2. Kapitel

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G E O R G I E







Das war nicht gut. Ganz und gar nicht gut. Ich achtete auf den Waldboden, um nicht noch einmal zu stolpern – was in hohen Schuhen gar nicht einmal so einfach war - während ich von Beau mit einem festen Klammergriff rabiat immer weiter in den Nadelwald gezogen wurde. Er führte mich auf direktem Weg zum Lager der Heilerwerwölfe, dort, wo ich in einem kleinen Steinhaus wohnte.

»Beau, nicht so schnell!« Ich hatte zwar nur einen Drink gehabt, dennoch spürte ich, wie sich der Alkohol immer weiter in meinem Körper ausbreitete und es mir zunehmend schwerer machte, mit ihm Schritt zu halten. Unter jeden anderen Umständen, hätte ich den Teufel getan, um Beau das wissen zu lassen, doch so musste ich meine gesamte Konzentration darauf anwenden, nicht noch vor ihm auf die Nase zu fallen und mich noch mehr in die Misslichkeit zu reiten, in der ich ohnehin schon war. Obwohl sein Griff nicht ganz so fest war, spürte ich seinen unbändigen Ärger. Den Kopf stier nach vorne gerichtet, sah er mich kein einziges Mal an, während sein Mund versiegelt blieb. Ich wusste nicht, was mir lieber war. Diese angespannte, brodelnde Stille, die jeden Moment zu platzen drohte, oder seine unverblümte Wut, die mich früher oder später sicherlich verbal konfrontieren würde.

Seine kurzen, braunen kurzen Haare wirkten beinahe schwarz in der Nacht, genauso wie die Enden seines Tattoos, welche unter seinem Shirt hervorblitzte. Ich hatte es noch nie ganz zu Gesicht bekommen gesehen. Gerade fragte ich mich, wie es wohl aussehen würde, wie es sich anfühlen würde, jede Linie auf seiner Haut nachzufahren, als ich abermals stolperte. Himmel, was hatte Isaac in dieses Getränk gemischt?!

Beau musste es bemerkt haben, denn er stützte mich kurz mit seiner Hand auf, sodass ich nicht das Gleichgewicht verlor. Sobald ich mich gefangen hatte, beschleunigte er jedoch seine Schritte sofort wieder.

Ich unterdrückte ein genervtes Stöhnen. »Beau, bitte! Nicht so schnell.«

Meinen Einwand ignorierend verstärkte er sein Griff und marschierte noch schneller zwischen den Nadelbäumen hindurch. Sein olivenfarbenes Shirt spannte sich über seinen breiten Rücken, der nur aus stahlharten Muskeln zu bestehen schien und schmiegte sich perfekt an sie, sodass man jeden einzelnen Strang unter den Bewegungen hervortreten sah. Ich war ihm noch nie so nahegekommen, dass ich selbst erforschen konnte, wie sich seine Haut unter meiner anfühlen würde. Wie es wäre, meine Nase an seinem Hals vergraben und seinen Duft ganz tief in meine Lungen zu inhalieren. Mir wurde augenblicklich warm bei diesem Gedanken.

Ich biss mir auf meine Lippen und sagte dann nach weiteren stillschweigenden Minuten, in denen wir beinahe durch den Wald rannten: »Es tut mir leid, okay? Ich hätte nicht hingehen sollen.«

Abrupt blieb er stehen und liess mich los, sodass ich fast in ihn hineingelaufen wäre. Leicht schwankend konnte ich mich jedoch gerade noch davon aufhalten. Er drehte sich zu mir herum, nur Zentimeter trennten uns. Ich hob den Kopf, um zu ihm hochzuschauen.

Abgesehen von dem Blitzen in seinen Augen, war sein Gesicht so reglos, als wäre es aus Stein gemeisselt. Eine zehn. Er war eindeutig eine zehn. Markante Züge, sinnlichen Lippen und diese wundervollen Augen, die einem bis in die Nacht nicht mehr loslassen konnten.

»Das Soldatentraining fällt für dich morgen aus.«

Es war, als hätte er mir einen Eimer voll Eiswasser über mich gelehrt. Meine Augen weiteten sich. »Aber-«

»Du wirst ebenfalls von deinem Patrouillengang abgezogen.« unterbrach er mich schonungslos und es schwang kein Deut Mitleid in seiner Stimme.

»Beau!« Mein Mund klappte auf und ich wich einen Schritt zurück. Die Patrouillengänge waren die wichtigsten Einheiten des letzten Jahres der Ausbildung einer Soldatin. Jeder von uns wurde in eine Schicht mit einen ausgebildeten Gammasoldat eingeteilt, um so an die späteren Aufträge herangeführt zu werden. Es war eine Ehre, gleichzeitig eine grosse Verantwortung, die nicht so leicht vergeben wurde. »Das kannst du nicht tun!«

B E A U | ✔️Where stories live. Discover now