18. Kapitel

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"Was soll das heißen, uns wird die Position nicht gefallen?", hakte Liv nach.

"Kommt mit ich zeig e....", Lorcan wurde von einem ohrenbetäubenden Knall unterbrochen und wie aufs Kommando begann der Berg unter unseren Füßen zu beben. Ich taumelte nach rechts und nach links, bis ich schließlich zu Boden fiel und mich krampfhaft versuchte an etwas festzuhalten.

Nach ein paar Sekunden verebbte das Erdbeben und ich fragte zitternd: "Was war das gerade?"

In Runes Augen spiegelte sich meine Angst wieder und er murmelte: "Folgt uns."

Wir taten was er sagte und begaben uns bis an die Spitze. Schon von näherem hörte ich ein leises Brodeln und Blubbern. Es ist doch nicht etwa, doch meine Vermutungen trafen zu, es war ein aktiver Vulkan.

Wir schritten vorsichtig immer näher zur Kante und wagten uns schließlich über den Krater drüber zu schauen. Ich erstarrte als mir die pralle Hitze ins Gesicht schoss und die zähflüssige Lava ihren Weg nach oben suchte, weswegen ab und zu eine Fontäne in die Höhe schoss.

"Nein oder...", keuchte Liv entsetzt und ich verfolgte ihren Blick, bis ich es entdeckte.

"Doch, der Gateway liegt direkt im Vulkan, schwebt dort sozusagen in der Luft kurz über dem See aus Lava und Magma."

Wir zogen uns fürs erste zurück und setzten uns in der Nähe unter einen Felsvorsprung. Ich kuschelte mich tiefer in meinen Pullover, denn obwohl die Sonne schien war es hier oben verdammt kalt.

"Also was machen wir jetzt. Ich schätze mal es gibt hier keine Treppe.", gab Elian entmutigt von sich und lehnte sich zurück.

Stille, niemand wusste so wirklich wie es jetzt weitergehen sollte und jeder war in seinen Gedanken vertieft, bis ich das Schweigen durchbrach: "Leute wir können nicht so kurz vor dem Ziel aufgeben! Wir packen das, hast du doch selbst gesagt Liv. Zusammen schaffen wir das schon und ich will in dieser Welt nicht den Rest meines Lebens verbringen, da sterbe ich lieber und hab kein schlechtes Gewissen, dass ich es nicht einmal versucht habe."

"Haru hat recht...", bestätigte Lorcan und streckte sich.

Die anderen fingen auch langsam an zu nicken und ich fragte: "Wie funktioniert denn das Reisen durch den Gateway? Wie nahe müssen wir dem Ding kommen um in die nächste Dimension zu gelangen?"

"Naja an sich funktioniert es wie ein schwarzes Loch, wir müssen es also nicht genau treffen. Vielleicht kann man an der Wand hinunter klettern oder rutschen.", schlug Rune vor und hielt seine Stirn fest im Griff.

"Oder wir springen...", murmelte Kiran und kassierte dafür meinen entsetzten Blick. Liv schüttelte energisch ihren Kopf und meinte: "Viel zu gefährlich!"

"Aber wir haben keine Zeit mehr...", seufzte Lorcan und klopfte Kiran auf die Schulter. "Ich wäre für Kirans Vorschlag."

"Lieber jetzt sterben als sich langsam aufzulösen!", stimmte Elian zu und gesellte sich zu den zweien.

"Ihr seid doch Lebensmüde...", knurrte Liv und stellte sich auf Runes Seite. Auf einmal blickten alle mich an und mir wurde unbehaglich.

"Für was stimmst du?", fragte Kiran und alle warteten gespannt auf meine Antwort.

"Ich... Ich bin auch für das springen.", gab ich kleinlaut zu und stellte mich neben Lorcan.

"Wenn ich drauf gehe, bringe ich euch sowas von um.", zischte Liv verärgert und schlug ihrem großen Bruder gegen die Schulter.

"Keine Sorge Schwesterherz...", meinte dieser nur. Wir schlichen wieder zu dem Krater und blickten über die Kante.

"Da hinten ist ein Vorsprung der in den Berg hinein ragt.", erzählte Kiran und deutete auf eine etwas entferntere Stelle. Beim genaueren hin sehen konnte man einen langen schmalen Felsen erkennen, der weit in den Krater hinein reichte.

"Den werden wir benutzen.", entschied Lorcan bestimmt und so schnell wir konnten, liefen wir um den Vulkan herum und betrachteten es von der anderen Seite.

"Sieht recht stabil aus", kommentierte Elian und trat mit einem Fuß vorsichtig auf den Felsen, "wenn wir genug Anlauf nehmen schaffen wir es locker."

