Kapitel 11.

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Katie

„Verflucht, warum geht dieses blöde Ding denn nicht auf!", fluche ich und haue einige Male gegen die Schublade meiner Kommode, als ob das irgendetwas bringen würde.

Ich bin selber Schuld. Schliesslich habe ich so viele Kleider wie nur möglich in das Möbelstück gequetscht und das Ding so wortwörtlich verstopft.

„Warum muss so eine Scheisse immer dann passieren, wenn ich total im Stress bin!", schimpfe ich weiter.

„Brauchst du Hilfe?", höre ich Nora von meinem Bett aus fragen und ich verdrehe genervt die Augen.

„Nach was sieht es denn aus?", zicke ich, doch bereue meinen gereizten Tonfall augenblicklich. Nora hatte meine schlechte Laune nicht verdient. Es ist ein Wunder, dass sie sich nicht schon längst aus dem Staub gemacht hat.

„Sorry", murmle ich, als sich meine beste Freundin neben mich kniet und mit nachdenklichen Blick die Kommode inspiziert.

Vorsichtig rüttelt sie an dem Teil und versucht die Ursache für die Blockade ausfindig zu machen.

„Du musst das mit Gefühl machen Katie. Du kannst da nicht einfach dran herum zerren und hoffen, dass es irgendwie passt", erklärt Nora und zieht mit einer sorgfältigen Bewegung die überladene Schublade heraus.

Fassungslos blicke ich sie an.

„Wie-.", setze ich an, doch Nora unterbricht mich.

„Gewalt ist eben keine Lösung", grinst sie und ich werfe frustriert einen Socken nach ihr.

„Ach halt doch die Klappe", brumme ich beleidigt und Nora beginnt zu kichern.

„Naja, etwas Dankbarkeit könntest du schon zeigen, nachdem ich deine Unterwäsche gerettet habe."

Ich werfe ihr versöhnend eine Kusshand zu und ziehe mich dann in Windeseile um. Einige Sekunden später betrachte ich mich im grossen Spiegel, der beinahe eine ganze Wand meines Zimmers bedeckt und rümpfe die Nase.

„In meiner Vorstellung hat es besser ausgesehen", kommentiere ich und zupfe gestresst am Saum des Jupes herum.

Der Rock besteht aus einem luftigen Stoff, der einem im Sommer angenehm um die Beine flattert. Die braune Farbe passt eigentlich super zu dem weissen, bauchfreien Oberteil. Doch irgendwie fühle ich mich unsicher. Unzufrieden zupfe ich an den goldenen Halsketten, die sich wieder einmal miteinander verheddert haben.

„Du siehst rattenscharf aus, Katie", meint Nora, die inzwischen wieder auf meinem Bett Platz genommen hat.

„Ich weiss nicht. Irgendwie fühl ich's nicht so", murmle ich und versuche zweifelt meine Haare zu richten. Warum klappt das denn heute nicht?

„Zieh noch die Schuhe an", drängt mich Nora und ich greife seufzend nach den schwarzen Plattform- Sandalen, die mir meine beste Freundin bereits entgegenstreckt.

„Ich seh doch bescheuert aus. Irgendwie so overdressed... und irgendwie zu gezwungen und... dieser Rock ist total umschmeichelhaft für meine Beine. Ich sehe voll klein aus und-."

„Jetzt reicht es aber", unterbricht mich Nora und sofort schnellt mein Blick zu ihr. Sie hat sich im Bett aufgesetzt und die Arme verschränkt. Misstrauisch mustert sie mich.

„Seit wann bist du denn bitte so unsicher? Du bist doch sonst die Style-Ikone unserer Schule! Du siehst heiss aus und der Rock steht dir super und das weisst du auch!
Also... wenn ich es nicht besser wissen würde, dann würde ich sagen, du bist nervös!"

Ich merke augenblicklich, wie meine Wangen erröten. Ertappt schaue ich zu Boden und verfluche mich selbst. Nervosität und Unsicherheit war sonst eher Nora's Ding. Ich war doch diejenige, die sie immer daran erinnert, Selbstbewusst herum zu laufen und niemals den Kopf hängen zu lassen.

Was ist heute bloss los mit mir?

„Es liegt nicht an Tobi oder so. Es ist vermutlich nur das Shooting, dass mich nervös macht. Ich meine... schliesslich geht es heute um meine Zukunft. Da darf man doch etwas nervös sein?", beginne ich auch schon, merke aber, wie Nora ein Lächeln unterdrückt.

„Ja, ja klar. Es geht nicht um ihn, hab verstanden", bestätigt sie, doch nun schafft sie es nicht mehr, ihr Grinsen zu unterdrücken.

„Was? Ich lüge nicht", meine ich schmollend und greife nach meiner Handtasche, die auf dem Schreibtisch liegt.

„Schon klar", meint Nora wenig überzeugend und ich lasse mich seufzend neben ihr auf die Bettkante fallen.

„Ich bin nervös wegen dem Shooting. Er hat rein gar nichts damit zu tun. Da ist nichts. Jedenfalls nicht von meiner Seite. Er ist ... nichts besonderes..", füge ich hinzu und beobachte, wie Nora die Stirn in Falten zieht. Meine Worte sind vermutlich etwas zynischer rübergekommen, als beabsichtigt.

Ich weiss genau, was Nora von der ganzen Sache hält. Nämlich ziemlich wenig.

„Ich sollte gehen", versuche ich das Thema zu wechseln und Nora steht sofort auf.

„Stimmt. Er wartet bestimmt schon."

Ich werfe noch einen kurzen Blick in den Spiegel, um meine Haare zu checken und schultere dann meine Tasche.

Nora begleitet mich nach draussen und verabschiedet sich mit einer Umarmung von mir. In dem Moment fährt ein schwarzes Auto in unser Quartier und ich erkenne Tobi hinter dem Steuer.
Er parkiert auf der anderen Strassenseite und winkt mir zu. Sein breites Grinsen ist sogar aus dieser Entfernung kaum zu übersehen und automatisch muss ich auch lächeln.

„Das ist er?", fragt Nora mit erhobener Augenbraue und ich nicke bestätigend.

„Der sieht ja heiss aus", kommentiert sie und wackelt jetzt über treiben heftig mit ihren Augenbrauen.

„Na pass auf, dass Nico das nicht hört", gebe ich nur zurück, doch Nora lächelt, während sie in ihr Auto steigt.

„Viel Spass, Katie!", ruft sie. Bevor sie ganz im Auto verschwindet, dreht sie sich nochmals zu mir um und lächelt.

„Also der ist was Besonderes, das seh ich schon von hier aus."

Ein guter Tag zum TanzenWhere stories live. Discover now