Kapitel 23.

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Katie

„Der Typ hat es echt drauf. Und scheinbar nicht nur hinter der Kamera", meint Nora beeindruckt und zwinkert mir mit einem eindeutig zweideutigen Grinsen zu. Wir sitzen nebeneinander an einem der Arbeitstische in der Schulbibliothek und klicken uns durch Tobis Fotos, die er vor vier Wochen von mir in der alten Fabrik gemacht hat. Sie waren wirklich grossartig. Eines besser als das andere.

Ich hatte meiner besten Freundin von allem erzählt. Vom Wochenende, von Tobis Besuch und was danach passiert ist. Von unserem Gespräch am nächsten Tag und meinen Gefühlen für ihn.

Nora schien zu meinem Überraschen nicht wirklich überrascht zu sein. „Ich hab's dir ja gesagt", war ihre Antwort darauf. Sie freut sich riesig für mich und will Tobi nun unbedingt „in echt" kennenlernen.

„Das hier ist mein Lieblingsbild", meint Nora schliesslich und deutet auf den Bildschirm. Das Bild ist wirklich besonders gut. Es zeigt mich, in einer ausgelassenen Drehung, dabei wirbelt mein Rock um meinen Beine und mein Gesichtsausdruck scheint so entspannt zu sein, als ob mich das alles keinerlei Kraft kosten würde. Die Halle wirkt lichtdurchflutet und es sieht aus, als würde ich mit den herumwirbelnden Staubkörner über meinen Kopf um die Wette tanzen.
Das Bild ist wunderschön. Aus dem perfekten Moment gerissen und für immer festgehalten.

„Ich freue mich so für dich", erklärt Nora nun zum
X-ten mal und legt ihren Arm um meine Schultern. Ich tue es ihr gleich und eine Weile sitzen wir nur so da und gucken uns zufrieden die Bilder an.

„Heii Ladies", unterbricht Benis laute Stimme die angenehme Stille die in der Bibliothek herrscht.
Wie immer trägt er eine Cap um seine wilden Haare im Zaun zu halten.  Mein Blick schweift zu Nico, der nun hinter Beni auftaucht und der Bibliothekarin einen entschuldigenden Blick zu wirft. Die alte Dame arbeitet schon seit Jahren hier und wenn es eines gibt, dass sie nicht leiden kann, dann sind das laute Stimmen.

Die beiden Jungs setzen sich uns gegenüber und während Nico wieder nur Augen für Nora hat, versucht Beni mich in ein Gespräch über sein neues Kunstprojekt zu verwickeln. Ich höre aber nur mit halbem Ohr zu.

Ständig schweifen meine Gedanken wieder weg.
Mein Blick huscht zu Nora, die sich nun über den Tisch beugt und ihrem Freund liebevoll eine helle Locke aus dem Gesicht streicht.

Eine gute halbe Stunde später gesellt sich auch Kayla zu uns. Mit ihrer extrovertierten Art zieht sie immer alle Aufmerksamkeit auf sich und kassiert genau wie ihr Freund einige böse Blicke der Bibliothekarin.

Sie und Beni gehen total anders miteinander um als Nora und Nico. Und trotzdem... sie passen alle so gut zusammen, dass ich nicht anders kann als ein wenig eifersüchtig zu werden. Zwei Puzzle-Teile die sich in einer überdimensionalen Spielschachtel gefunden haben. Die genau so zusammen passen, wie sie sollten.

Ich stelle mir vor, wie ich meinen Freunden Tobi vorstelle und muss bei der Vorstellung lächeln. Tobi würde gut in unsere Gruppe passen. Sie würden ihn mögen, da bin ich mir ganz sicher. Wie konnte man Tobi auch nicht mögen?

„Hei, Katie... Erde an Katie? Ich hab dich was gefragt", lacht Kayla und wedelt mit ihrer von tausend Armreifen und Ringen geschmückten Hand vor meinem Gesicht herum. Ihre Nägel sind knallgelb lackiert und auf jedem grinst mir ein Smiley entgegen.

„Tut mir leid ich... ich habe nur an wen... etwas gedacht", erkläre ich und meine Wangen röten sich.

„Bist du etwa verknallt?", fragt Kayla sofort und wackelt übertrieben heftig mit den Augenbrauen. Ihr ist mein verträumter Blick natürlich nicht entgangen.

Ich will schon den Kopf schütteln, doch dann überlege ich es mir anders.

Kayla hat recht.

Ich bin total abwesend. Ich träume ständig herum und ich kann echt nicht lügen, bei wem meine Gedanken 24/7 sind.
Es hat keinen Sinn es zu lügen. Und es ist gut, dass ich das endlich einsehe.

„Ja", gebe ich zu und nicke. Dann muss ich lächeln.

„Ja das bin ich."

Ein guter Tag zum TanzenWhere stories live. Discover now