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Vorsichtig tupfe ich mir die kleine blutende Wunde auf meiner Nase ab und kann mir dabei kein schmerzhaftes aufzischen unterdrücken. "Geht's?", erkundigt sich Jamie, die fragend zu mir rüber sieht.
Erst mir diese scheiße verpassen und dann noch fragen ob es geht. Naja, hat die gleiche Logik wie unser spontaner Zusammenschluss. "Ich bin jetzt fertig, können wir wieder?", frage ich ungeduldig und ohne auf ihre vorherige Frage einzugehen, nachdem ich das Papierhandtuch in den Mülleimer neben dem Waschbecken geworfen habe.
"Jap", entgegnet sie knapp und öffnet die Tür, um wieder nach draußen zu gehen.
"Und was sollen wir jetzt machen?", frage ich sie und bleibe kurz stehen, um mich umzusehen. Auch sie bleibt stehen und deutet mit ihrem Blick auf die große Uhr, die an der Wand hängt. Ich bin schon seit knappen drei Stunden weg. Irgendwie hat sich das insgesamt kürzer angefühlt.
"Also entweder wir fahren irgendwo hin und übernachten da oder wir bleiben hier", erläutert sie die zwei bestehenden Optionen und endet mit einem fragenden Blick auf mir. "Keine Ahnung, Mann. Ist irgendwie beides ziemlich scheiße", murmle ich leise und scanne weiter den Bahnhof ab. Dieses Mal ist diese Tat sogar gar nicht so schlecht.
"Die Bullen, hau ab", zische ich Jamie zu und gehe mit schnellen Schritten in die entgegengesetzte Richtung der Beamten.
Erschrocken dreht sie sich um und verschnellert ebenso ihren Gang.
"Die haben uns gesehen, renn", meint sie knapp und sprintet los. Ohne groß zu zögern folge ich ihr. Schon nach mehreren Minuten jedoch merke ich, dass meine Rippen das nicht wirklich toll finden.
"Jamie, ich kann nicht mehr", rufe ich dem Mädchen hinterher und werde langsamer.
Kaum eine Sekunde später werde ich auch schon an meinem Arm gepackt und somit am weiteren Wegrennen gehindert.
"Dann bleib halt stehen", meint der Polizist knapp und grinst leicht. Das kann er sich gleich wieder einstecken. "Luna Amsig?", fragt er kurz darauf auch wieder, was ich mit einem betretenen Nicken bestätige. Mein Blick geht zu Jamie, die in etwas Entfernung ebenso stehen geblieben ist und nun von dem zweiten Beamten genervt wird. "Du bist vermisst gemeldet, ist dir das bewusst?", kommt es leicht vorwurfsvoll von dem Polizisten.
Mehr als ein schulterzucken als Antwort bekommt er jedoch nicht.
"Geht's dir denn gut? Woher kommen die Verletzungen?" Ich seufze lautlos auf. Warum kann eigentlich nie was klappen bei mir? "Kleine Prügelei", mumle ich ziemlich leise. Ich bezweifele sogar, dass er es verstehen konnte. Dieser Zweifel wird mir aber sofort genommen, als der Beamte ein skeptisches Nicken los wird.
"Nun gut, dann kommt ihr erst einmal mit zur Wache und wir rufen dann eure Eltern an", beschließt der Mann und nickt kurz seinem Kollegen zu, der mit Jamie im Schlepptau zu uns kommt.

"Also, die Eltern sind informiert. Wollt ihr uns jetzt Mal erzählen warum ihr abgehauen seid?" Stumm tausche ich einen Blick mit Jamie aus, die mir ebenso einen hilflosen Blick zu wirft. Zumindest schaut es nicht so aus, als würde sie mit der Sprache heraus Rücken wollen.
"Ach, so gesprächig gleich", kommentiert der zweite belustigt, was mich nur unauffällig die Augen verdrehen lässt.
"Kann ich auf die Toilette?", kommt es plötzlich von Jamie, was mich überrascht. Dennoch ist es eine ziemlich gute Möglichkeit dieser unangenehmer Atmosphäre zu entkommen. Vor allem weil die Beamten das ja nicht verneinen können. Stattdessen wird das Mädchen kurz darauf von einem der Polizisten nach draußen begleitet. Leise seufzend blicke ich auf den Boden. Inzwischen hoffe ich sogar schon, dass Mama endlich vorbei kommt, um mich abzuholen.
Auch wenn die Stimmung Zuhause wahrscheinlich genau so komisch sein wird, ist es trotzdem besser, als hier.
"Willst du mir jetzt den Grund sagen?", probiert der Beamte es erneut und blickt mich wartend an. Vorsichtig hebe ich meinen Kopf wieder, spiele mit dem Gedanken, ob ich es ihm wirklich sagen soll und entscheide mich letztendlich
auch dafür.
"Meine Mutter will nach Berlin ziehen, aber ich nicht", formuliere ich eine ziemlich knappe Antwort, woraufhin mein Gegenüber nur verständnisvoll nickt.
Wobei ich mei aber ziemlich sicher bin, dass das nur eine höfliche, Bedeutungslose Geste ist. "Aber darüber kann man doch sprechen, du musst doch nicht deswegen abhauen" Schulterzuckend weiche ich seinem Blick aus.
Wenn das nur so einfach ginge..

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Tja

Man liest sich im nächsten Teil<3

ASDS// After the RainWhere stories live. Discover now