Fünfundzwanzig

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Widerwillig öffne ich die Tür ein wenig weiter und brumme: „Du hast gar keinen Legostein dabei." Aus dem Augenwinkel sehe ich einen müde aussehenden Tom, der auf dem Boden sitzt und mit dem Rücken an der Wand lehnt. Er sieht mich nicht an, sondern starrt verlegen auf den Boden.
Bitte lass es mich erklären, Jasper.

„Ich besorg mir einen, da kannst du dich drauf verlassen," droht Betty und bedeutet Tom mit einem Kopfnicken, dass er aufstehen soll. Mühsam erhebt er sich und schiebt sich an mir vorbei in meine Wohnung. Ich strafe Betty mit einem wütenden Blick und sie küsst liebevoll meine Nasenspitze.
„Du darfst dich später bei mir bedanken," lächelt sie und flitzt davon.
Langsam schließe ich die Tür wieder, drehe mich aber nicht um.
Bitte sieh mich an, Jasper.

Ich schüttele meinen Kopf. „Sag, was du zu sagen hast und dann geh," sage ich kalt.
Tom seufzt und legt seine Hand auf meine Schulter. „Jasper, woher weißt du, was ich denke?" fragt er.
„Du wolltest reden und keine Fragen stellen." erwidere ich und schüttele seine Hand ab.
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll," gibt er zu. Mit rollenden Augen öffne ich die Tür wieder und sage nur: „Dann kannst du auch gleich wieder gehen."

Wütend drückt er die Tür wieder zu und packt meine Schultern, um mich zu zwingen ihn anzusehen.
„Du fehlst mir, okay?" herrscht er mich an. „Ich muss ununterbrochen an dich denken. Ich kann nicht schlafen, ich kann mich nicht konzentrieren und ich vermisse dich einfach. Und nicht nur den Sex."
Obwohl der wirklich unglaublich ist.

Ich schnaube abfällig und will ihn abschütteln, doch er lässt mich nicht los.
„Nein, Jasper," sagt er deutlich. „Ich will nicht gehen. Ich will nicht, dass du mich wegschickst. Ich vermisse deine Nähe und dein Lachen und ich glaube, du vermisst mich auch."
„Was macht das für einen Unterschied?" frage ich leise und sehe auf den Boden.

Er beugt sich vor, so dass ich trotzdem gezwungen bin, sein hübsches Gesicht zu sehen. „Jeden," sagt er nur. „Ich habe mich in dich verliebt, Jasper. Ich wollte es nicht wahrhaben, aber so ist es und es tut mir leid, wenn ich dich habe denken lassen, dass ich dich nur ausnutze."

Vorsichtig schaue ich zu ihm auf. Seine Augen sehen mich ernst an und ich runzele die Stirn.
„Hast du das gerade laut gesagt?" frage ich zweifelnd.
Er lacht leise. „Ja, verdammt. Ich habe mich in dich verliebt," wiederholt er. „Und ich habe mich gerade vor deiner besten Freundin geoutet, das heißt, ich werde nachher einiges zu erklären haben, wenn ich nach Hause komme."

Ich kann das Lächeln, das sich auf meinem Gesicht ausbreiten will, nicht aufhalten. Er hat es tatsächlich laut gesagt.
„Ich mich auch in dich," flüstere ich kaum hörbar.
„Gott sei Dank," seufzt er erleichtert. „Sonst wäre das hier gerade sowas von unangenehm geworden."
Ich schlinge meine Arme um seinen Nacken und ziehe ihn an mich.

Wir beide seufzen leise auf, als unsere Lippen sich treffen. Toms Arme halten mich fest umklammert, als wollte er mich nie wieder loslassen und ich bin froh darüber, weil ich befürchte, dass mein Herz gleich aus meiner Brust springt, so stark wie es klopft.

•••

Mein Handy vibriert mit einer Nachricht und ich greife umständlich danach. Tom und ich liegen unter meiner grauen Fleecedecke auf meinem Sofa und er ist mit seinem Kopf auf meiner Brust eingeschlafen.