Ein mulmiges Gefühl breitete sich in meiner Magengegend aus, ich war noch nie ein Fan von Bungee Jumping und das auch noch ohne Absicherung.

Plötzlich bereute ich meine Entscheidung und wünschte ich hätte mich für Runes Vorschlag entschieden, aber nun war es schon zu spät.

"Noch ein kurzer Hinweis, die nächste Dimension ist das was ihr den Himmel nennt. Es sieht sicherlich nicht so aus wie ihr es in den verschiedenen Religionen darstellt, aber dort wandeln die Seelen von allen Verstorbenen. Ignoriert die Schreie und Rufe, selbst wenn sie euren Namen kennen, ignoriert sie. Mein Vater hat mir von vielen Menschen erzählt die sich in der Dimension verloren haben, weil sie den unzähligen Rufen gefolgt sind. Es gibt dort Wesen die nur darauf warten, dass sich Menschen von den Schreien leiten lassen um sie dann auf brutalste Weise zu töten und zu verschlingen.", erklärte Lorcan ernst.

Danke für die Aufmunterung, dachte ich ängstlich und fing an zu zittern.

"Also gibt es ein Leben nach dem Tod?", fragte Kiran ungläubig drein blickend.

"Naja Leben kann man das nicht nennen, aber ja eure Seelen verschwinden nicht einfach so. Sie gelangen an den Ort und bleiben da für immer und ewig.", antwortete Rune.

"Was sehen wir oder tun wir dann da?", hakte ich nach und versuchte mir vorzustellen wie es wäre da als Geist umher zu hüpfen.

"Das dürfen wir euch nicht sagen oder erklären. Ihr werdet es irgendwann schon selbst erfahren.", meinte Liv und legte ihre Hand auf meine Schulter.

"Leute wir sollten hier nicht unsere Zeit mit sinnlosem Gerede verschwenden. Lorcan hat sie gewarnt und mehr können wir auch nicht tun.", beendete Elian die Unterhaltung.

"Wir sollten uns jetzt auf das Wesentliche konzentrieren oder wollt ihr von der Lava geröstet werden?"

Alle schüttelten den Kopf.

"Dann mal los", befahl Lorcan und wir alle traten einige Schritte zurück.

Ich griff automatisch nach Kirans Hand, was er nur mit einem kurzen Blick kommentierte und schließlich auch meine Hand umschloss.

"Auf eins rennen wir los.", sagte Rune.

Zusammen zählten wir runter: "Drei, Zwei, Eins! Los!" Wir rannten so schnell es unsere Beine erlaubten und ich hatte das Gefühl zu fliegen so schnell sprinteten wir auf den Abgrund zu. Mit zwei letzten riesen Sätzen sprangen wir und ich schrie auf vor Adrenalin.

Wild fuchtelte ich mit meinen Armen und Beinen in der Luft und verlor so Kirans Arm. Der aber zischte wie ein Blitz an mir vorbei und schien richtig Spaß zu haben. Ich versuchte mich in der Luft zu drehen und erhaschte einen Blick auf Lorcan und Liv, die Hand in Hand auf den Gateway zusteuerten.

Plötzlich bemerkte ich auch, dass ich viel weiter entfernt war von den anderen und bekam Panik. Was ist wenn ich nicht nahe genug an das Portal herankomme?

Die Angst schnürte mir die Kehle zu doch trotzdem schrie ich: "Hilfe!"

Entsetzt wandten alle ihre Köpfe zu mir und realisierten geschockt, dass ich es nicht schaffen werde.

Kiran der mir am nächsten war brüllte: "Nimm meine Hand!" Ich streckte mich, was er mir gleich tat und kurz berührten sich unsere Hände, doch schon verlor ich ihn wieder aus den Augen, da eine heiße Luftwolke mich durchschüttelte und mich wie eine Feder im Wind hin und her warf.

Die Lava kam mir gefährlich nahe und ich sah Rune schon durch den Gateway verschwinden, Kiran ein Stück über ihm. Ich war einige Meter entfernt und wusste nun was kommen würde.

Eine vereinzelte Träne sammelte sich in meinen Augen und ich flüsterte: "Es tut mir leid..."

Das letzte was ich hörte bevor mich die brennende Hitze verschluckte war Kiran: "Haru! Nein, NICHT!"

Ein grelles Licht. Ein kläglicher Schrei. Meine Haut brannte. Ich verlor meinen Verstand. Die Schmerzen, sie sind so unerträglich. Eine Kraft. Ein Augenblick. Ein Herzschlag, dann war alles still.

...

Sterne auf AbwegenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt