Kapitel 20.

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Tobi

Gedankenverloren blicke ich aus dem Fenster. Das Unwetter letzter Nacht ist vorüber. Seine Spuren hat es jedoch hinterlassen. Der kleine Zitronenbaum auf unserem Balkon wurde vom Wind umgeworfen und liegt jetzt quer über unseren Campingstühlen. Milan ist gerade dabei die Erde zurück in den Pflanzentopf zu schaufeln und die Sauerei beisetze zu wischen. Sally hat es sich neben mir auf der Couch gemütlich gemacht und blättert gedankenverloren in einem ihrer Kunstprospekten. Wie so oft steckt in ihrem zerzausten Dutt ein Malpinsel, den sie dort vergessen hat. Ein Grinsen schleicht sich bei dem Anblick auf mein Gesicht. Sally ist zwar die organisierteste Person die ich kenne, jedoch herrscht in ihrem Apartment ein Chaos aus Kreativität und Ideen.

Meine Gedanken schweifen zu letztem Abend. Ich denke an Katie und daran, wie gut es getan hat mit ihr zu reden. Mich mit ihr auszutauschen und vor allem über meine Vergangenheit mit Aurelia zu berichten. Auch wenn ich noch längst nicht über alles reden konnte, war es richtig, Katie davon zu erzählen.
Katie kann gut zuhören und sie scheint immer alles auf die leichte Schulter zu nehmen. Manchmal wirkt es beinahe so, also ob sie immer jede Situation unter Kontrolle hat. Als ob sie zu jedem Gespräch die passenden Worte kennt.

Aber nicht nur das gefällt mir so an ihr. Sie hilft mir zu vergessen. Wenn ich Zeit mit Katie verbringe, habe ich das Gefühl der Tobi zu sein, der ich früher einmal war. Und nicht dieser unsichere, lebensmüde Abklatsch von mir selbst, den ich das letzte halbe Jahr war.

Aber nicht nur mir scheint das aufzufallen. In dem Moment bemerke ich, dass Sally mich über den Rand ihrer Zeitschrift hinweg beobachtet. Sie lächelt wissend, als sich unsere Blicke kreuzen und ich verdrehe nur die Augen, muss dann aber auch grinsen.

In dem Moment schallt der lärmende Ton unserer Klingel durch die Wohnung. Milan hebt kurz den Kopf, wendet sich dann aber wieder seiner Arbeit zu., ohne auch nur Anstalten zu machen, zur Tür zu gehen.
Sally blickt jetzt stur in ihre Zeitschrift und tut so, als ob sie nichts gehört hätte.

„War ja klar", maule ich mürrisch und erhebe mich ächzend von der gemütlichen Couch. Sally lächelt zufrieden,  als ich Richtung Haustür schlurfe und blättert weiter in ihrem Heft.
Es ist Sonntag Nachmittag und ich habe keinen Blassen, wer uns um diese Uhrzeit besuchen möchte.

Im nächsten Moment reisse ich auch schon die Tür auf und blicke zwei eisblauen Augen entgegen, die mich erwartungsvoll mustern.

„Hi."

Überrascht mache ich einen Schritt auf Katie zu und stolpere dabei über Milans Sneakers, die er wie immer achtlos im Flur hat liegen lassen. Im letzten Moment klammere ich mich noch am Türrahmen fest und entlocke Katie nur noch ein grösseres Grinsen.

„Hey", versuche ich mein Erstaunen zu überspielen und lehne mich lässig in den Türrahmen. Jedenfalls sollte es lässig wirken, dann wird mir bewusst, dass ich eine alte Jogginghose trage. Und ein Spiderman T-Shirt, das mir definitiv zu gross ist.

Ich war definitiv auch schon mal cooler.

„Schön dich zu sehen.  Was... treibt dich denn hier hin?", frage ich leicht atemlos und mustert ihre vom Wind zerzausten Haare. Ihre Wangen sind leicht gerötet, als ob sie schnell gelaufen wäre. Katie hat im Gegensatz zu mir eher blasse Haut. Wenn man genau hinsieht erkennt man kleine Sommersprossen auf ihren Wangen, ihrer Nase und ihrer Stirn. Am liebsten hätte ich jede einzelne davon berührt.

„Ich wollte dir nur den hier zurück bringen. Ich war gerade in der Gegend", meint sie lächelnd und reicht mir den blauen Pullover, den ich ihr gestern geliehen hatte.

„Frisch gewaschen", fügt sie schnell hinzu, als ich den weichen Stoff ergreife.

„Das wäre nicht nötig gewesen... aber danke", meine ich und knülle das Kleidungsstück in meinen Händen zusammen.

Ein guter Tag zum TanzenHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin