LXXV

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Wiedermal lag ich auf einem Krankenbett. Wahrscheinlich war es derselbe Raum, in dem ich auch schon zuvor gewesen war. Eigentlich war ja alles gleich, mit dem kleinen Unterschied, dass ich diesmal an ein Bett gefesselt war und mein Bauch ziemlich wehtat. Ich hatte nicht besonders viel Bewegungsfreiheit, doch irgendwie schaffte ich es meinen Bauch abzutasten. Ich spürte, dass sich unter meinem Krankenhaus Hemd ein Verband befand. Ich drückte ein wenig darauf und zuckte zusammen. Plötzlich kamen mir wieder einzelne Gedankenfetzen. Ich im Badezimmer mit einem zerbrochenen Spiegel. Mir fiel wieder ein, was ich getan hatte. Die Scherbe. Ich hatte mir die Scherbe in den Bauch gerammt.....Und dann erinnerte ich mich auch wieder daran, was davor passiert war. Die Stimmen in meinem Kopf, die mich fast wahnsinnig gemacht hatten. Caleb in meinem Kopf. Ich hatte das Bewusstsein verloren. Seufzend lehnte ich mich zurück in mein Kissen und verfluchte mein Leben. Das komische war, ich konnte mich nicht daran erinnern, dass ich versucht hatte mich umzubringen, wiedermal hatte ich nur einzelne Erinnerungsfetzen in meinem Kopf. Ich fragte mich ob das ich gewesen war, oder Caleb. Oder waren wir es beide gewesen? Ich dachte zurück an Calebs Stimmen in meinem Kopf. Entweder er hatte mir befohlen es zu tun und ich war schon so verwirrt gewesen, dass ich es nicht wirklich mitbekommen hatte, oder er war es gewesen, als ich bewusstlos gewesen war. Mit Ich meinte ich mich, also mein wahres ich, Jasper, aber wahrscheinlich konnte man nicht mal mehr von meinem wahren Ich sprechen, weil ja sowieso niemand wusste wer oder was mein wahres Ich war. Wenn er es gewesen war, dann war es jedenfalls komisch, dass ich mich daran erinnern konnte. Vielleicht hatte ich ja davon geträumt und es deswegen gewusst. Doch meine Befürchtung war, dass unsere beiden Ichs langsam zusammenschmolzen. Früher war es so gewesen, dass ich zumindest meine Ruhe gehabt hatte ,als ich Ich war. Aber jetzt hörte ich ihn schon in meinem Kopf, wenn ich Ich war und das gefiel mir gar nicht. Ich hatte wenigstens das Gefühl klar denken zu können, wenn ich Ich war. Und ich hatte richtig große Angst davor, dass er mir das auch noch nehmen würde.
Ich war mir nicht sicher, wann das alles passiert war, es fühlte sich wie gestern an, aber ich konnte ja nicht wissen, wie lange ich Bewusstlos gewesen war.
Plötzlich klopfte es an meiner Tür. Ich antwortete nicht. Wenn jemand rein wollte, dann würde er sowieso reinkommen, egal ob ich es wollte, oder nicht. Ich konnte mich ja nicht mal wehren. Die Tür öffnete sich. Ich versuchte meinen Kopf zu heben, doch ich konnte die Person, die reingekommen war erst sehen als sie direkt vor mir stand.
„Na Jasper? Wie fühlst du dich?", fragte mich Dr. Yang und ich seufzte genervt. Auch wenn es zwecklos war, einen Funken Hoffnung hatte ich immer noch in mir, und dieser Funke Hoffnung hatte grade gehofft, dass Eve zur Tür herein kommen würde.
„Ich fühl mich echt toll. Mein Bauch tut weh, ich bin an einem Bett gefesselt und kann nicht mal meine Nase kratzen und ich hab das Gefühl als würden meine zwei Persönlichkeiten verschmelzen, aber sonst fühle ich mich echt super.", sagte ich sarkastisch.
Dr. Yang überhörte meine Bemerkung und antwortete lächelnd: „Die Fesseln sind nur zu deiner Sicherheit Jasper. Aber mich würde interessieren, was du damit gemeint hast, du hast das Gefühl, dass deine zwei Persönlichkeiten miteinander verschmelzen?"
Ich verdrehte die Augen. „Ist doch egal, oder? Auch wenn ich es Ihnen jetzt erzähle, es hat doch sowieso keinen Sinn. Ich bin schon seit ein paar Wochen hier. Und auch falls Sie es durch ein Wunder schaffen sollten, dass ich nicht mehr Verrückt bin, dann komme ich doch sowieso ins Gefängnis, oder? Außerdem habe ich keine Freunde mehr und Eve auch nicht. Ich hab keine Zukunft. Außerdem werde ich niemals ein normales Leben führen können. Wie sollte ich jemals einen Job finden? Niemand nimmt einen verrückten Mörder, oder würden sie einem verrückten Mörder einen Job geben?"
Dr. Yang blickte mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Ähm...nein, würde ich natürlich nicht...Und ich kann dir deine ganzen Fragen nicht beantworten Jasper. Ich weiß nur dass ich mein Möglichstes tue um dir zu helfen. Aber du musst mir dabei helfen und mit mir sprechen."
Ich verdrehte nur wieder die Augen und ignorierte sie. Ich verstand nicht ganz, wie sie immer noch Hoffnung hatte, ich hatte jedenfalls keine mehr. Doch plötzlich sagte sie etwas was meine Meinung innerhalb von Sekunden änderte. „Ich kann dir nicht sagen, wie deine Zukunft laufen soll und wie schnell du gesund wirst. Aber was ich dir sagen kann, ist, dass du immer noch Freunde hast, die auf dich warten. Oder zumindest eine ganz besondere Freundin, die dir gerne helfen würde."

Obsession - Lost In RealityWhere stories live. Discover now