Kapitel 2

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Mittlerweile waren schon weitere zwei Wochen vergangen, in denen ich genügend Vorräte für den kommenden Winter beschaffen hätte können. Doch es wurde immer schwieriger Jagen zu gehen und die Hütte warm zu halten, da der Frost schon eingesetzt hatte. Heute war noch einer der etwas warmen Tage, an denen ich draußen das Holz für den Winter spaltete. In meinen Arbeitsklamotten, welche aus einer zerschlissenen Hose und einem löchrigem Hemd bestand, ließ ich die Axt wieder und wieder auf das Holz hinunter sausen.

Meine blonden langen Haare hatte ich mir zu einem Zopf zusammengebunden, welcher mir auf meinen Rücken fiel. Schweiß lief mir das Gesicht hinunter und meine Arme brannten schon vor Anstrengung. ,,Willst du nicht einmal eine Pause einlegen?", hörte ich die besorgte Stimme meiner Schwester. Lächelnd drehte ich mich zu ihr um. Ich hatte ihr schon oft gesagt, dass sie sich keine Sorgen um mich machen musste, doch sei war einfach viel zu fürsorglich. Das hatte sie von unserer Mutter. Sie war auch immer sehr vorsichtig gewesen und war sofort da gewesen, wenn ich mich beim Spielen verletzt hatte. „Nein, ich höre auf, wenn das Holz komplett gehackt ist. Wenn ich jetzt Pause mache, kann ich morgen noch etwas davon machen und du weißt, dass ich morgen eigentlich nochmal in den Wald gehen wollte.", erklärte ich mit warmer Stimme und sah sie verständnisvoll an. „Außerdem weißt du, dass es gemacht werden muss, bevor der erste Schnee fällt. Und da es immer kälter wird, müssen wir wahrscheinlich nicht mehr lang darauf warten."

„Musst du wirklich noch einmal in den Wald? Wir haben doch schon genug Vorräte für den Winter....", seufzte sie und sah mich bettelnd an, während sie mich aus ihren braunen Augen besorgt musterte. „Ich habe dir doch erzählt, dass zwei Jäger mehrere Rehe und Hirsche gesehen haben sollen. Wenn das wirklich wahr ist, können wir sehr viel Geld machen.", erklärte ich ihr hoffnungsvoll. ,,Ich mache mir nur Sorgen, da die Wölfe sich jetzt näher ans Dorf ran wagen, da es für sie immer weniger zu fangen gibt.", meinte Serina traurig. ,,Du weißt gut genug, dass ich mich verteidigen kann.", sagte ich ihr frech und zwinkerte ihr zu. In ihren tränenerfüllten Augen mischte sich ein Funkeln und ihre Lippen verzogen sich nach oben. Anscheinend schien sie, sich an damals zu erinnern und kicherte leise.

Es war ungefähr fünf Jahre her. Damals war ich dreizehn Jahre alt gewesen und hatte mit der damals siebenjährigen Serina in den Wäldern verstecken gespielt. Eines Tages war ich andere Reihe gewesen, Serina zu suchen. Doch mittendrin erklang ein Schrei. Sofort lief ich zu ihr und konnte sehen, wie Serina von einem Wolf angegriffen wurde. Als ich zu ihnen gestürmt kam, ließ der Wolf von Serina ab und schlich knurrend auf mich zu. Ich hatte furchtbare Angst, doch ich war bereit meine Schwester zu beschützen. Anders als erwartet fing der Wolf an zu hecheln und blickte mir tief in die Augen, bevor er sich zurück zog und verschwand. Serina hatte gemeint, dass er wegen meinem Mut beeindruckt war und mich deswegen verschont hatte. Aber ich wusste, dass etwas anderes dahinter stecken musste. Doch ich erfuhr nie, was es war.
,,Kann ich dir wenigstens was zu trinken bringen?", fragte Serina freundlich. Dankbar nahm ich ihren Vorschlag an und machte mich wieder an die Arbeit.

Mit Adleraugen beobachtete ich Elayne, während sie ihre Arbeit verrichtete. Mittendrin kam ein kleines Mädchen aus der Hütte, von dem ich annahm, dass es sich um die kleinere Schwester handelte. Serina war ihr Name, soweit ich wusste. Sie redeten eine kurze Zeit bis das Mädchen wieder zurückging und Elayne alleine ließ. Das ist meine Chance.
Langsam wagte ich mich hinter den Bäumen hervor und ging einige Schritte auf Elayne zu. ,,Hallo?" Erschrocken wandte sie sich um und blickte mir mit aufgerissenen Augen entgegen. ,,Hallo, kann ich Ihnen helfen?", fragte sie etwas verwundert. Ihre zarte Stimme war ein Geschenk für jedermann, der sie hören konnte. Bestimmt kann sie wundervoll singen.....

,,Sir?" Vorsichtig kam sie auf mich zu und musterte mich von oben bis unten. Im Gegensatz zu anderen Frauen schien sie nicht beeindruckt von meiner Statur. In meiner Heimat wurde ich meistens sehr umschwärmt, weshalb mich ihre Reaktion stutzen ließ.
,,Ich wollte mich nur erkundigen, ob in den nächsten Tagen sich ein paar Jäger im Wald aufhalten werden, da ich einige Arbeiten erledigen muss, weshalb es sichtig wäre, damit ich vorbereitet wäre. Ich habe gehört, dass ihr Jägerin seid, weswegen ich gehofft habe, dass ihr mir weiterhelfen könntet.", sagte ich glaubwürdig. Eigentlich wollte ich nur herausfinden, ob sie sich in den nächsten Tagen im Wald aufhalten würde, da es dort zurzeit sehr gefährlich war. Die Wölfe hatten sich den Städten und Dörfern genähert und waren unberechenbarer als die Jahre zuvor, da es das ganze Jahr für sie Nahrung sehr knapp war. ,,Nun ja, ich weiß nicht, ob es viele sein werden, aber ich und eins, zwei andere werden es wahrscheinlich machen.", überlegte sie, während sie sich wieder ihrem Holz widmete. ,,Es ist doch viel zu gefährlich wegen den Wölfen.", wies ich sie auf die Gefahr hin, um sie von ihrem Vorhaben abzubringen, doch sie lachte nur. ,,Lassen Sie das ruhig meine Sorge sein. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag." Damit war das Gespräch anscheinend beendet. Ich warf noch einen letzten Blick auf die wunderschöne Frau, bevor ich mich abwandte. Ich hoffte nur, dass sie auf sich achtete. Wenn nicht würde ich da sein, um sie zu beschützen.

Rising Dark - Das ErwachenWhere stories live. Discover now