XXXIX

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Eve

Sprachlos ließ ich mein Handy sinken und beendete das Gespräch. „Babe? Wer war dran?“, fragte Jasper und nahm meine Hand. Jap, seit wir wieder zusammen waren, nannte er mich wieder Babe. Er wusste wie sehr ich das mochte. Wir saßen bei mir zu Haus auf dem Bett und sahen uns einen Film an, doch wir hatten auf Pause geschalten, weil mich jemand angerufen hatte.
„Ähm…das war…Das Krankenhaus…Chuck ist aufgewacht. Ich kann ihn besuchen.“
„Okay…Willst du ihn besuchen? Du kennst ihn doch gar nicht, wieso wurdest du angerufen?“
„Kein Plan, ich schätze weil ich ja in der Nacht im Krankenhaus war und Mai-Lis beste Freundin war.“ Aufgebracht fuhr ich mir durch die Haare. Ich kannte Chuck nicht. Und womöglich wäre er auch nicht besonders erfreut jemand Fremden zu sehen, auch wenn Mai-Li uns beide verkuppeln  hatte wollen. Doch ich fühlte mich schuldig. Ich wollte ihn besuchen. Und außerdem….Vielleicht hatte er ja irgendetwas gesehen und konnte uns sagen wer C, Psycho Caleb war.
„Also? Willst du hin fahren?“
Ich nickte. „Vielleicht hat er ja irgendwas gesehen. Du musst nicht mitkommen, ich kann ihn auch alleine besuchen.“
„Nein, nein. Klar komme ich mit. Ich dachte mir nur, du bist grad dabei, die Trauer zu überwinden und ich will nicht, dass du dann wieder von neuem beginnst über alles nach zu denken oder dich schuldig zu fühlen. Ich mache mir einfach Sorgen.“ Er lächelte mich vorsichtig an und ich gab ihm einen sanften Kuss auf den Mund.
„Keine Sorge, Jasper. Ich will nur kurz mit ihm reden. Das passt schon.“
Er lächelte. „Okay. Und wann willst du hinfahren? Jetzt? Oder morgen?“
„Naja. Morgen und übermorgen kann ich nicht. Die haben gesagt die Besucherzeit geht bis 17:30. Das heißt wir haben noch zwei Stunden. In einer Stunde wären wir zirka dort. Wieso sollten wir nicht gleich fahren?“
Jasper seufzte. Ich merkte ihm deutlich an, dass er keine besonders große Lust hatte hin zu fahren. Der Junge den wir besuchen wollten wäre ja schließlich mein ‚Blind-date‘ gewesen, dass nie stattgefunden hatte. Doch er lächelte mich wieder an. „Ja, klar. Dann beeilen wir uns. Vielleicht erwischen wir ja noch den Bus.“
„Danke Jasper.“ Ich küsste ihn auf die Wange und stand auf. Ich nahm ihn an der Hand und zog ihn mit mir mit. „Dann sollten wir uns lieber beeilen.“
Wir erwischten den Bus noch und waren nach etwa einer Stunde Fahrt im Krankenhaus. Wir fragten nach Chucks Zimmer Nummer und eine Krankenschwester zeigte uns den Weg.
„Bitte bleiben Sie nicht zu lange drinnen, er hatte gerade Besuch von seiner Familie und ist schon erschöpft.“, bat uns die Ärztin und ich nickte. Sie lächelte uns freundlich an und nickte uns zum Abschied zu. Dann verschwand sie in die Richtung, aus der wir gekommen waren. Jasper und ich blieben vor der Tür stehen. Ich atmete tief durch. Was sollte ich eigentlich sagen? Was hatte ich mir dabei gedacht?
 „Gehen wir dann rein oder willst du die Tür noch länger anstarren? Ich meine wenn es dir Spaß macht, können wir das auch gerne machen.“, sagte Jasper und grinste mich frech an. Er wollte die Stimmung auflockern, doch ich schenkte ihm nur ein kleines Lächeln. Ich war plötzlich zu nervös. „Ich weiß nicht. Jasper, vielleicht war das ja doch eine schlechte Idee. Ich weiß einfach nicht was ich sagen soll. Hey, Ich bins Eve. Du hattest einen Autounfall, weil Mai-Li uns verkuppeln wollte und du zu unserem Date gefahren bist. Genaugenommen hattest du den Autounfall aber, weil mein verrückter Stalker euch umbringen wollte. Tut mir echt leid. Die anderen sind zwar tot, aber du lebst noch, herzlichen Glückwunsch. Hast du vielleicht eine Ahnung wie mein Stalker aussieht? Klar.“ Er lachte leise, doch ich verdrehte nur die Augen.
„Hey.“, sagte er dann und nahm mein Gesicht zwischen seine Hände. „Du machst das schon. Wir gehen einfach rein. Er freut sich sicher, wenn er Besuch hat. Und vielleicht finden wir ja was raus.“ Ich nickte. „Okay. Du hast recht.“
Ich griff nach der Türschnalle und drückte sie entschlossen nach unten. Jasper hatte mir mal erzählt, wenn man was vorhatte, aber sich nicht traut, dann sollte man es sofort machen. In den ersten zwanzig Sekunden. Weil man es sich sonst anders überlegte. Weil man zu feig war. Doch ich war nicht feig. Das redete ich mir zumindest ein, damit ich mich traute.
Chuck lag in seinem Bett und hing an einigen Maschinen. Er war kreidebleich und hatte einige Schnittwunden im Gesicht. Er blickte auf als wir reinkamen und beäugte uns ein wenig verwundert an.
„Ähm, hallo Chuck. Ich bin Eve. Die beste Freundin von…Mai-Li.“ Ich trat näher an sein Bett heran. Er kniff die Augen zusammen. Nach einigen Sekunden sagte er: „Oh. Achja, ich erinnere mich. Dich wollten wir ja treffen.“
Es klang nicht besonders freundlich aber auch nicht feindselig. Also nickte ich nur betreten.
„Ähm ja und das,“ Ich zeigte auf Jasper, „das ist Jasper, mein…ein Freund.“ Jasper warf mir einen verständnislosen Blick zu und ich zuckte entschuldigend mit den Schultern. Wenn Chuck mein Blind-Date hätte werden sollen, kam es etwas komisch rüber, wenn ich jetzt schon wieder einen Freund hatte.
Chuck blickte rüber zu Jasper. Plötzlich weiteten sich seine Augen. „Ich..Ich, i-ich kenn dich doch.“ Er setzte sich halb auf und begann hektisch zu atmen.
„Nein, ich glaub nicht, dass wir uns kennen. Vielleicht hat dir Mai-Li ja mal ein Bild gezeigt von Eve auf dem ich auch drauf war? Wir kennen uns sicher nicht. Wir gehen ja auf ganz verschieden Schulen und so.“, versuchte Jasper ihn zu beruhigen und hob beschwichtigend die Arme. Es war ihm anzusehen, dass auch er Angst hatte, Chuck würde hyperventilieren oder sowas.
„Mhh nein. Nein. Ich kenn dich. Du hattest ein dunkelgrünes Shirt und eine Jeans an. Ich weiß es. D-du..“ Chuck kniff wieder angestrengt die Augen zusammen, als versuchte er sich zu erinnern.
„Wovon redest du? Chuck. Ich glaub du bist noch ein bisschen verwirrt…“, sagte ich und ging auf ihn zu um ihn zu beruhigen.
„Nein. NEIN. GEH WEG!“, schrie er plötzlich und ich zuckte zusammen. „LOS! VERSCHWINDE!“ Hektisch blickte ich mich nach Jasper um. „Evie, ich glaub wir sollten jetzt gehen..“
Auf einmal wurde die Tür aufgerissen und eine Krankenschwester stürmte herein. Sie hatte bestimmt das Geschrei gehört. Sie redete beruhigend auf Chuck ein. „GEH!“ schrie Chuck weiter. „VERSCHWINDE!“
„Los ihr zwei. Geht jetzt bitte.“, wandte sich die Krankenschwester uns zu, als er sich nicht beruhigen ließ. Ich stand reglos da und starrte Chuck und die Krankenschwester an. Ich spürte Jaspers Hand an meiner Hand und wie er mich langsam aus dem Zimmer zog. Wir verließen eilig das Krankenhaus und setzten uns draußen auf eine Bank. Ich atmete tief durch. Was zum Teufel war das grade gewesen?

Bitte schreibt mir ein paar Kommentare, würde mich sehr freuen :)

Obsession - Lost In RealityWhere stories live. Discover now