Betty

Alles okay bei euch?

Ja, Cookie.
Und: danke!

Du schuldest mir
mindestens drei
Drinks.

Du kriegst vier.

Yay!

Hast du es Carl
erzählt?

Nein, er hat zwar gefragt,
warum ich schon wieder
zurück bin, aber das sollte
Tom ihm vielleicht selbst
sagen.

Danke, Cookie.

Ich lege mein Handy wieder weg und streiche gedankenverloren durch Toms Haare. Er seufzt wohlig und sieht mich verschlafen an.
„Hey," murmele ich.
„Hey," erwidert er und schmiegt sich an meine Hand. „Weiß Carl es?"
„Nein, Betty findet, du solltest es ihm selbst sagen."
„Kommst du mit?"
„Wenn du möchtest?"
Er verschränkt unsere Finger miteinander. „Ja, das möchte ich."
Ich lächele und küsse ihn auf seinen Kopf.

„Willst du es mir jetzt verraten?" fragt er nun.
„Was?"
„Woher du weißt, was ich denke."
Ich schlucke schwer, denn ich befürchte, dass er gleich schreiend wegrennen wird. „Ich habe keine Ahnung, ehrlich gesagt," gebe ich leise zu. „Deine Stimme war plötzlich in meinem Kopf."
„Wann?" fragt er, ohne seinen Kopf von meiner Brust zu nehmen.
„Seit dem Tag, an dem Betty auf Carls Schoß gelandet ist."
Jetzt schaut er auf, seine Augen sind riesengroß. „Und du hast alles gehört?" fragt er überrascht.
„Nein, scheinbar nur das, was mich betraf," erwidere ich ehrlich.
„Oh," überlegt er. „Oh!"
„Willst du gehen?" frage ich leise und wappne mich innerlich auf seine Antwort.

Doch Tom schüttelt nur seinen Kopf. „Nein," seufzt er. „Ich schätze, es sollte so sein."
Ein hysterisches Lachen in meiner Brust lässt mich fast losprusten. „Vermutlich schon."
„Hörst du, was ich jetzt denke?" fragt er schließlich und grinst dabei. Ich horche in meinen Kopf, aber außer meinen eigenen Gedanken, die sich alle nur um ihn drehen, nehme ich nichts wahr. „Nein," sage ich ehrlich.
„Schade," seufzt er.
„Warum?"
„Dann muss ich dir wohl zeigen, was ich jetzt gern mir dir anstellen will.." säuselt er und vereint unsere Lippen.

•••

Später am Abend schließt Tom seine Wohnung auf und greift sofort meine Hand. Carl und Betty sitzen kuschelnd auf dem Sofa, vor ihnen zwei Pizzakartons auf dem Couchtisch. Als Betty uns sieht, erhellt ein breites Lächeln ihr Gesicht. „Hey!" ruft sie und auch Carl sieht auf. Toms Hand um meine verstärkt ihren Griff und ich spüre seine Anspannung.

„Hi," sagt er nur und schluckt schwer. Carl sieht auf unsere Hände, dann in unsere Gesichter und beginnt zu grinsen.
„Alter," sagt er nur. „Ich wusste doch, dass diese Tante auf dem Profilbild nicht Jenny war."
Tom schnappt überrascht nach Luft. „Du bist nicht sauer?" fragt er. Carl zieht verwirrt die Augenbrauen zusammen. „Wieso? Weil jemand dafür sorgt, dass du nicht mehr so grimmig bist?" lacht er. „Kommt her, wir haben noch Pizza übrig."

„Habt ihr auch Pizza Hawaii?" frage ich neugierig und sehe schon Bettys breites Grinsen.
„Was?" fragen Tom und Carl wie aus einem Mund. „Wir sind doch keine Axtmörder!"

Ende

Stimmengewirr | ✓Nơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