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Ich stehe in der Küche und fülle mir gerade eine weitere Tasse Kaffee in einen To-Go-Becher, als ich höre, wie Maya aus dem Schlafzimmer kommt. Ich drehe mich um und bereue es sofort. Denn sie sieht umwerfend in diesem Kleid aus und ich möchte sie aktuell nur zurück in das Schlafzimmer ziehen und sie aus diesem Kleid holen. Mit dem Rücken lehne ich an der Küchentheke und schaue sie mir in Ruhe an. Die High Heels machen ihre perfekten Beine noch etwas länger, an denen kurz oberhalb der Knie das dunkelblaue Kleid beginnt. Dieses liegt optimal an, zeigt ihre Kurven und verdeckt die richtigen Stellen, sodass sie einen professionellen Eindruck machen wird. Den Blazer hat sie an den Ärmel etwas hochgekrempelt, vermutlich weil er ihr ein wenig zu lang ist. Das gesamte Outfit steht ihr unglaublich gut und ihr leichtes Make-Up betont ihre dunklen Augen. Diese Frau sieht absolut fantastisch aus und ich wünschte, es würde nicht zu meinem Anwalt gehen sondern in ein schönes Resturant, so wie sie es verdient hätte. Erst als sie sich räuspert schaue ich mir wirklich genau ihr Gesicht an und erkenne ihren fragenden Blick. "Nicht gut? Du sagst nichts.", höre ich sie zögernd fragen. Sofort stelle ich meinen Kaffeebecher ab und trete auf sie zu. "Ganz im Gegenteil, du siehst fantastisch aus.". Nun lächelt mich die schöne Blondine an und ich lege meine Hände unter ihren Blazer auf ihre Hüften. "Du siehst so gut aus, dass ich eigentlich nicht diese Wohnung verlassen möchte, sondern dich am liebsten gegen die Wand hinter uns schieben und dich wieder aus diesem Kleid raus holen würde.", flüster ich leise in ihr Ohr und küsse danach sanft ihren Hals. Da sie die hohen Schuhe trägt und ich nur Sneaker, sind wir ausnahmsweise mal auf Augenhöhe. Als Antwort erhalte ich nur ein sanftes Stöhnen, wodurch ich mir ein Grinsen nicht verkneifen kann. Doch bevor ich meine Lippen weiter ihren Hals entlang wandern lasse, holt mich mein Handy wieder zurück in die Realität. In dieses habe ich vorhin die Sim-Karte eingelegt und einige Updates gefahren. Gleichzeitig habe ich einen Wecker gestellt, damit wir wirklich pünktlich aus der Wohnung kommen. Etwas genervt trete ich ein Stück zurück, schaffe es dann aber trotzdem der schönen Frau vor mir ein Lächeln zu schenken. "Wir müssen los. Hast du alles?", frage ich sie ruhig und sehe dabei die Röte in ihrem Gesicht, die ich zuvor ausgelöst habe. Da ihr noch die Worte zu fehlen scheinen, nickt sie nur. Ich gehe erneut kurz in die Küche und hole meinen Becher, bevor wir gemeinsam in den Fahrstuhl treten und in die Tiefgarage fahren.

Die Fahrt über ist es ziemlich still. Maya blickt nur aus dem Fenster und scheint komplett in Gedanken zu sein. Das habe ich vor allem daran gemerkt, dass sie die Waffe, die ich in das Handschuhfach gelegt habe, nicht einmal kommentiert hat. Doch ich möchte sie in ihrer Gedankenwelt auch nicht stören. Denn ch kann mir gut vorstellen, dass sie sich viel zu viele Sorgen macht, vor allem um ihren Sohn. Dazu weiß sie noch gar nicht, was ich alles herausgefunden habe und wie gut dadurch ihre Chancen auf das alleinige Sorgerecht stehen. Um ihr zu zeigen, dass sie mit ihren Gedanken nicht allein sein muss, lege ich meine Hand auf ihr Bein und streiche sanft über dieses. Kurz blickt sie auf meine Hand, dann in meine Augen und ich habe das Gefühl, ein stummes 'Danke' in ihnen lesen zu können. Danach legt sie ihre Hand auf meine, verschränkt unsere Finger und blickt wieder aus dem Fenster.

In der Stadt angekommen, parke ich den Wagen in der Tiefgarage des großen Bürogebäudes. Nachdem ich den Motor abgestellt habe, blicke ich zu Maya, die immer noch aus dem Fenster schaut und nicht einmal bemerkt zu haben scheint, dass wir angekommen sind. Sanft drücke ich ihren Oberschenkel. "Wir sind da.". Nun regt sie sich das erste mal wieder und blickt mich besorgt an. "Was wenn ich verlieren? Er darf ihn nicht kriegen.", sagt sie so leise, dass ich es kaum verstehe. In ihren Augen erkenne ich Tränen, weshalb ich mich abschnalle und zu ihr vorbeuge. Die Schmerzen, die meinen gesamten Körper durchziehen, ignoriere ich und lege meine Hände an ihre Wangen. "Du wirst gewinnen, vertrau mir. Er wird dir und deinem Sohn nie wieder etwas tun.", sage ich mit leichtem Nachdruck und blicke ihr dabei tief in die Augen. Zögernd beginnt sie zu nicken und ich streiche sanft über ihre Wangen. Da sie sich nun auch abschnallt, öffne ich meine Tür und schaffe es nach einigen Versuchen auch aus dem Wagen aufzustehen. Ein Vorteil an SUVs ist, dass man aus ihnen auch gut aussteigen kann, wenn man gefühlt von einem LKW überrollt wurde. Mit dem Fahrstuhl fahren wir in den 6 Stock und werden dort bereits von Kate erwartet. Die schlanke brünette Frau, starrt mich mit ihren blauen Augen an. "Alex, schön dich wieder zu sehen.", kommt es etwas sarkastisch von ihr. Lektion des Tages für mich, nicht jede die sagt, sie käme mit einer einmaligen Nummer klar, meint es auch so. Kurz schließe ich die Augen und atme tief durch. Das letzte, dass ich aktuell gebrauchen kann ist Drama. "Ist er bereit?", frage ich daher nur, nachdem ich die Augen wieder geöffnet habe und erhalte einen grimmigen Blick und ein Nicken. Dass auch Mayas Blick nicht von Liebe getränkt ist, spüre ich ganz deutlich. Doch wie bereits gesagt, habe ich aktuell keine Zeit für Drama, wodurch ich Kate ein Zeichen gebe, voran zu gehen und uns in Lucas Büro zu führen. Dieser sitzt an seinem Schreibtisch und schaut gerade in eine Akte. Er sieht gut aus, wie immer sitzt sein schwarzer Anzug perfekt und die blaue Krawatte schmeichelt seinen blauen Augen. Natürlich ist mir bewusst, dass Mike diesen Anzug für ihn ausgesucht hat. Der Mann hat wirklich Geschmack, was Kleidung betrifft und sorgt bereits seit Jahren dafür, dass sich jede Frau nach Lucas umdreht. Nur das er eben nur Augen für Mike hat. Sofort steht Lucas auf und tritt um den Schreibtisch herum. "Alex, schön dich zu sehen.", begrüßt er mich und nimmt mich direkt in den Arm. Was leider nicht ganz schmerzfrei für mich ist, aber das lasse ich mir nicht anmerken. "Du siehst fantastisch aus, deine Begleitung allerdings noch etwas besser.", höre ich ihn sagen, wodurch ich mich von ihm löse und ihm gegen die Brust boxe. Lucas tritt darauf lachend auf Maya zu und hält ihr seine Hand hin. "Du musst Maya sein? Ich hoffe, es ist in Ordnung, wenn wir direkt zum 'Du' übergehen? Ich bin Lucas und werde deinen Fall gewinnen.". Nun muss ich Lachen. Ich liebe die Bodenständigkeit dieses Mannes. Doch leider muss ich zugeben, dass er jedes Recht hat, so arrogant zu sein, denn er ist einfach einer der Besten. Maya scheint etwas überfordert zu sein, ergreift nach einem kurzen zögern aber seine Hand und nickt. Darauf tritt Lucas wieder hinter seinen Schreibtisch und Maya und ich nehmen auf den braunen Ledersesseln vor diesem Platz. "Also ich habe mich bereits in die Akten eingelesen, den Stand deines alten Anwalts abgefragt und mich über deinen Ex schlau gemacht. Was wir auf jeden Fall noch benötigen, sind die ärztlichen Unterlagen.". Sofort nicke ich, da ich mir so etwas bereits gedacht habe. Lucas holt aus einer Akte ein Schreiben und legt es Maya vor. "Mit diesem entbinden sie Dr. Dean von der ärztlichen Schweigepflicht und ich bekomme Zugang zu ihren Krankenakten. Keine Sorge, mich interessieren nur die Unterlagen, die Auskunft über Verletzungen gebe, die durch ihren Ex-Mann verursacht wurden.". Maya beginnt das Schreiben zu lesen und sieht mich dann fragend an. Ich vertraue Lucas und weiß, dass er nichts tun würde, was Maya schaden könnte, daher nicke ich nur. Maya greift zitternd nach dem Stift und setzt ihre Unterschrift auf die vorgegebene Linie. "Gut, damit hätten wir das wesentliche. Du sagtest, du hättest noch einige Zeugen?", richtet sich Lucas nun an mich und ich nicke. "Lässt du mich?", frage ich ihn und deute auf seinen Computer. Erst schaut er mich skeptsich an, doch nickt dann und lässt mich an seine Tastatur. "Ich habe auf seinem Handy weitere Videos von verschiedenen Frauen gefunden und drei sind bereit, gegen ihn auszusagen.". In Mayas Gesicht erkenne ich nur Entsetzen. Ihr steigen die Tränen in die Augen und sie richtet ihren Blick starr auf den Boden. Kurz lege ich meine Hand an Lucas Oberarm und bitte ihn leise, uns für einen Moment allein zu lassen. Sofort kommt er dieser Bitte nach und nachdem er die Tür geschlossen hat, gehe ich vor Maya in die Hocke und schiebe sanft mit einem Finger unter ihrem Kinn ihr Gesicht soweit nach oben, dass sie mich anblickt. Ihre braunen Augen sind gerötet und ich spüre wie sie langsam zu zittern beginnt. "Ich dachte immer...", beginnt sie, doch da die Tränen zunehmen kann sie ihren Satz nicht beenden. "Ruhig durchatmen.", sage ich leise und lasse meine Hand sanft ihre Wange entlang streichen. "Ich dachte immer, es würde nur mich betreffen. Hätte ich gewusst, dass er so etwas auch anderen antut, hätte ich viel früher reagiert.". Nun kann sie die Tränen nicht mehr zurück halten und ich strecke beide Arme aus und ziehe sie an mich. "Es ist nicht deine Schuld sondern seine.", sage ich immer wieder leise und streiche sanft über ihren Rücken. Die Schmerzen, die mir dabei die Tränen in die Augen treiben, ignoriere ich weiterhin. Endlich ist das jahrelange Training mal für etwas sinnvolles gut. Denn diese fantastische Frau vor mir, sollte sich um mich keine Gedanken machen müssen, wenn sich in ihrem Kopf die Sorgen sowieso stapeln. Nach einigen Minuten spüre ich, wie sie sich langsam wieder beruhigt. Nachdem sie sich in ihrem Stuhl zurück gelehnt hat, höre ich sie sogar Lachen. "Wieso ich immer deine Blusen vollheulen muss, werde ich auch nie verstehen.", sagt sie nur und wischt sich dabei die letzten Tränen weg. Sie sieht unglaublich niedlich mit ihren geröteten Wangen und der roten Nase aus. Kurz muss ich auch Lachen, beuge mich dann aber vor und lege meine Lippen sanft auf ihre. Der Kuss scheint sie zu überraschen, doch es dauert nicht lange, bis sie ihn erwidert. Der Kuss ist sanft und intensiv. Er steckt voller Zuneigung und ich genieße jede Sekunde. Nach dem Kuss, lege ich meine Stirn an ihre. "Wie wäre es, wenn ich den Rest mit Lucas kläre und du derweil in den Nachbarraum gehst? Ich habe da noch etwas vorbereitet.". Sofort blicken mich die braunen Augen überrascht an. "Was?", fragt sie mich direkt und sieht dabei besorgt aus. Doch ich weiß genau, dass das was ich vorbereitet habe, sie erfreuen wird. Denn durch die Hilfe von Lucas konnte ich organisieren, dass wir Einfluss auf die Pflegefamilie nehmen konnten, in welcher ihr Sohn, Tristan wie ich mittlerweile weiß, untergebracht ist. Und dank dem guten Verhältnis, zwischen Lucas und dem Jugendamt, wartet im Nachbarraum genau dieser nun auf seine Mutter. Ich stehe daher aus der Hocke auf und halte Maya meine Hand hin. Diese ist immer noch verwirrt, ergreift sie aber und lässt sich von mir aus dem Sessel ziehen. Zusammen treten wir aus dem Büro und sehen Lucas am Empfangsthresen stehen. Fragend sehe ich ihn an und er versteht sofort, auf was ich hinaus will und deutet auf eine Tür links von uns. Lächelnd nicke ich ihm zu und trete dann mit Maya vor diese. Mit einer Hand am Türknauf schaue ich sie fragend an. "Bereit?". Immer noch sichtlich verwirrt nickt sie nur. Ich öffne die dunkle Holztür und sofort erblicken wir eine Frau, auf deren Schoß ein blonder Junge sitzt. Dieser kann die Zugehörigkeit zu seiner Mutter eindeutig nicht verleugnen, denn ich erkenne mehr von ihr in ihm, als von seinem Vater. "Tristan?", höre ich Maya ungläubig fragen und sofort richtet der kleine Junge seine braunen Augen auf uns. "Mama?", höre ich ihn nur und er bemüht sich, sich aus den Armen der Pflegemutter zu befreien. Nun weiß ich, dass Maya gut aufgehoben ist und verlasse den Raum um mit Lucas das weitere Vorgehen zu besprechen. Doch ich kann dabei nicht aufhören zu lächeln, denn diese Frau glücklich zu machen, auch wenn es nur für einen Moment ist, macht mich ziemlich glücklich.  

Richtig oder falsch?Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang