Kapitel 1

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Seufzend schritt ich durch den Wald mit dem Bogen in der Hand, dem Köcher auf dem Rücken und vier Hasen über meiner Schulter baumelnd. Die Jagd war sehr erfolgreich gewesen und ich hoffte, dass mir mein Fang eine hohe Summe einbrachte.

Erschöpft ging ich zurück zum Dorf, um meine Beute gegen etwas Essen oder etwas Geld einzutauschen. Der Winter stand vor der Tür und meine Geschwister und ich hatten nicht genug Vorräte, um über die Runden zu kommen. Also war ich die letzten Wochen sehr viel im Wald unterwegs gewesen, um etwas zu erlegen. Doch der Wald schien wie ausgestorben und es vergingen meistens Stunden, bis ich ein Tier zu Gesicht bekam. Je näher wir der kalten Jahreszeit kamen, desto mehr Angst hatte ich, nicht genügend Essen, Kleidung und Holz für Feuer für uns drei besorgen zu können.
Serina, meine zwölf Jahre alte Schwester, war dafür zuständig, sich um unseren kleinen Bruder kümmern.

Seit dem Tod unserer Eltern war noch nicht einmal ein Jahr vergangen und es fiel uns allen immer noch sehr schwer, an sie zu denken und ohne sie zu leben. Jedes Mal, wenn ich an sie denken musste, nahm eiskalte Trauer mein Herz ein und ließ mich frösteln.

Kurz bevor meine Eltern gestorben waren, hatten sie mir verkündet einen Bräutigam für mich finden zu wollen, da es an der Zeit gewesen wäre, endlich zu heiraten. Ich hatte erzürnt angefangen zu schreien und sie zu beschimpfen. Ich wollte niemanden heiraten. Ich brauchte keinen Mann in meinem Leben. Das hatte ich nie und würde ich auch nie! Zwei Tage lang waren sie darauf weg gewesen, um etwas Stoff zu besorgen, und ich hatte mir vorgenommen, mich bei ihnen zu entschuldigen, wenn sie von ihrer Reise zurückkämen. Doch dazu kam es nicht.....

Tagelang warteten wir auf ihre Rückkehr, doch sie kamen nicht heim. Irgendwann suchte uns ein Beamter auf, welcher aus der Stadt kam, in welche unsere Eltern gereist waren. Er erzählte uns, dass unsere Eltern auf dem Heimweg nahe der Stadt überfallen worden waren, und dass sie dabei ihr Leben ließen. Für meine Geschwister und mich war eine Welt zusammen gebrochen.....

Doch uns war allen klar, dass wir weiter arbeiten mussten, um nicht auch zu sterben. Also hatte ich gelernt, zu jagen und verdiente so unser Geld. Serina hingegen machte mit James den Haushalt. Zuerst war es noch etwas holprig gewesen, doch irgendwann hatten sich alle in ihrer neuen Arbeit zurecht gefunden.

Als ich auf den Markt trat, suchte ich diesen nach Tarik ab. Er war ein älterer Mann und war schon mehrere Jahre als Händler bekannt. Tarik machte die besten Geschäfte in unserem Dorf und half meiner Familie ab und zu aus. Grinsend ging ich auf ihn zu und zeigte ihm die Hasen. ,,Guten Tag, Elayne. Wie ich sehe hast du mir heute vier prächtige Exemplare mitgebracht.", sagte er zufrieden, während er sich die Hasen genauestens ansah. ,,Es ist sogar ein Schnee weißer dabei...!", sagte ich stolz. Schneehasen waren sehr beliebt für ihr Fell und brachten meist eine hohe Summe ein, welche ich gut gebrauchen konnte.

,,Ein wirklich schöner Hase.", stimmte mir Tarik zu. ,,Ich biete dir dreißig Taler.", verkündete er grinsend. Meine Augen begannen vor Freude zu strahlen. Das war ein sehr guter Preis und nahm mir etwas Last von den Schultern. Mit diesem Geld könnten wir uns das Essen für zwei bis drei Monate leisten!

,,Vielen Dank.", lächelte ich dankbar und nahm die Taler entgegen, welche er mir hinhielt. ,,Noch einen schönen Tag.", wünschte er mir und wandte sich an seine Ware. Langsam schritt ich durch die Leute, welche sich zwischen den Ständen befanden. Egal, wohin das Auge blickte, überall sah man nur schlicht gekleidete Menschen. Die hohen Leute kamen nur sehr selten zu uns und blieben auch nicht lange, da ihnen unser Lebensstandard zuwider war.

Da wir noch genug Vorräte daheim hatten, ging ich sofort zur Hütte, welche abseits des Dorfes stand. Unsere Hütte war schon alt, doch sie war gemütlich, auch wenn wir nicht viel Besitz hatten, war es dennoch unser Zuhause. Als ich gerade die Tür öffnen wollte, wurde sie vor meiner Nase aufgerissen und ein brauner Haarschopf kam hervor. ,,Elayne!", quietschte mein kleiner Bruder und fiel mir in die Arme. Nun wurde auch Serina auf mich aufmerksam und kam auf mich zu.

,,Wie ist dein Tag gelaufen?", fragte sie neugierig und man konnte die Hoffnung in ihren Augen aufblitzen sehen. ,,Dreißig Taler.", verkündete ich und ich konnte mit ansehen, wie sich ein strahlendes Lächeln auf Serinas Gesicht breit machte. „Das ist fabelhaft. Zur Feier des Tages habe ich uns übrigens eine Suppe zubereitet.", sagte sie und mir stieg der Duft von warmer Gemüsesuppe in die Nase. Zusammen gingen wir in zum Tisch und aßen. James erzählte mir vergnügt von seinem Tag, während er die Suppe hinunterschlang.

Nachdem wir fertig waren, ging James ins Bett und ich half Serina noch ein wenig mit der Arbeit, bevor auch sie sich schlafen legte. Nun saß ich allein am Tisch und blickte aus dem Fenster. Draußen schien der Mond und ließ den Wald in silbernen Licht erstrahlen. Gedankenverloren versank ich in diesem Anblick und merkte gar nicht, dass ich einschlief.

Vorsichtig versteckte ich mich hinter dem Busch, während ich die kleine Hütte beobachtete. Das Mädchen, welchem ich seit sieben Stunden folgte, war schon eingeschlafen und ihre blonden Haare hatten sich um ihren Kopf verteilt. Als ich sie während der Jagd entdeckt hatte, war sie mir irgendwie bekannt vorgekommen, weshalb ich ihr bis hier her gefolgt war. Doch es war langsam an der Zeit zurückzukehren, um den General nicht zu verärgern. Leise rief ich nach Louf, meinen Wolf, welcher mich zurückbringen sollte. Ich werde wiederkommen, Elayne.

Rising Dark - Das ErwachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt