30. Kapitel

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Z A I R A




Rasch schloss ich die Tür, doch der Rauch hatte sich bereits in den Keller geschlichen und die Luft wurde stickig.

»Mami. Was los?«

»Schsch, alles gut.« beruhigte ich ihn. Meine Gedanken rasten. Ich konnte uns nicht durch die Treppe nach oben schaffen, das war unmöglich. Also musste ich einen anderen Weg finden. Brenda wusste, dass wir im Keller waren, jemand würde uns holen.

Koray hustete. »Mami?« Dann fing er an zu weinen.

Die Luft wurde immer stickiger. Mehr Rauch drang in den Raum.

»Nicht weinen, alles ist gut.« Ich eilte an die hinterste Ecke des Zimmers und setzte ihn ab. Dann riss ich mir einen Stofffetzen vom Kleid, kauerte mich vor ihn hin und drückte ihm den Stoff über Mund und Nase. »Mami muss das draufpressen, okay? Das wird dir helfen. Mami heilt dich.« Ich legte meine Hand über seinen Mund und meine Handfläche glühte goldig auf, hielt seine Lungen gesund, während immer mehr Rauch in meine drang.

Sein Husten stellte sich ein und er hörte auf zu weinen.

»Besser?« krächzte ich und zog mit meiner freien Hand den Ausschnitt meines Kleides über den Mund.

Er nickte, seine grünen Augen vor Schreck weit aufgerissen.

Bleib ruhig, Zaira. Für Koray, versuchte ich mich selbst zu beruhigen. Brenda hatte uns nicht vergessen, sie war bestimmt bald da, um uns zu hohlen.

»Okay, okay.« Momentan erreichte uns das Feuer noch nicht und die Tür würde uns einige extra Minuten verschaffen. Es war also der Rauch, um den ich mir Sorgen machen musste. Ich riss einen weiteren Stofffetzen von meinem Kleid ab. »Koray. Koray, sieh mich an, Schatz.« Als er seine Augen auf mich richtete, fuhr ich fort. »Kümmerst du dich um Beasty? Machst du das für mich?«

Koray, der seinen Drachen fest an sich gepresst hatte, nickte. »Ja, Mami.« nuschelte er hinter meiner Hand.

»Gut. Drück ihm das auf den Mund.« Ich reichte ihm den Fetzen und seine kleinen Finger griffen danach. Er machte, was ich gesagt hatte. »Das ist mein Junge.« Dann legte ich die andere Hand über meinen eigenen Mund. Meine Augen suchten panisch den Raum ab und entdeckten ein Fenster einige Meter über uns.

»Schön draufdrücken, okay?« hustete ich.

Koray drückte das Tuch fester auf Beastys Mund.

Dann stand ich auf, eilte durch den Raum zu dem Haufen alter Kindermöbel und packte den Kinderstuhl. Nach dem ich ihn unters Fenster gestellt hatte, nahm ich Koray in die Arme. »Schsch, wein nicht. Mami bringt dich hier raus.« Ich drückte ihn an mich, dann stieg ich mit ihm auf den Stuhl, der leicht unter mir wackelte. Koray klammerte sich so sehr an mir fest, dass ich ihn nur mit einem Arm halten konnte, die Hand an seinen Mund gelegt, während ich mit der anderen versuchte, an das Fenster zu gelangen. Ich musste mich richtig strecken, um den Hebel zu greifen, doch als ich daran zerrte, liess er sich nicht öffnen.

Ich versuchte es weiter. Meine Hand bebte. Schlipfte ab. Ich versuchte es erneut. Wuchtete mich mit aller Kraft daran, aber es liess sich nicht öffnen. Meine Wölfin kratzte angsterfüllt gegen meine Haut. Scheisse, scheisse, scheisse!

»Mami!« rief Koray und ich hörte die Panik in seiner Stimme. Es war, als würde ein Schalter in mir umlegen. Ich presste meine Hand auf meinen Bauch. Das waren meine Kinder hier. Ich würde sie beschützen, egal, was ich dafür tun musste. Vielleicht hatte mich Brenda vergessen, Aramis würde das nie. Er wusste bestimmt schon Bescheid. Er würde mich retten. Unsere Kinder musste ich retten.

