Atemlos

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22.Oktober, St. Barts
Es ist kalt im gerichtsmedizinischen Institut.
Ich fühle mich unwohl.

Es ist kalt und es riecht nach starken Chemikalien
und es ist still.
Klar, keiner mag Krankenhäuser. Aber das hier - das ist schlimmer.
Sherlock scheint unberührt - aber ihn erschüttert ja generell nichts - und John und Molly sind Ärzte und in ihrer Gegenwart kommt es mir fast so vor, als wäre ich mit meiner Abneigung unnatürlich.
Ich habe an Sherlocks Seite schon Leichen und Tatorte gesehen. Aber der Drang zurückzuweichen ist immer noch stark.
Amy Leeds ist blass, ihre Haut ist weiß und wirkt so dünn wie Papier.

,,Die Verletzungen sprechen dafür, dass sie erwürgt und nicht erdrosselt wurde", meint Molly gerade schüchtern und deutet auf die Male an Amy Leeds Hals.
,,Ihr Zungenbein ist gebrochen, es war einiges an Kraft nötig. Ich habe auch Einblutungen der Schilddrüsenkapsel gefunden."

,,Fingerabdrücke?", fragt John.

,,Er hat Handschuhe getragen", verneint Molly.

,,Jeder hinterlässt Spuren", meint Sherlock.

,,Erwürgen ist normalerweise eine Affekthandlung, oder?", will John wissen und verschränkt die Arme vor der Brust. ,,Aber er war dennoch so vorbereitet, dass er Handschuhe mitgebracht hat."

Molly blättert durch ihre Unterlagen. Der Kaffee, der neben ihrem Computer steht, muss mittlerweile kalt sein und auf dem Becher sind kitschige, grelle Sonnenblumen abgebildet. Der einzige Farbklecks im ganzen Raum.
,,Das erste Opfer hat Würgemale und Spuren, die auf Erdrosseln hinweisen. Er hat wahrscheinlich einen Gürtel benutzt. Es wurden auch mehr Abwehrspuren gefunden."

,,Das erste Mal war es nicht geplant", entscheidet Sherlock sofort.

,,Woher wissen Sie das?", fragte ich zögerlich und wende den Blick von Amy Leeds starrem Gesicht ab.

,,Er hat gezögert und die erste Frau hatte mehr Zeit sich zu wehren, da hat er ein Hilfsmittel benutzt. Es ist nicht leicht jemanden zu erwürgen, er hatte nicht mehr genügend Kraft oder er wusste noch nicht, wie er vorgehen soll."

Danke für die Alpträume, Sherlock. Ich schlucke.

,,Wie lange dauert so etwas?" Erst jetzt merke ich, dass ich die Frage laut ausgesprochen habe.

John räuspert sich.

,,Der Tod tritt meist durch Ersticken ein, als durch das Unterbrechen der Blutzufuhr zum Gehirn", sagt er vorsichtig und beobachtet meine Reaktion. 
,,Das Opfer bleibt zunächst bei Bewusstsein und die Atemfrequenz und der Puls steigen, bis beides nachlässt und es zum Kollaps kommt. Als letztes setzt die Schnappatmung ein. Ab drei Minuten Kreislaufstillstand sind Hirnschäden sehr wahrscheinlich, nach acht bis zehn Minuten tritt der Hirntod ein."

Ich nicke nur.

,,Es war emotional", sagt Sherlock. ,,Und eine Demonstration von Macht. Er musste nicht einbrechen, also haben Sie ihn willentlich herein gelassen. Sie kannten ihn oder sie haben ihm aus einem anderen Grund vertraut."

Bevor wir das Labor verlassen, drehe ich mich noch einmal kurz um und mein Blick fällt auf die gelben Sonnenblumen und bleibt daran für einen Moment hängen, bis ich mich abwende.



22.Oktober, Baker Street
Es ist bereits dunkel, als ich die Treppe zu meiner Wohnung hochsteige.
Auch wenn die Stadt gerade kurz davor steht einen weiteren Serienmörder zu bekommen, habe ich noch einen anderen Job, den ich nach Möglichkeit nicht verlieren möchte.
Außerdem habe ich nicht das Gefühl, dass Sherlock mich noch weiter braucht.
Also halte in den Nachmittag über Seminare, auch wenn ich in Gedanken nicht ganz bei der Sache bin und einer der Studenten dreimal die gleiche Frage stellen muss, bis ich antworten kann.
Vielleicht ist heute einfach nur ein schlechter Tag gewesen.

days at bakerstreetTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang