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"Zeig Mal deine Arme"
Verwirrt sehe ich zu Alex. Was will der denn jetzt? "Hä?" Er tauscht nur einen kurzen Blick mit Papa und meiner Mutter aus.
"Du hast mich verstanden", meint er und sieht mich auffordernd an.
Augenrollend lasse ich ihn meine Unterarme mustern.
"Also Einstichstellen kann ich jetzt nicht erkennen", murmelt er. Ja ach ne.
"Warum sollten da auch welche sein?
Ich hab euch schon tausendmal gesagt, dass ich das nicht nehme. Aber mir glaubt ja hier keiner", mache ich meinem Ärger Luft und stehe auf.
Eine kurze Zeit herrscht nur Stille. Während ich etwas verloren in der Gegend herum stehe, sitzen die drei auf dem Sofa und tauschen teils überforderte Blicke aus.
"Isst du regelmäßig?", möchte Papa plötzlich wissen. Dieses Mal liegt es an mir überfordert zu sein, wobei mein Blick mich wahrscheinlich teilweise schon verrät. So ertappt wie ich mich fühle, werde ich wohl auch aussehen.
"Aber du hast doch immer gesagt, du hast gegessen", kommt es leise von Mama.
Ich hab das Gefühl, dass sie ziemlich enttäuscht ist. Zumindest klingt es so.
Eine Sache, die mich irgendwie sehr trifft.
Ich mag es nicht, wenn sie enttäuscht ist.
"Heroin führt zu Appetitlosigkeit", murmelt Papa und sieht mit einem, für mich, nicht deutbaren, Blick an. Gefühlt zum tausendsten Mal rolle ich mit den Augen.
"Was ist eigentlich dein scheiß Problem? Ich nehm' keine Drogen und das hab ich auch noch nie. Langsam hab ich des Gefühl du willst mir mit Absicht einreden, dass ich Heroin nehme", gifte ich meinen Vater aufgebracht an und gehe in den Flur. Mein eigentlicher Plan war eigentlich nach draußen zu verschwinden, um dem hier zu flüchten, jedoch treffe ich dort eine Person an, die mir einen fetten Strich durch die Richtung macht. Jamie.
Nicht wirklich die richtige, so wie ich momentan drauf bin.
"Was hast du dir eigentlich dabei gedacht? Ich nehm' dich in Schutz, verpetz dich nicht und dann kommst du her und erzählst irgendeine scheiße! Du bist so ein verlogenes Stück-", weiter komm ich nicht, da mich eine Hand auf meiner Schulter ablenkt. Schwungvoll drehe ich mich um und haue dabei meinem Vater, der hinter mir steht, fast eine runter.
"Lou, ganz ruhig", spricht er beruhigend und zieht mich vorsichtig etwas von Jamie weg. Wahrscheinlich hat er Angst, dass ich noch auf sie losgehe oder so.
Naja, so schlecht finde ich die Idee gar nicht.

"Jamie, sei ehrlich. Hast du die Wahrheit gesagt?", wendet er sich dieses Mal direkt an das Mädchen. Ein Funken Hoffnung schleicht sich in mir hoch. Wenn er sie so direkt fragt, vielleicht steht er dann doch ein bisschen auf meiner Seite.
"Warum sollte ich lügen? Ich hab's nicht nötig andere Leute zu beschuldigen. Im Gegensatz zu ihr", redet sie sich raus und endet mit einem giftigen Blick auf mir. Fassungslos atme ich aus und sehe zu Papa, dessen Blick wieder skeptisch auf mich fällt. Er glaubt mir nicht.
Ich spür das doch.
"Lou vielleicht sollten wir-" Weiter lasse ich ihn gar nicht kommen. Stattdessen unternehme ich einen zweiten Fluchtversuch und möchte zur Tür raus.
Zum zweiten Mal werde ich aber aufgehalten. Dieses mal ist es der Griff meines Vaters, der mich am gehen hindert.
"Luna, bleib hier!", meint er ernst. Warum sollte ich? Mir werden doch eh nur Vorwürfe gemacht und ich werde für einen Junkie gehalten. "Bitte", schiebt er etwas netter hinterher und schließt die Wohnungstür wieder. Jamie hat sich inzwischen in ihr Zimmer verzogen.
Besser für sie. Statt ihr stehen jetzt aber Alex und Mama mit im Flur, die die Situation genaustens beobachten
"Hör mir zu, mein Vorschlag ist es, dass wir ins Krankenhaus fahren und da einen Bluttest machen.", erklärt er mir seine Idee. Ungläubig sehe ich ihm entgegen. An sich ist es wirklich keine schlechte Idee, aber der Punkt, dass er unbedingt meint ins Krankenhaus zu müssen stört mich ziemlich. Zudem sie dort wahrscheinlich jedem direkt erzählen werden, ich würde abhängig sein oder was weiß ich noch alles "Und warum direkt Krankenhaus? Reicht da nicht der stinknormale Hausarzt?", entgegne ich und verschränke wieder einmal meine Arme. "Es geht mir darum, dass man wenn wirklich eine Sucht festgestellt wird, dir gleich helfen kann", erläutert er geduldig. "Wenn du kein Heroin nimmst solltest du doch nichts dagegen haben", mischt sich Alex von der Seite an, woraufhin ich nur mit meinen Augen rolle. "Gut, aber ich sag's gleich, ihr habt mir nicht geglaubt und das werde ich euch definitiv nicht so schnell verzeihen", stelle ich mit Nachdruck klar und ziehe mir meine  Schuhe an. 
Das werde ich ihnen insgesamt sicherlich noch eine Weile lang vorwerfen.

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not Luna being pissed

Man liest sich im nächsten Teil<3

ASDS// After the RainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt