schon gehofft, dass du bald hier auftauchen würdest!" Der Sänger lächelte geschmeichelt. Auch er freute sich darüber, seinen amerikanischen Freund wiederzusehen. Anders als Prince es erwartet hatte, schien Michael sich auch über sein Auftauchen zu freuen. Zumindest war er nicht so verärgert darüber wie beim letzten Mal – und das war doch schon einmal ein Fortschritt.

Michael und Andrew führten die beiden neu dazugestoßenen Musiker ins Wohnzimmer, wo Roger und George gerade vor dem Fernseher saßen und versuchten, das deutsche Fernsehprogramm zu verstehen. Ellie und die übrigen Queen-Mitglieder vertrieben sich die Zeit mit einem Kartenspiel. David stand bei der Küchennische und kochte Tee. „Nein, nein, nein! So geht das nicht!", beschwerte Freddie sich. John seufzte. „Was hast du denn? Laut der Anleitung darf ich diesen Zug machen!", verteidigte Ellie sich. „Aber wir haben uns doch darauf geeinigt, dass ihr diese Taktik bei mir nicht anwenden dürft!", kam es empört von Freddie. Brian schlug sich mit der flachen Hand auf die Stirn. „Freddie, du kannst doch nicht ständig irgendwelche Sonderregeln erfinden, die nur für dich gelten!", schimpfte er. Trotzig reckte Freddie das Kinn in die Höhe. „Und warum nicht?", fragte er sichtlich beleidigt. „Weil... Ach egal, du würdest es doch sowieso nicht verstehen wollen!", gab Brian schließlich auf. „Jetzt hört doch endlich auf, so unnötig dramatisch zu sein!", ertönte es aus der Richtung des Sofas. „Das sagt der Richtige!", kam es prompt von Freddie zurück. „Ich war es nicht, der sich wegen einem Song in einem Schrank eingeschlossen hat!" Darauf wusste Roger nichts zu erwidern, weshalb er schmollend die Arme vor der Brust verschränkte. Ellie hatte sich mittlerweile an die ständigen Diskussionen der Musiker gewöhnt und es irgendwann aufgegeben, sich einzumischen und zu versuchen, den Streit zu schlichten.

Andrew räusperte sich, woraufhin alle ihre Köpfe in seine Richtung drehten. „Seht mal, wer gerade eben im Badezimmer angekommen ist", grinste Michael und trat zur Seite, um den Blick auf Falco und Prince freizugeben. „Das Badezimmer scheint Zeitreisende ja magisch anzuziehen", brummte Ellie. „Bis jetzt sind dort schon drei Leute aus der Vergangenheit angekommen." Brian lächelte Michael zu. „Sieht so aus, als hätten wir beide die Wette gewonnen", bemerkte er schmunzelnd. Fragend zog Prince eine Augenbraue hoch. „Welche Wette?", wollte er wissen. Andrew winkte ab. „Unwichtig", entgegnete er. George stimmte ihm zu. „Jetzt ist es erstmal viel wichtiger, dass ihr erfahrt, was es hier so Neues gibt. Und das ist einiges, das könnt ihr mir glauben."

Falco ließ sich auf das Sofa zwischen Roger und George fallen. „Na dann erzählt's es uns mal!", verlangte er. Der Teekocher gab ein Pfeifen von sich – was bedeutete, dass das Wasser warm genug war. David goss das dampfende Wasser in die Tassen und holte die Teebeutel aus einer der Schubladen unter der Küchenarbeitsfläche. Nachdem alle ihre Teetasse bekommen und es sich auf dem Sofa oder auf dem Boden gemütlich gemacht hatten, begann John mit seiner Erzählung. „Also, bevor wir anfangen – das hier ist Ellie", er wies auf die Frau, die neben Roger auf dem Sofa saß, „Sie wohnt mittlerweile in dieser Wohnung und ist so nett, uns weiterhin hier unterkommen zu lassen. Wir befinden uns hier übrigens im Jahr 2022." Ellie lächelte Prince und Falco zu. „Ich hab sogar ein paar CDs von dir", sagte sie zu Falco, was diesen zum Grinsen brachte. John fuhr damit fort, den beiden Neuankömmlingen von der Ankunft der Queen-Mitglieder in der Zukunft zu erzählen und davon, wie sie überhaupt hierhergekommen waren und dass mit der Uhr etwas nicht zu stimmen schien. Dann berichtete David von Roberts Verschwinden und Freddie brachte natürlich seinen Verdacht mit der Entführung ein, worüber Prince nur den Kopf schüttelte, während Falco mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck zu Boden blickte.

Prince versuchte, diesen Schwall an Informationen zu verarbeiten und starrte deswegen eine Weile lang stumm aus dem Fenster. Auch zwischen den anderen herrschte Schweigen – sie waren damit beschäftigt, ihren Tee zu trinken oder ebenfalls nachzudenken. „Langsam wird es ganz schön eng hier", bemerkte Ellie irgendwann. Michael nickte. „Stimmt. Jetzt haben wir wirklich zu wenig Schlafmöglichkeiten", stimmte er ihr zu. „Also in unserem Bett ist kein Platz mehr", bemerkte Roger. „Freddie tritt mich schon die ganze Zeit im Schlaf." Der Queen-Frontman warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. „Was kann ich dafür, wenn du mir im Weg liegst?", beschwerte er sich. „Du nimmst doch schon den meisten Platz ein!", schoss Roger zurück. Bevor die Diskussion eskalieren konnte, schritt Brian ein: „Es hat keinen Sinn, jetzt darüber zu streiten. Wir sind nun einmal vier erwachsene Männer, natürlich können wir nicht auf Dauer alle in einem Bett schlafen – dazu ist viel zu wenig Platz." John stimmte seinem Bandkollegen zu. „Das war ja auch nur die vorrübergehende Lösung in den letzten Tagen", erklärte Ellie. „Wir müssen uns da was anderes überlegen..."

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