Kapitel 8

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Ich konnte spüren, wie die Äste mir ins immer wieder mein Gesicht streiften und kleine Kratzer hinterließen, während ich durch den Wald lief. Das Poltern der Hufe wurde immer lauter und es war, als könnte ich schon den warmen Atem des Pferdes in meinem Nacken spüren. Ich hechtete an Bäumen vorbei, sprang über Hindernisse und bewegte mich immer weiter von der Hütte weg, zu der ich meine Geschwister geschickt hatte. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis der Reiter mich erreichen würde oder mich meine Kraft verließ.

Als ich merkte, dass der Wald immer dichter wurde und ich in einiger Entfernung eine kleine Klippe entdeckte, kamen mir die Grundlagen eines gefährlichen aber guten Plans. Da mir nichts anderes einfiel, was mich aus dieser Situation retten könnte, musste ich es riskieren. Eilig lief ich auf die Klippe zu und ignorierte, dass meine Beine unter mir wegbrechen wollten. Nur noch ein paar Meter und ich wäre gerettet..... Schweratmend blieb ich vor der sechs Meter hohen Wand aus rauem Stein stehen. Ich hatte nur einen einzigen Versuch! Dank den dicht beieinander stehenden Bäumen hatte mein Verfolger Probleme hinter mir herzukommen, was mir ein paar Sekunden einbrachte. Mit festem Griff setzte ich meine Hand auf die Kante eines Steins und zog mich nach oben. Konzentriert arbeitete ich mich immer weiter nach oben. Als ich ungefähr bei der Hälfte angekommen war, sah ich, dass der Reiter geradewegs auf die Klippe zugeritten kam. Mit zitternden Armen zog ich mich weiter nach oben. Nicht nach unten schauen! Nicht ablenken lassen! Meine Arme waren zum Zerreißen gespannt und meine Hände brannten, da sie vom Stein aufgerissen waren. Plötzlich ertönte ein metallisches Sirren und kurze Zeit später schrie ich vor Schmerz auf. Ächzend fasste ich mir mit einer Hand an die Seite, während ich mich fest an die steile Felswand presste.

Zischend zog ich die Luft ein, als meine Seite furchtbar zu brennen begann. Der Dolch, welcher mich erwischt hatte, steckte bis zur Hälfte der Klinge im Stein. Schockiert sah ich nach unten und erkannte, dass er den zweiten Dolch zog. Mit neuer Kraft erfüllt kletterte ich die letzten Meter in Rekordzeit nach oben und ließ mich zitternd auf den Boden fallen. Überall an meinen Armen, Beinen und meinem Gesicht hatte ich blutige Kratzer. Der tiefe Schnitt machte mir aber am meisten Sorgen. Ich musste irgendwie einen Druckverband anlegen, da immer mehr Blut aus der Wunde lief. Meine Kleidung hatte sich schon an der Stelle voller Blut gesogen und färbte sich dunkelrot. Da mein rechtes Hosenbein sowieso nur noch an ein paar Fäden mit dem Rest verbunden war, riss ich es ab und benutzte es als Verband. Ich musste so schnell wie möglich zur Hütte. Cirion hatte erzählt, dass er dort alle möglichen Sachen zur Verpflegung hatte. Ächzend stand ich auf und versuchte, mich zu orientieren. Zuerst tanzten kleine schwarze Punkte durch mein Sichtfeld, welche wahrscheinlich von meinem Blutverlust kamen, doch meine Sicht klärte sich nach ein paar Sekunden. Schnell hatte ich gefunden, in welche Richtung gehen musste. Langsam schleppte ich mich Schritt für Schritt durch den Wald. Doch mit jeder Sekunde verlor ich immer mehr Blut, was mich nur noch mehr schwächte. Mein ganzer Körper zitterte und langsam machte sich ein taubes Gefühl in meinen Beinen breit. Panisch versuchte ich weiter zu gehen, doch meine Muskeln wollten nicht gehorchen.

Erschöpft sank ich auf den Boden, wo ich keuchend liegen blieb. Immer öfter vielen mir meine Augen zu, obwohl ich mit aller Kraft versuchte, wach zu bleiben. Doch die Schwärze zog mich mit sich und ich fiel.

Ich war sehr irritiert gewesen, als ich Elaynes Panther erkannt hatte, welcher mit ihren Geschwistern auf den Rücken geradewegs auf meine Hütte zukam. Eigentlich hatte ich mich auf den Weg machen wollen, um mehr über die ganze Situation zu erfahren. Doch das konnte ich nun nicht. Zuerst waren Elaynes Geschwister sehr vorsichtig und misstrauisch mir gegenüber, doch als ich sie nach ihrer Schwester fragte, fingen beide an zu weinen und erzählten mir, was sich zugetragen hatte. Nun saßen wir zu dritt vor der Hütte in der Hoffnung, dass Elayne jede Sekunde aus den Bäumen tritt und unverwundet vor uns steht. Doch sie war nun schon fast eine Stunde weg, wenn ich den Erzählungen von James und Serina Glauben schenken konnte. Nun begann ich mir langsam Sorgen zu machen. Außerdem hatte sich ein schlechtes Gefühl in meiner Magengegend breit gemacht. Vor ein paar Minuten war die Sonne untergegangen und wir hatten beschloss, mach drinnen zugehen, da es zu kalt war, um weiter draußen zu bleiben. Gerade als ich die Tür hinter mir schließen wollte, sah ich eine Bewegung am Waldrand. Fassungslos blickte ich auf das Szenario vor mir. Sowas hatte ich noch nie gesehen. Ein brauner Wolf und ein Hirsch kamen aus dem Wald. Das Fell und Geweih des Hirsches erstrahlte im Glanz des Mondes, weshalb der Hirsch fast schon magisch wirkte. Außerdem wirkten der Wolf und der Hirsch sehr friedlich miteinander. Eigentlich hätte ich erwartet, dass der Wolf den Hirsch jede Sekunde anspringen würde, doch er ging weiterhin neben ihm auf die Hütte zu. Je näher sie kamen, desto besser konnte ich sie erkennen. Verwirrt sah ich den Hirsch genauer an. Da war doch etwas auf seinem Rücken..... Ein schlaffer Arm hing hinunter genauso wie zwei Beine.
,,ELAYNE!"

Rising Dark - Das ErwachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt