5. Kapitel

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Ich hatte keine Uhr, kein Handy, gar nichts.. Ich wusste also weder wie spät es war, noch wie ich Riley oder gar die Polizei erreichen sollte.

Es dämmerte bereits, während ich schon länger mit dem Gedanken spielte einfach irgendwo zu klingeln, doch ich traute mich nicht so recht. Ich wollte nicht als hysterische Furie abgestempelt werden und noch weniger als verrückt. Hier in meinem Ortsteil wollte keiner etwas mit dem anderen zu tun haben. Jeder kümmerte sich ausschließlich um sich selbst, weshalb auch so gut wie immer eine entspannte und idyllische Stimmung herrschte. Keiner wollte Ärger und noch weniger wollte irgendjemand in irgendetwas hineingezogen werden. Jeder wollte seine Ruhe. Wer würde mir da schon zuhören, wenn ich erzählen würde, dass sich seid ein paar Stunden fünf Verbrecher in meinem Haus eingenistet hatten? Wenn ich dann auch noch davon anfangen würde, dass sie gerade ganz 'zufällig' mal mein Haus verlassen hatten, sodass ich die Chance hatte abzuhauen, würde mir doch jeder die Tür vor der Nase zu schlagen. Ich lebte einfach in keiner Gegend, die dafür bekannt war, dass sich hier irgendwelche Gangs oder gar brutale Verbrecher aufhalten.

Seufzend schlenderte ich also weiter, wobei meine Füße bereits mehr als schmerzten. Bei meiner Flucht vor wenigen Minuten war es mir völlig egal gewesen, worüber mich meine Füße trugen, Hauptsache weg! So kam es also, dass ich über Kieswege und andere unebene Straßen rannte, wobei sich die kleinen Kieselsteine schmerzhaft in meine Haut gebohrt hatten. Ich hatte bereits eine kurze Pause eingelegt, doch für mehr blieb mir keine Zeit. Ich musste schleunigst die nächste Straßenbahn erreichen! Kein Bus fuhr zeitnah und ich musste jetzt dringend zu Riley. Allein war ich einfach verloren und er wusste bereits seid ich hier wohnte, was das beste für mich war. Er traf die meisten Entscheidungen für mich und fuhr mich herum. Ich wollte und konnte es leugnen so viel ich wollte, aber ich war einfach kein Stadtmensch.. würde ich nie sein. Auch das es bereits sechs Monate waren, in denen ich hier lebte, änderte daran nichts. Ich war verloren in der Menge von Straßen und Menschen. Die ganzen Informationen und Medien um mich herum stiegen mir zu Kopf. Seid sechs Monaten muss ich regelmäßig nachfragen, wann die nächste Bahn fährt, um mich überhaupt ein bisschen fortbewegen zu können. Ich weiß nicht, ob das normal war, aber ich war hier in London einfach orientierungslos, alles um mich herum schüchterte mich ein und zeigte mir täglich aufs neue, was für ein winziger Mensch ich doch gegen all das hier bin. Ich brauchte einfach weite Wiesen und Felder. Einen Kirchturm, welcher bereits von weitem zu sehen war. Tiere, die genüsslich neben langen Wäldern grasten. Ich brauchte ganz einfach Land! Ich war schon immer ein Dorftrampel gewesen und ich werde auch immer einer bleiben. Ich werde mich niemals in einer Großstadt zurecht finden, da ich mich hier einfach nicht zu Hause fühlte, doch was macht man nicht alles für seine Zukunft.. Auf dem Land hätte ich sicherlich ebenso irgendwo ich Chance gehabt mein Medizinstudium zu absolvieren, doch was ist das schon im Vergleich zu London?!

Meine frierenden Füße brachten mich wieder zurück ins Hier und Jetzt und erinnerten mich erneut daran, in was für einer Situation ich steckte. Ich durfte jetzt nicht träumen und herum trödeln, sondern musste mich schleunigst auf den Weg zur Bahnstation machen. Es war nicht mehr weit. Noch diese Straße entlang und anschließend zwei mal abbiegen. Was mir also gerade viel größere Sorgen bereitete, war die eingetretene Dunkelheit. Wie gesagt es war nicht mehr weit, dafür jedoch ziemlich finster. Klar es gab Straßenlaternen, die mir den Weg wiesen, doch ich kam ja bei Tageslicht schon kaum klar und außerdem denke ich nicht, dass ich die einzige bin, die sich ein wenig im Dunkeln fürchtet, noch dazu wenn sie gerade wortwörtlich auf der Flucht vor fünf Irren ist.

Ich lief also ein wenig schneller, wobei mein Atem helle Spuren in der Luft hinterließ. Ich spürte das Rauschen meines eigenen Blutes, während sich auch mein Herz meinem Tempo anpasste und immer schneller schlug. Ich atmete tief durch, als ich die Bahnstation mehrere hundert Meter vor mir erblickte, als ich jedoch einen Schrei vernahm.

thief of my heart ~stay with me #1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt