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"Papa", bemerke ich leise und mustere den Mann der vor mir steht.
"Luna du-" Auch er scheint auf den ersten Moment auch ziemlich überfordert. Wahrscheinlich hat er mit allem, außer mit mir gerechnet.
"Du hattest irgendwie auch Mal mehr Haare auf dem Kopf", meine ich schmunzelnd, nachdem ich ihn ausgiebig betrachtet habe. Auch er wird sofort davon ab angesteckt.
"Möchtest du mit rein kommen?", bietet er an und blickt mich unsicher an.
Zögernd nicke ich. Die erste Begegnung nach über sechs Jahren habe ich mir irgendwie auch anders vorgestellt.
Naja, das alles insgesamt habe ich mir auch irgendwie anders vorgestellt, wenn man's genau nimmt. Unsicher beobachte ich ihn dabei, wie er den Schlüssel aus seiner Jacke zieht und kurz darauf damit die Tür öffnet.
"Wir müssen in den zweiten Stock", informiert er mich und geht schonmal die Treppen nach oben. Eher langsam folge ich ihm und warte oben zum zweiten mal, dass er die Wohnung aufschließt.
Währenddessen sticht mir das Klingelschild ins Auge.
Dreier & Neumann steht drauf. Na toll.
Das heißt meine Vermutung, dass er eine Frau hat, hat sich bestätigt. Am liebsten würde ich direkt wieder umkehren, aber bei dem ersten Wiedersehen nach über sechs Jahren käme das irgendwie nicht so gut.

"Möchtest du was trinken?", erkundigt er sich und legt seine Sachen im Flur ab.
Knapp nicke ich und folge ihm in die Küche. Natürlich nicht ohne auf dem Weg dorthin die große Wohnung genaustens zu mustern. Hier und da stehen noch ein paar Kartons herum, ein Hinweis dafür, dass er wohl erst vor mehreren Tagen hier her gezogen ist. Ohne den Blick von ihm zu lösen, setze ich mich auf einen der Stühle.
"Darf ich dich mal was fragen?", fragt er vorsichtig, als er mir ein Glas mit Wasser reicht und setzt sich gegenüber von mir hin. Wieder einmal nicke ich und weiche seinem Blick nervös aus.
Es ist total komisch inm nach so langer wieder gegenüber zu sitzen.
"Wie kommt's dazu, dass du plötzlich hier auftauchst? Also nicht falsch verstehen,  ich finds toll, dass du hier bist, aber die ganzen Jahre hast du dir ja gar nichts von dir hören lassen"
Zwischenzeitlich klingt auch er leicht überfordert. Irgendwie hab ich das Gefühl, dass er ein bisschen Angst hat mich direkt wieder zu verlieren. Jetzt ist aber erstmal Zeit für ein paar Erklärungen.
Immerhin geht er ja noch davon aus, dass der fehlende Kontakt von mir ausging.

"Ich hab ehrlich gesagt eben erst erfahren, dass du mir die Briefe geschrieben hast. Mama hat sie vor mir versteckt", murmle ich leise und hole tief Luft,"Wir hatten eben Streit und ich bin abgehauen"
"Und deswegen bist du hier", vollendet er dir Erzählung, worafhin ich, gefühlt zum tausendsten Mal, nicke.
"Also kurz zum mitschreiben.
Deine Mutter will nicht, dass wir Kontakt haben, du hast das rausgefunden, ihr habt gestritten und du bist ohne, dass sie es weiß hergekommen", wiederholt er nochmal und beendet seine Erzählung mit einem Blick zu mir, der eine Mischung aus Verwirrt und fragend ist.
"So ziemlich?", beantworte ich ihm und schiebe das Wasserglas nervös zwischen meinen Händen hin und her.
Ich schätze Mal, dass auch er jetzt erstmal relativ überfordert mit der gesamten Situation ist. Die komische Stille, die kurzerhand entstanden ist, wird wenige Augenblicke danach durch das aufschließen der Haustür unterbrochen. Verwirrt sehe ich ihn an.
"Das wird Anna sein", klärt er knapp auf und erhebt sich. "Deine Freundin?", forsche ich leise nach. Dieses Mal ist er derjenige, der nickt. Nervös sehe ich mich in der Küche um. Das, was ich bis jetzt noch gar nicht gemacht habe.
Am liebsten würde ich direkt aus dem Fenster springen und die wieder abhauen. Aber aus dem zweiten Stock ist das vielleicht nicht ganz so praktisch.
Da bleibt mir wohl nur noch eins: sie kennenlernen und irgendwie freundlich sein.

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✨irgendwie freundlich sein✨  ja lol ey

Man liest sich im nächsten Teil<3





ASDS// After the RainWhere stories live. Discover now