Koray weinte in meinen Armen, als mich ein Hustenanfall überfiel. Und er kreischte auf, als die Tür zerbarstet und in Teile zersplitterte. Ich drückte ihn an mich, seinen Kopf an meinen Hals und schirmte ihn von den Splitterteilen ab. Dann brach das Feuer hinein und der Rauch verschlimmerte sich um ein zehnfaches.

Mit einem Arm hielt ich Koray an mir, mit dem anderen wuchtete ich meinen Ellbogen gegen die Scheibe. Einmal ... zweimal ... dreimal ... Mein Kleid riss auf und meine Haut blutete. Ich hustete. Dann holte ich erneut aus. Viermal ... fünfmal ... Dann zersplitterte sie.

»Koray, du musst mir jetzt zuhören, okay?« presste ich heiser hervor. Schweiss rann mir den Rücken hinunter.

Koray, der herzzerreissende Schluchzer von sich gab, sagte: »Mami, angst.«

Ich musste meine eigenen Tränen unterdrücken. »Ich weiss, Liahevu, ich weiss. Aber alles wird gut, das verspreche ich dir.« Ich hustete und es fühlte sich an, als ob Scherbensplitter in meiner Kehle steckten. »Ich heb dich hoch und du wirst aus dem Fenster klettern. Dann musst du schnell vom Haus wegrennen, verstehst du?«

»Mami!« Er weinte so heftig, dass er sich verschluckte, und seine kleinen Hände krallten sich in mein Kleid, als ich ihn hochzuheben versuchte. Er schrie. Meine Arme zitterten und meine Augen wurden feucht.

Das Feuer breitete sich im Zimmer aus, die Flammen wurden grösser. »Koray, du bist ein grosser Junge. Wie Daddy, ja?«

Tränen flossen wie Wasserfälle über seine Wangen und sein Gesicht war ganz rot. »Dadda, will Dadda.«

»Ja, Schatz. Ich heb dich hoch, und du gehst zu Daddy, ja? Du rennts ganz schnell weg zu Daddy.« Schweiss sammelte sich an meiner Stirn, rannen über meine Schläfe hinunter. Es war so heiss hier drin.

Ich drückte Koray noch einmal fest an mich, atmete seinen Duft ein. Ich liebte ihn so sehr. »Du musst Daddy rufen, okay? Ruf nach Daddy, er wird Mami helfen.« Ich überhäufter seinen Kopf mit Küssen, während stumme Tränen meine Wangen hinabflossen. »Ehsa teru eyan, Koray. Mami hat dich lieb. Mami hat dich so lieb.« Ich konnte das Schluchzten nicht verhindern, dass mir über die Lippen drang. »Jetzt verwandle dich. Wo ist dein Wolf, Schatz? Grrrr

Koray wandelte sich und kaum hielt ich den schwarzen, kleinen Wolfswelpen in den Händen, dessen drei Pfoten weiss waren, drückte ich ihn hoch. Es war die schwerste und gleichzeitig die einfachste Entscheidung, die ich je in meinem Leben fällen musste. Alles in mir weigerte sich, meinen Sohn von mir zu geben, und meine Brust zerriss, als ich ihn behutsam durch das schmale Fenster schob, durch das nur er passen würde. Aber es war der Moment, in dem ich realisierte, wieso meine Mutter mich damals weggeschickt hatte. Ich würde alles tun, damit Koray leben konnte. Würde durch die Hölle gehen, damit er noch einmal dieses sorgenlose Lachen von sich geben konnte, das die ganze Welt in Sonnenschein tunkte. Er musste leben. Auch wenn das bedeutete, dass ich es vielleicht nicht mehr konnte.

Sobald er festen Boden unter den Pfötchen hatte, sah er mich an.

»Na los, renn!«

Dann zischte er davon und ich verlor ihm aus dem Blick. Ich hörte das Krachen von Gegenständen, die zerbrachen und auf den Boden schmetterten, sah die Flammen, die immer näherkamen. Die Temperatur stieg. Meine Augen brannten vom Rauch, genau wie meine Kehle. Husten schüttelten meinen Körper.

Es gab keinen Ausweg mehr für mich.

Ich presste eine Hand auf meinen Mund, die andere auf meinen Bauch und schluchzte auf. Ich durfte dieses Baby nicht verlieren, nicht, wo ich es doch erst gerade herausgefunden hatte. Ich hatte es ihm nicht einmal erzählen können. Meine Wölfin wimmerte.

Aramis, wo bleibst du?


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