Blank Dream

By kaddyabby

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Das Leben ändert sich. Immer wieder, ohne dass du oder ich einen Einfluss darauf haben. Felicitas Leben wird... More

~Eins~
~Zwei~
~Drei~
~Vier~
~Fünf~
~Sechs~
~Sieben~
~Acht~
~Neun~
~Zehn~
~Elf~
~Zwölf~
~Dreizehn~
~Vierzehn~
~Fünfzehn~
~Sechzehn~
~Siebzehn~
~Achtzehn~
~Neunzehn~
~Zwanzig~
~Einundzwanzig~
~Zweiundzwanzig~
~Dreiundzwanzig~
~Vierundzwanzig~
~Fünfundzwanzig~
~Sechsundzwanzig~
~Siebenundzwanzig~
~Achtungzwanzig~
~Neunundzwanig~
~Dreißig~
~Einunddreißig~
~Zweiunddreißig~
~Dreiunddreißig~
~Vierunddreißig~
~Fünfunddreißig~
~Sechsunddreißig~
~Siebenunddreißig~
~Achtunddreißig~
~Neununddreißig~
~Vierzig~
~Einundvierzig~
~Dreiundvierzig~
Frage+Antwort (Sorry :D)
~Vierundvierzig~
~Fünfundvierzig~
~Sechsundvierzig~
~Siebenundvierzig-Ende~

~Zweiundvierzig~

457 50 2
By kaddyabby

Die Wachposten vor der Villa entdeckten sie sehr schnell. Einer stürmte ins Haus, der Rest nahm sie vorerst in Gewahrsam. Felicita konnte nicht mehr. Ihre Beine schmerzten und ihr Kopf dröhnte ununterbrochen. Allmählich übermannte sie die Müdigkeit, die sie in den letzten Tagen verdrängt hatte. Als sie die Stufen zur Tür hinaufstieg, schwankte sie gefährlich und suchte an dem Geländer Halt.

Rasch brachten die Männer sie in die Villa, in ein Zimmer im Erdgeschoss, wo sie warten sollte. Erschöpft fiel sie auf den einzigen Stuhl, der vor einem leeren Schreibtisch stand. Die Vorhänge waren zugezogen und nur die Deckenlampe spendete Licht. Sie fühlte sich fremd und dieses Gefühl gab ihr paradoxerweise ein gewohntes Gefühl. Immerhin fühlte sie sich hier nie heimisch, also alles wie gewohnt.

Eine Übelkeit machte sich in ihrem Magen breit und gleichzeitig sprang die Tür auf. Remi trat herein, setzte ein gefälliges Grinsen auf. Er trug einen feinen Anzug mit passender Krawatte. In einer Zeit, in der die Menschen auf offener Straße von der Regierung umgebracht wurden. Galle stieg ihren Hals hinauf und der säuerliche Geschmack war unerträglich.

„Felicita", begrüßte er sie fröhlich und deutete eine Umarmung an, die er natürlich niemals umgesetzt hätte. „Wie erfreulich, dass es dir gut geht. Wenn du schon einmal hier bist, möchtest du doch sicherlich erfahren, wie es deinem Vater ergangen ist, nicht wahr?"

Eigentlich konnte er sich diese aufgesetzte Freundlichkeit sparen, dachte sie zynisch und schnaubte abwertend. Es interessierte sie allerdings schon ein wenig, ob ihr Vater dem Tod erlegen ist oder seine Verletzungen überlebt hatte. Also blieb sie still und hielt den Blicken Remis Stand.

„Zu unserer Überraschung, hat sich mein Bruder wieder unter die Lebenden gemischt. Ich meine, er sieht lange nicht mehr so gut aus wie vor einigen Jahren, aber was will man nach einem Koma erwarten? Jedenfalls ist er fern ab der Stadt, in einem Krankenhaus an der Südküste. Das bedeutet, ich habe hier das Sagen, Kleine und du tätest gut daran, dein Verhalten dementsprechend anzupassen."

„Alle Männer befolgen deine Befehle?", hinterfragte Felicita skeptisch.

„Selbstverständlich", kam als Antwort, gemischt mit einem Geräusch, das einem Knurren ähnelte. Plötzlich klopfte es an die Tür. Remi wandte sich genervt von dem Mädchen ab. „Was ist? Ich dachte, ich hatte mich klar ausgedrückt. Keine Störungen!"

Dennoch öffnete er selbst die Tür. Erschrocken rutschte sie vom Stuhl und rannte beinahe um den Schreibtisch, der ihr Schutz bieten sollte. Alles hätte sie erwartet, bloß ihn nicht. Ihr Herz erwachte aus dem Halbschlaf, in dem sie sich seit Stunden befand und raste aufgeregt in ihrer Brust. Wieso war Luciano in der Villa ihres Vaters?

Auch der junge Mann wirkte überrumpelt. Zwei Wachen begleiteten ihn in das Zimmer und trotzdem zeigte er keine Anzeichen von Furcht. Als wollte er hierher kommen. Sein Blick traf ihren und eine Gänsehaust überzog ihren Körper. Felicitas Finger bohrten sich in den Lack des Tisches. Sie wollte ihn nicht sehen und schon gar nicht mit ihm reden.

„Wieso ...", Luciano konnte nicht einmal einen vollständigen Satz herausbringen. Seine Augen waren weit aufgerissen und er kam schnellen Schrittes auf sie zu, bis Remi sich ihm in den Weg stellte. „Remi, warum ist sie hier?"

„Weil sie Familie ist", erwiderte dieser trocken. „Das hat nichts mit dir zu tun."

„Doch!"

„Bitte, wie du willst, aber heute kannst du leider nicht mit ihr sprechen. Wir haben noch einiges zu klären und ich kann und will dich nicht hier haben", Remi kratzte sich am Kinn, ehe ihm etwas einfiel. „Einen Moment. Du bist nicht wegen ihr gekommen. Was führt dich zu mir?"

„Die Abhängigen. Die Angriffe nahmen nach den Beschüssen ab, allerdings wird diese Stille nicht lange anhalten."

„Und?"

„Wie kann dich das nicht interessieren?"

Remi drehte sich zu Felicita und näherte sich ihr langsam. Quälend langsam und das mit voller Absicht. Sie wich zurück, immer weiter. Jedoch stoppte sie sehr bald die Wand in ihrem Rücken. Ängstlich hob sie die Hände, doch ihr Onkel ließ sich nicht aufhalten und zog sie an sich heran. Er stellte sie vor sich, sodass Luciano sie sehen konnte und hielt sie an den Handgelenken fest.

„Heute habe ich etwas Interessanteres gefunden, als diese dämlichen Süchtigen. Oder würdest du nicht gerne erfahren, wo sich unser Liebling herumgetrieben hat?"

„Du hast ihr doch die Flucht ermöglicht!", unterbrach ihn Luciano und stampfte voran. „Lass sie jetzt los. Sie fürchtet dich bereits, du musst ihr nicht länger deine Macht beweisen und sie unterdrücken."

„Aber das ist es, was ich mache. Ich unterdrücke die Leute."

Obwohl Remi sich widersetzen wollte, konnte Luciano Felicita aus dessen Griff befreien und schob sie hinter sich. Der alte Mann lachte laut auf und setzte sich auf den Stuhl. Mit überschlagenen Beinen und gefalteten Händen begutachtete er das Bild vor sich.

„Willst du ihr Ritter sein?", hakte er grinsend nach.

Luciano berührte die Hand des Mädchens flüchtig und zog sich dann zurück. Nur so weit, dass er jeden Moment zwischen ihren Onkel und sie springen konnte. Ihm gefiel diese Situation offensichtlich ebenso wenig wie ihr.

„Also Felicita, wo warst du in den vergangenen Monaten?"

Sie wollte nicht antworten. Weder ihm noch irgendeinem anderen hier in diesem Haus. Doch wie lange hätte sie sich widersetzen können? Remi besaß sicher viel Macht in der Familie, vor allem seitdem ihr Vater verhindert war. Sie alle dachten, er würde seinen Wunden erliegen. Nervös fuhr sie sich durch die langen Haare, pickte sich eine Strähne heraus und spielte mit dieser.

„Mädchen, antworte oder hast du das Sprechen verlernt?"

„Nein, aber ich weiß nicht, was ich dir sagen soll. Egal wo ich war und was ich dort gemacht habe, es bringt dir rein gar nichts."

„Du wirst tun, was ich dir sage und ich entscheide, was ich wissen muss."

Remi erhob seine Faust, doch bevor er an Felicita herankam, stellte sich Luciano abermals dazwischen. Er würde nicht kämpfen, das spürte sie. Seine Körperhaltung wirkte abwehrend, jedoch keinesfalls angriffslustig. Eine Welle der Erleichterung durchflutete sich. Wenigstens stand er noch auf ihrer Seite.

„So oder so", entgegnete Luciano ruhig. „Nun ist sie hier und fliehen wird sie nicht, immerhin ist es in der Stadt nicht mehr sicher."

Scheinbar gab sich Remi damit zufrieden, oder er wollte einfach keine Auseinandersetzung mit Luciano riskieren. Körperlich war dieser ihm nämlich überlegen und auf die Loyalität der Männer hier im Haus würde sich Felicita an seiner Stelle auch nicht verlassen. Die Grundstimmung auf der anderen Seite der Tür wirkte dunkel und kalt. Giovanni – so sehr das Mädchen ihn auch verabscheute – besaß Charisma, Autorität und allem Anschein nach respektierten seine Untergebenen ihn. Remi hingegen verhielt sich wie ein Magengeschwür, das sich jetzt in der del Monte Familie eingenistet hat und die Kontrolle übernehmen will.

Dem ersten Schrecken entkommen, schickte ihr Onkel sie nun auf eines der freien Zimmer. Er wolle sie nahe bei sich behalten, hatte er behauptet und keinen Grund genannt. Ihre Begleiter drängten sie in den Raum in Erdgeschoss und schlossen die Tür vor ihrer Nase zu. Luciano war ihnen nicht gefolgt. Unsicher, ob das nun ein gutes oder schlechtes Zeichen bedeutete, brach sie in Tränen aus. Sie konnte sich nicht beruhigen und der Stress der letzten Tage fiel auf einmal von ihr ab. Diese Mauern schützten sie zumindest vor den Monstern und die Regierung, mit der Giovanni zusammengearbeitet hatte, würde sie in der Villa auch nicht angreifen. Dafür ginge das Morden auf den Straßen weiter.

Auf dem Rücken liegend, streckte sie alle Glieder von sich und betrachtete die gemaserte Decke über sich. Spinnenweben klebten in den Ecken. Keiner scherte sich um den Dreck, wenn draußen das Chaos herrschte. Wie konnten die Menschen es nur so weit kommen lassen? Ein Staubkorn, dann zwei und letztendlich kommt man vor lauter Staub keinen Schritt voraus. Ebenso trat sie immer wieder auf derselben Stelle, schien die gleichen Situationen zu durchleben und das mit dem Ziel, etwas Neues zu erreichen. War das der Wahnsinn?

Ihr Puls verlangsamte sich und beinahe wäre sie auf dem Boden eingeschlafen. Gemächlich richtete sie sich auf und lief im Zimmer umher. Jemand musste es als Büro genutzt haben, denn bis auf Schränke und Regale voller Akten gab es hier nichts. Außer die vertrocknete Zimmerpflanze auf der Fensterbank, aber die würde ihr auch keine Hilfe sein. Gedankenverloren fuhr sie mit dem Zeigefinder die Ordnerrücken ab und nahm sich schließlich einen heraus.

Plötzlich lösten sich einzelne Seiten heraus und verteilten sich auf dem Boden. Felicita wollte sie schnell wieder einsammeln, doch die Zeilen, die sie dabei überflog, ließen ihren Atem stocken. Dokumente voller Diagramme und Berichten lagen vor ihr. Chronologisch geordnet. Die ältesten Unterlagen gingen über zwölf Jahre zurück und auf beinahe jedem Zettel stand ein und dasselbe Wort geschrieben.

„Vit C3".

Ein paar der Unterlagen beinhalteten lediglich die Symptome und den Krankheitsverlauf der Infizierten. Das Ende war immer der Tod. Jedoch fielen ihr die neueren Papiere ins Auge. Darin gab es Andeutungen auf ein Heilmittel. Sie setzte sich auf den Boden und las sich alles genauer durch. Der Absender schrieb über Blut, das modifiziert wurde und den Infizierten Linderung verschaffte. Über ihr Blut und dessen Wirkung wussten jedoch nur wenige. Gab es noch einen Menschen, an dem Experimente zugunsten des Vit C3 gemacht wurden? Eilig las sie weiter. Alles deutete darauf hin, dass von ihr die Sprache war. Die Schriftstücke enthielten genaue Erklärungen für ein mögliches Heilmittel und richteten sich an jemanden außerhalb der del Monte Familie, jemanden mit medizinischen Hintergrund. Vielleicht war das die eine Chance, um die Stadt zu retten? Oder zumindest ... Ihre Gedanken stoppten, gequält von der erdrückenden Wahrheit. Gian konnte nicht mehr geholfen werden, denn er war vor Monaten gestorben.

Während des Lesens vergaß sie die Zeit und draußen schluckte die Dunkelheit alles Leben. In der Ferne vermutete sie Lichter, vielleicht lodernde Feuer im Zentrum der Stadt. Sie wollte es gar nicht wissen. Ein Knistern erschreckte sie und ein kleiner Zettel wurde durch den Türschlitz geschoben. Erst als er ruhig auf dem Parkett lag, wagte sie sich vor. Das geknickte Papier besaß eine Nachricht für sie. Sie solle sich verstecken, die nächsten Stunden würden sehr unschön werden.

Hektisch stürmte sie zur Tür und ließ ihre Fäuste auf das Holz schlagen. Wer ihr auch immer diese Notiz zugesteckt hatte, konnte noch nicht weit weg sein. Er oder sie müsste ihre Rufe und das Klopfen hören.

„Hey, komm zurück!", schrie sie aufgebracht. „Ich kann damit nichts anfangen."

„Scht", kam es auf der anderen Seite der Tür als Antwort.

„Wer bist du?"

Lange Zeit herrschte Stille, was allerdings bedeutete, dass die Person nicht weggegangen war. Ihre Fingerspitzen kribbelten. Erst diese geheimnisvollen Unterlagen, die offenbar an einen Außenstehenden weitergereicht wurden und nun das hier. Irgendetwas sollte heute Nacht geschehen, etwas Unschönes und sie wollte wissen, was.

„Wieso soll ich mich verstecken?", hakte sie nach. Eventuell wollte die Person ihre Identität nicht verraten, da sie es war, die die Informationen zum Vit C3 herausgab und damit Remis Wut auf sich zog.

„Du solltest nicht hier sein", erwiderte die Person im Flüsterton. Eine gedämpfte, männliche Stimme. „Wir haben das alles vor vielen Wochen geplant und du warst nicht vorgesehen, bist ein Risiko. Wie immer geht alles schief."

„Wer seid ihr? Wie viele werden kommen und warum?"

Keine Antwort, dafür aber schwere Schritte, die sich von dem Zimmer entfernten. Wieder schlug sie auf die Tür ein.

„Scht", drang es leise zwischen den Schlängen zu ihr durch. „Sei jetzt still und versteck dich."

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