Kapitel 19.

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Katie

„Hier!"

Dankend ergreife ich Tobis Pullover, welchen er mir reicht. Ich sitze auf dem Beifahrersitz des Cabriolets, den Picknickkorb auf meinem Schoss.
Schlotternd schlüpfe ich in das trockene Kleidungsstück und werfe dann einen besorgten Blick Richtung Himmel.
Dunkle Wolken sind im Anmarsch und künden ein Unwetter an. In der Ferne hört man bereits dumpfen Donner. Ich hasse Gewitter und kann es gar nicht erwarten, so schnell wie möglich zu Hause zu sein. Ein weiterer Grund warum mir die kalten Wintermonate deutlich lieber sind.

Im nächsten Moment schwingt sich Tobi auf den Sitz neben mir und startet den Motor.

„Gehts?", fragt er und mustert mich beinahe besorgt. Ich nicke und fühle mich schuldig, weil Tobi dank meiner Unerträglichkeit für Kälte jetzt selbst nur noch ein T-Shirt trägt.

Einige Minuten später brausen wir über die Landstrasse zurück nach Hause. Die Rückfahrt ist definitiv weniger gemütlich als die Hinfahrt. Die Sonne ist längst hinter dicken Wolken verschwunden und inzwischen hat es schon leicht zu regnen begonnen. Kalte Wassertropen treffen mich im Gesicht und auf den Armen und der Fahrtwind lässt mich nur noch mehr schaudern. Ich Rutsche so tief in meinen Sitz wie möglich und ziehe den Kragen von Tobis Pullover hoch. Das Kleidungsstück riecht nach ihm. Nach dem leichten Geruch eines Parfums, nach Kaffee und irgendwie auch nach Sonne. Am liebsten hätte ich mich komplett in Tobis Pullover vergraben und mich von seinem Duft umhüllen lassen. Stattdessen lehne ich mich zurück und schlinge die Arme um mich selbst, um mich zu wärmen.

~

„Geschafft. Da wären wir", meint Tobi und hält in unserer Auffahrt an.

Dankbar löse ich den Gurt und beuge mich zu Tobi rüber, um ihn kurz zu umarmen.

„Danke... für den schönen Tag!"

„Ich hoffe du bist morgen nicht krank", meint Tobi trübselig und lässt seinen Blick über meine nassen Haare schweifen, die vom Fahrtwind bestimmt ganz zerzaust sind.

Ich schüttle den Kopf. „Und auch wenn... das war es mir alle mal wert."

Ich werfe Tobi noch einen letzten Blick zu, ehe ich unsere Haustür aufschliesse und ins Warme flüchte.

Ich höre gerade noch, wie draussen ein Motor aufheult und Tobi davon fährt, als ich auch schon Noras Nummer gewählt habe und mein Handy ans Ohr drücke.

„Katie? Wie-!"höre ich die Stimme meiner besten Freundin, lasse sie aber gar nicht erst aus reden, sondern komme direkt zum Punkt.

„Wir haben uns geküsst", brülle ich beinahe in den Hörer und werfe mich frustriert auf mein umgemachtes Queen Size Bett.

Es bleibt einen Moment still am anderen Ende und ich befürchte schon, Nora könnte aufgelegt haben, als ich ein amüsiertes Glucksen wahrnehme.

„Was ist so lustig?", schnauze ich, doch jetzt wird Noras Lachen nur noch lauter.

„Ach Katie! Es hätte mich auch gewundert, wenn das nicht passiert wäre. Ich freue mich echt für dich ... was hältst du denn davon?

Frustriert vergrabe ich meinen Kopf im Kissen. Draussen hat der Regen eingesetzt, ab und zu erhellt ein Blitz mein Zimmer . Hoffentlich hat es Tobi noch rechtzeitig nach Hause geschafft.

Ich zucke zusammen, als ein Donnergrollen ganz in der Nähe zu höre ist. Mein Herz hämmert wie wild und am liebsten hätte ich mich unter meinem Bett verkrochen, bis der Sturm vorbei war.
Als ich acht Jahre alt war, hat ein Blitz mitten in der Nacht in unser Haus eingeschlagen und unseren Dachboden in Brand gesetzt. Ich wurde damals von einem ohrenbetäubenden Knall geweckt und musste feststellen, dass es im ganzen Haus nach Rauch stank. Zum Glück konnte die Feuerwehr das Feuer rechtzeitig löschen und hat uns vor einem Totalschaden bewahrt. Das Dach ist zum Glock nicht eingestürzt. Aber trotzdem erinnere ich mich an das rasende Gefühl vom Angst, als ich damals im Pyjama und barfuss draussen im Regen stand und gemeinsam mit meinen Eltern zusah, wie sich die züngelnden Flammen über unserem Dach ausbreiteten. Das Gewitter hatte einfach weitergetobt und bei jedem Donnerschlag wurde meine Angst ein bisschen grösser.

„Katie?", höre ich Nora am anderen Ende der Leitung fragen, doch ich gebe keine Antwort. Ich schwelge in Gedanken immer noch in meiner traumatisierenden Kindheitserinnerung. Zudem weiss ich doch auch nicht, was ich von dem Kuss halten soll. Ich mag Tobi, das ist sicher. Aber wie sehr mag ich ihn?

„Katie? Hallo!"

Ich murmle nur unverständlich in mein Kissen.

„Lebst du noch? Ich meine, ganz mit Herzschlag und so?", meint Nora und ich wende mich seufzend auf den Rücken.

„Nein", gebe ich zurück, während ich meiner Zimmerdecke einen frustrierten Blick zu werfe.

„Ich wollte das alles doch gar nicht!", füge ich dann hinzu und kann einen jammernden Laut nicht unterdrücken.

„Du wolltest ihn nicht küssen?", fragt Nora und ich schüttle den Kopf, obwohl meine beste Freundin das nicht sehen kann.

„Nein.. doch... ich weiss es nicht. Ich wollte es ... in dem Moment hat es sich richtig angefühlt, aber jetzt..." ich unterbreche mich kurz.

„Das war doch alles gar nicht so geplant!" Ich schlucke schwer. Als ob ich auch so nicht schon genug Probleme habe, über die ich mir den Kopf zerbrechen kann. Ich konnte es nicht leisten, mich jetzt auch noch zu verlieben.

Nora seufzt. Ich sehe ihren liebevollen Gesichtsausdruck beinahe bildlich vor mir. Meine beste Freundin hatte immer tröstende Worte auf Lager. Das war schon immer so.

„Liebe kann man auch nicht planen, Katie."

Heyy,
Vielen Dank, dass ihr mein Buch bis hier hin verfolgt habt. Lasst doch gerne mal ein Feedback da und erzählt mir, was ihr mögt/ nicht mögt! Würde mich freuen von euch zu lesen.

Lots of Love!

Ein guter Tag zum TanzenOnde histórias criam vida. Descubra agora