XLVI

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Jasper

Ich lag auf meinem Bett. Und ich heulte. So richtig. Nach dem Eve damals mit mir Schluss gemacht hatte, hatte ich auch öfters geheult, aber nicht so wie jetzt. Jetzt heulte ich so richtig. Weil ich ein Mörder war! Weil ich Matt und Eves Freunde umgebracht hatte. Umgebracht!! UMGEBRACHT! Niemals in meinem ganzen Leben hätte ich mir gedacht, dass ich jemals irgendetwas töten würde, das größer als eine Spinne war. Aber ich hatte Menschen umgebracht...Richtige Menschen, die mir nichts getan hatten. Okay, Matt hatte mir die Freundin ausgespannt, aber ich hätte ihm niemals den Tod gewünscht. Doch ich hatte ihn umgebracht...Aber wie war das möglich? Ich raffte mich auf und ging ins Badezimmer. Ich trat vor meinen Spiegel und betrachtete mich, meinen dünnen Körper. Ich sah so schwach aus. Ich hatte kaum Muskeln. Niemand würde mir sowas zutrauen. Ich war doch immer der brave Junge gewesen, der gute Noten schrieb, nett zu seinen Eltern war und auf seine Freundin aufpasste. Wie war es möglich, dass ich drei, fast vier Menschenleben auf dem Gewissen hatte? Nein. Es konnte einfach nicht sein. Ich blickte auf meine Hände. Ich hatte lange dünne Finger. Es waren schöne Hände. Es waren nicht die Hände eines Mörders, ich hatte mich noch nie in meinem Leben mit irgendjemandem geprügelt. Noch nie hatte ich irgendjemandem den Tod gewünscht, oder den Drang jemanden umzubringen. Wie konnte es möglich sein, dass ich, der Junge der früher immer von seinem starken, besten Freund Colin beschützt werden musste, jemanden umgebracht hatte? Es konnte einfach nicht möglich sein. Ich schüttelte den Kopf und blickte auf. Ich sah ein blasses Gesicht zwei grüne, vom heulen gerötete Augen, die mich anstarrten. Ich wischte mir die Tränen weg, die immer noch aus meinen Augen kullerten. Eigentlich mochte ich meine Augen. Meistens waren sie grün. Doch manchmal eher bläulich-grau. Wie jetzt zum Beispiel. Das gefiel mir nicht. Meine Augen wirkten trüber als sonst. Sie leuchteten nicht, wie manchmal, wenn ich glücklich war, oder die Sonne sie zum Leuchten brachte. Ich schaute genauer hin. Bläulich-grau...Ja...Sie sahen trüber aus als sonst, aber wenn ich mir so in die Augen schaute, konnte ich mir einfach nicht vorstellen, dass ich jemanden umgebracht hatte. Ich! Jasper! Ich verstand es einfach nicht. Ich spürte Wut in mir. Wut auf mich selbst. Ich konnte es nicht verstehen. Ich sah nicht aus wie ein Mörder. Jeder wusste, dass ich eigentlich ein lieber Junge war. Ich sah verdammt nochmal nicht aus wie ein Mörder. Doch trotzdem wusste ich, dass ich es war. Es gab so viele Beweise...Und die Träume...Außerdem fühlte ich es. Tief drinnen spürte ich, dass ich recht hatte. Auch wenn es fast unmöglich war. Wieso? Ich liebte Eve doch. Auch wenn ich eifersüchtig auf Matt war, ich würde ihr nie sowas antun. Sie war so traurig gewesen, es hatte sie fast zerstört. Und ich hatte sie immer getröstet. Und mit ihr mitgefühlt. Ich war die ganze Zeit bei ihr und sie hatte keine Ahnung, dass der Schuldige, der Mörder, die ganze Zeit neben ihr saß. Ich hatte es ja selbst nicht mal gewusst. Caleb. Ich hatte ‚ihn' die ganze Zeit so sehr gehasst und mich gefragt, wer ihr so etwas antun würde. Dabei war ich es die ganze Zeit selbst gewesen. Ich wusste einfach nicht was ich tun sollte. Es war schon kurz nach eins. Doch ich durfte nicht schlafen gehen. Was wenn ich dann wieder zu ‚Caleb' wurde und irgendwen umbringen wollte? Ich hatte ja keine Ahnung, wie das ausgelöst wurde. Ich versuchte mich wach zu halten. Ich sah fern, doch bemerkte wie mir dabei immer wieder beinahe die Augen zu fielen. Also versuchte ich es mit Sport. Ich machte Liegestütz, sprintete ein paar Minuten am Platz, bis ich nicht mehr konnte. Dann ging ich nach unten und machte mir einen Kaffee. Extra stark, obwohl ich Kaffee hasste. Mein Kopf war leer. Irgendwie tat ich alles ohne wirklich darüber nachzudenken. Das Einzige was ich wusste war, dass ich auf keinen Fall einschlafen durfte. Weil ich Angst hatte, dass ich dann die Kontrolle über mich verlor. Ich trank den ganzen Kaffee. Danach ging ich wieder in mein Zimmer und spielte am Computer. Als ich das nächste Mal auf die Uhr blickte war es schon 4:27. Ich musste wach bleiben. Auch wenn ich nicht wirklich wusste, was ich danach machen sollte. Ich konnte ja wohl nicht für immer wach bleiben oder? Sollte ich zu einem Psychiater oder sowas gehen? Doch wenn ich das alles erzählen würde, was würde dann mit mir passieren? Würde ich ins Gefängnis kommen? Weg von meinen Freunden und meiner Familie? Was war dann mit der Schule und meiner Zukunft? Was würde Eve von mir denken, wenn sie das alles erfuhr? Was würden meine ganzen Freunde und meine Familie nur von mir halten? Was stimmte nicht mit mir? Ich spielte immer weiter um meine Gedanken zu verdrängen. Irgendwann holte ich mir noch einen Energy Drink aus dem Kühlschrank. Dann sah ich wieder fern und wenn ich müde wurde machte ich wieder Liegestütz und ging eiskalt duschen um mich irgendwie abzulenken. Irgendwann hörte ich dann wie meine Eltern aufstanden und Frühstück machten, doch ich hatte keine Lust mit ihnen zu essen. Ich war noch nicht bereit es ihnen zu erklären, auch wenn ich musste. Ich war eine zu große Gefahr für alle. Der Tag verging ohne dass ich mein Zimmer verließ, abgesehen davon, um aufs Klo zu gehen oder Eiskalt zu duschen. Als es schließlich Nachmittag wurde, hielt ich es nicht mehr aus. Ich war so müde. Meine Augen taten weh und ich legte mich auf mein Bett. Nur ganz kurz, ich wollte ja nicht einschlafen. Nur für ein paar Minuten die Augen schließen...Ich war so fertig von dem Durcheinander in meinem Kopf. Es war so anstrengend. Außerdem war ich jetzt schon seit fast 36 Stunden wach, obwohl ich so extrem müde war. Ich versuchte meine Augen mit aller Kraft offen zu halten und wollte mich aufsetzen, doch es ging nicht. Okay, ganz kurz noch, dachte ich mir. Nur noch eine Minute....Doch innerhalb weniger Sekunden fielen mir die Augen endgültig zu und ich schlief ein.

Sorry dass ich so lang nicht weiter geschrieben habe, war im Stress :) aber jetzt sind ja zum Glück Ferien :p 😍

Obsession - Lost In RealityWhere stories live. Discover now