8. Kapitel

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Darin konzentriert möglichst schnell zu sein, dennoch zitternd, lief ich am Geländer entlang, bis ich endlich das Ende meines Balkons erreicht hatte. Ich blickte hinüber zu meinem nächsten Ziel.

Zu meinem Glück war das Dach meines Nachbarhauses nicht ganz so steil, sodass ich eventuell problemlos, abgesehen von der Höhe, darauf laufen könnte. Etwa ein Meter trennte mich von dem Haus. Ein Meter, der mir in dieser Situation riesig vorkam. Ein Meter, der darüber entscheiden könnte, ob ich hier heil oder mit einem Genickbruch raus kommen würde.

Meine Hände schwitzten, als ich mit der einen das Geländer los ließ und nach der Dachrinne auf der anderen Seite griff. Ich keuchte auf, als ich sie erreichte, mich daran abstütze und mein erstes Bein folgen ließ. Aus meiner Wohnung hörte ich inzwischen laute Stimmen, was meinen Körper wortwörtlich zum Beben brachte. Schwer atmend krallte ich mich an einzelne Dachziegel und kletterte das letzte Stück hinüber. Ich schluckte schwer, als ich nach unten blickte. Oh Gott, was tu ich hier eigentlich?

'Abhauen?! Dich in Sicherheit bringen?! Dein Leben retten?!', schrie eine Stimme in meinem Kopf, woraufhin ich mir sofort wieder bewusst machte, um was es hier eigentlich ging.

Auf allen Vieren kroch über die rauen Dachziegel und spürte, wie sich der Stoff meiner Hose an meinen Knien immer mehr aufzulösen schien. Ich atmete tief durch als ich vorsichtig weiter krabbelte.

Einzelne Ziegeln wackelten vor sich hin, was mein Herz jedes Mal aufs Neue zum Stillstand brachte. Ich sah mich bereits mehr als einmal vom Dach fallen. Mein Blick fiel über meine Schulter hinweg, hinüber auf meinen Balkon, dessen Türe zu meinem Glück noch immer verschlossen war.

„Ganz ruhig Mia. Du packst das. Du bist eine starke, selbstbewusste Frau.", murmelte ich vor mich hin und würde später vermutlich genügend Zeit haben, mich über diese Worte lustig zu machen.

Meine Beine fühlten sich an wie Pudding und würde ich nicht bereits auf meinen Knien unterwegs sein, wäre ich längst unter ihnen zusammengebrochen. Zitternd kroch ich weiter, bis ich am Ende des Daches angelangt war. Was nun? Mutig blickte ich über den Rand hinweg und schluckte schwer, bevor ich meinen Kopf blitzschnell wieder zurück zog. Diese Höhe...

Hilflos sah ich mich um. Springen kam nicht in Frage. Das Dachfenster einzuschlagen, um mich eventuell selbst noch verhaften zu lassen wohl auch nicht. Meine Arme zitternden unter mir, sodass ich Angst hatte, jeden Moment den Halt zu verlieren. Panisch blickte ich erneut nach hinten, um Zayn und Liam durch meine Balkontür im Wohnzimmer herum hetzten sah. Ich schnappte nach Luft und schaute schnell weiter nach einem Fluchtweg, welchen ich letztendlich in einem einfachen Baum sah.

Er war etwas kleiner, als das Haus, auf dem ich mich gerade befand, doch mir blieb keine Wahl. Langsam überwand ich das letzte Stück des Daches und war nun ganz vorne an der Dachrinne angelangt. Ich wollte nicht noch einmal nach unten sehen, doch ich musste jetzt, um nicht einfach blind auf den Ast zu zuspringen. Ich konnte jetzt nichts weiter, als hoffen, dass er mich aushalten würde.

„Stark und selbstbewusst.", stotterte ich erneut und fügte noch ein leises 'mutig' hinzu, bevor mich ein Schrei von hinten dazu beflügelte abzuspringen.

Mein Atmen stockte, mein Herz stand still, während ich wenige Meter durch die Luft segelte und anschließend unsanft das Holz unter mir spürte. Meine Augen rissen sich auf, während ich abrutschte und panisch versuchte festen Griff um den Ast zu bekommen. Ich musste mich zusammenreißen nicht lauthals nach Hilfe zu rufen, zu groß war die Gefahr, dass mich die falschen finden würden. Mit letzter Kraft zog ich mich hoch auf den Ast und kletterte von da aus an den Baumstamm. Dort lehnte ich mich zunächst an und atmete ein paar Mal tief durch. Ich schloss die Augen und ließ die frische Luft meine Lungen durchfluten und mein Herz normal schnell schlagen.

thief of my heart ~stay with me #1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt