Kapitel 6.

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Tobi

„Und was machte die Prinzessin dann?"

Meine kleine Cousine sitzt am Fussende meines Bettes und wippt ungeduldig mit den Beinen hin und her. Die Plastikkrone ist ihr etwas vom Kopf gerutscht und verdeckt ihr beinahe die Sicht.

„Na... was denkst du denn?", murmle ich und drehe mich zur Seite. Es ist noch ziemlich früh am Morgen und Lilys Energie will nicht so wirklich auf mich abfärben. Samstag morgens passe ich häufiger auf die Kleine auf, damit meine Tante in Ruhe ihre Einkäufe erledigen kann. Seit ihr Mann gestorben ist, hat sie selten Zeit für sich.
Lilys ältere Geschwister kommen gut schon alleine zu recht. Aline und Sally wohnen ja nicht einmal mehr zu Hause. Aber das Nesthäkchen Lily braucht alle Aufmerksamkeit die sie kriegen kann und normalerweise bekommt sie die auch. Nur jetzt bin ich noch zu müde.

Grummelnd ziehe ich die Decke hoch, als meine Cousine beginnt mit ihren Patschhänden mein Gesicht zu begrapschen.

„Neiiin! Tobi, jetzt erzähl endlich fertig! Was paschiert jetzt mit der Prinzessin!?"

In ihrer Übermut wird ihre „S-Sch-Schwäche"noch viel stärker und ich muss in mein Kissen grinsen, weil sich das so niedlich anhört.

„Jetzt wach endliiiiich auch!", meint sie und zerrt verdrossen an meinem T-Shirt.

„Na gut, du Nervensäge", grummle ich schliesslich, da mir meine Cousine beinahe das Shirt zerreisst und überwindende mich endlich dazu, mein Bett zu verlassen.

Müde torkle ich ins Bad, dicht gefolgt von dem kleinen Störenfried.
„Ey!", beschwere ich mich, als sich Lily wie selbstverständlich auf den Wannenrand setzt und mich neugierig beobachtet.

„Kannst du mich mal 'ne Minute alleine lassen... ich muss mal... äh für kleine Prinzen", erkläre ich und scheuche meine Cousine aus dem Badezimmer.
„Milan ist in der Küche. Du kannst ihm so lange auf den Wecker gehen."

„HEY! DAS HAB ICH GEHÖRT!", brüllt mein Kumpel auch schon postwendend aus dem Esszimmer und ich grinse schadenfreudig, als Lily fröhlich summend davon hopst.

Im Badezimmer spritzte ich mir erst einmal kaltes Wasser ins Gesicht, um mich wenigstens ein bisschen wach zu kriegen. Müde Augen blicken mir aus dem Spiegel entgegen. Mein breites Grinsen übertreffen sie allerdings nicht. Trotz meiner Schlaftrunkenheit bin ich ziemlich aufgestellt.

Samstag, 18:00 Uhr Barock-Bar, lG Katie

Ich grinse in mich hinein, als Katies Nachricht wieder vor meinem inneren Auge auftaucht.
Wo die Barock-Bar ist, das weiss ich zu gut. Das Lokal gehört sogar zu einem meiner Lieblingsplätze. Früher war ich oft mit Milan dort, manchmal auch mit Aurelia.
Doch in letzter Zeit war ich wenig aus. Das liegt einerseits daran das Milan nie Zeit hat und Sally die grösste Stubenhockerin ist, die ich kenne. Andererseits liegt es aber auch daran, dass mir in letzter Zeit nie nach danach war. Ich hatte, um ehrlich zu sein, gar nicht mehr Lust gehabt, neue Leute kennenzulernen.

Dass sich das jetzt zu ändern scheint, freut mich umso mehr.

~

Schwungvoll lasse ich mich neben Lilly auf den Stuhl fallen und greife automatisch nach dem Nutella-Glas , um meiner Cousine ihr Brötchen zu schmieren.
Milan wirft sich auf den Hocker neben an und hilft Lily dabei, ihr Lätzchen anzuziehen, damit sie sich nicht vollkleckert.
In dem Moment schwingt die Tür auf und meine andere Cousine, die Grössere aber nicht weniger nervige, erscheint in unserem Esszimmer.

„Na ihr drei?", begrüsst uns Sally und muss ab dem Anblick, den wir bieten, grinsen.

„Ihr würdet ein gutes Paar abgeben, ihr zwei", meint sie amüsiert und ich merke, dass sie mir wegen meiner Bemerkung letztens noch eins auswischen will.

„Sind wir doch auch, nicht Schatzilein?", meint mein Kumpel mit leicht verstellter Stimme und zwinkert mir zu, worauf hin Lilly laut kichern muss, obwohl sie den Kontext höchstwahrscheinlich null versteht.

Ich werfe Milan nur einen leicht verstörten Blick zu, muss dann aber auch grinsen. So oft wie wir Lily babysitten, sind wir manchmal wirklich wie ein eingespieltes, altes Ehepaar.

Sally schnappt sich wie selbstverständlich ein Brötchen aus der Küche und macht sich dann noch selbstverständlicher über unseren Kühlschrank her.

„Jaja, bedien dich ruhig, hab ich ja nicht alles von meinem hart erkämpften Lohn bezahlt oder so", mault Milan, doch Sally schenkt ihm nicht weiter Beachtung und beisst herzhaft in eines der frischen Gebäcke.

„Ich muss dann schon wieder, hab um acht Uhr Schichtbeginn im Museum", verkündet Sally und greift nach ihrer Tasche auf dem Küchentresen.

„Ich hol Lily dann gegen vier Uhr ab."

„Ja und mach das du pünktlich bist. Besonders heute", rufe ich ihr nach und Sally dreht sich noch einmal um.

„Aber klar. Ich versau dir doch nicht dein Date", meint sie zwinkernd und schliesst die Tür hinter sich.

„Das schaffst du auch ganz gut selbst, nich'?", lacht Milan amüsiert und duckt sich weg, bevor ihn der Lappen trifft.

Ein guter Tag zum TanzenWhere stories live. Discover now