Sieben

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„Bitte Jasper," bettelt Betty, während sie eilig hinter mir her trippelt.
„Nein!" rufe ich.
„Jaz! Biiitte, ich flehe dich an!"
Sie fleht? Das hat sie noch nie. Aber das ist egal.
„Nein, Doherty! Alles, aber nicht das. Ey, ich massiere auch Carls Mutter die Füße, ich tue wirklich alles für dich, aber nicht das. Niemals will ich mit diesem Arschloch allein Zeit verbringen!" schreie ich nun schon fast.

Ich kann ihr schlecht sagen, dass ich ihn hasse, weil ich seinen wunderschönen Schwanz gelutscht habe und dabei seine dreckigen, aber fuckheißen Gedanken gehört habe und er sich dann einfach verpisst und mir vorher noch gedroht hat. Ganz abgesehen davon, dass ich ihn vor allem deshalb hasse, weil ich seitdem nicht einmal mehr gekommen bin, weil ich jedes Mal an ihn denken muss und ich ihn hasse. Habe ich schon erwähnt, dass ich ihn hasse? Es ist ein Teufelskreis.

Betty bleibt hinter mir stehen, weil ich nicht langsamer werde und ich höre ein Schniefen. Oh nein. Sie wird doch nicht..
Ich drehe mich um und sehe Tränen auf ihrem Gesicht.
„Heulst du jetzt, Doherty?" motze ich. Trotzig schüttelt sie den Kopf.
„Betty, was ist los?" frage ich besorgt und gehe zurück zu ihr.
„Ich bin untervögelt!" schreit sie mich an und ich zucke zusammen.

Eine Frau auf der anderen Straßenseite bleibt überrascht stehen und eilt dann schnell weiter, als wir sie beide wütend anstarren.
„Ich will ihn, Jaz. So sehr," jammert Betty. „Ich kann an nichts anderes mehr denken, aber Tom ist immer da. Immer! Wir sind nie allein und ich halte das nicht mehr aus!"
Ich nehme sie liebevoll in den Arm. „So schlimm, Cookie?"
„Nein," schnieft sie. „Noch schlimmer. Ich weiß, du magst Tom nicht. Ich mag ihn auch nicht, weil er immer da ist." Die letzten Worte presst sie durch zusammengebissene Zähne hervor. „Aber ich bin wirklich verzweifelt. Ich will mein erstes Mal mit Carl nicht hinter einem Papiercontainer haben, aber glaub mir, ich bin an einem Punkt, wo es mir egal ist."

„Okay," seufze ich. „Hinter einem Papiercontainer ist es wirklich nicht besonders erotisch. Aber wie soll ich ihn ablenken?"
Betty blickt hoffnungsvoll zu mir auf. „Wir schleichen uns aus dem Film und wenn du dich hinterher einfach noch mit ihm unterhalten könntest? Vielleicht trinkt ihr noch was oder so? Das reicht Carl und mir ja schon."
„Maximal eine halbe Stunde nach Filmende. Mehr kann ich unmöglich ertragen," willige ich ein.
Betty nickt eifrig und küsst mich dankbar auf die Wange. „Du bist der beste, beste Freund, den man sich wünschen kann."
„Ja," murre ich. „Und sag Carl, ich poliere ihm die Fresse, wenn er dich nicht mindestens dreimal kommen lässt."
Betty lacht laut auf und nickt. „Wird ausgerichtet."

Also stehe ich wartend mit Betty im Vorraum des Kinos und natürlich sind die beiden Herrschaften zu spät dran.
„Der Film geht gleich los," nörgele ich.
„Ja, es kommt doch sowieso noch Werbung," beruhigt Betty mich.
„Vielleicht geh ich schon mal rein, dann muss ich ihn nicht angucken," schlage ich vor.
„Oh, Jaz," lacht Betty. „Er ist vielleicht unsympathisch, aber du kannst mir doch nicht erzählen, dass du ihn nicht heiß findest."
„Wie bitte?"
„Hallo? Groß, dunkle, wuschelige Haare. Der passt doch genau in dein Beuteschema."

„Wer ist hier wessen Beuteschema?" lässt uns Carls Stimme zusammenzucken. Betty springt ihm quietschend in die Arme und ich erblicke das mürrische Gesicht von Grumpy Cat. Er sieht mich nicht mal an, sondern nur gelangweilt auf die Filmanzeigetafel.
„Dann können wir ja," flötet Betty und zieht Carl mit sich. Ich folge den beiden und hoffe, dass Tom vielleicht doch einfach da stehen bleibt.
Oh fuck, dieser Hintern schon wieder.

Okay. Ich bin hart. Obwohl ich ihn hasse. Und obwohl er mich hasst. Aber er scheint meinen Arsch zu lieben. Fuck! Ich drehe mich kurz um und werfe ihm einen wütenden Blick zu, den er mit der gleichen Intensität erwidert. Oh, dieser Abend wird einfach zauberhaft.

Im Kino ist es schon dunkel und Betty und Carl lassen Tom und mich zuerst in die Reihe. Jetzt sitze ich auch noch neben ihm. Aber das war ja auch Bettys Plan. Ich konzentriere mich auf die Leinwand und versuche, das Arschloch neben mir auszublenden.
Warum muss er so gut riechen?

Ja, sorry, Arschloch, denke ich bitter. Betty tippt mich kurz an und als ich sie ansehe, bemerke ich schon Carl, der sich im Hintergrund langsam aus der Reihe bewegt. Ich nicke ihr zu und zwinkere lasziv, was sie grinsen lässt, bevor sie ihm leise folgt.
„Wohin gehen die beiden?" fragt Tom mich plötzlich.
„Weg," antworte ich knapp.
„Okay, danke für diese hilfreiche Information."
„Bitte."
Im Augenwinkel sehe ich, wie er mich wütend anfunkelt. „Sag, was ist dein Scheißproblem?" faucht er.
„Psssssst!" zischt ein Typ hinter uns und tritt von hinten gegen unsere Sitze.
„Schnauze!" blaffen wir ihn synchron an und starren dann wieder auf die Leinwand.

Der Film beginnt und ich versuche, ruhig zu atmen und den Typen neben mir auszublenden. Leider fällt mir das extrem schwer, weil ich ihn immer wieder denken höre.
Fuck, diese Finger.

Oh Gott, wie er meinen Schwanz gelutscht hat.

Hmm, ich wette, er schmeckt fantastisch.

Ich versuche, seine Gedanken zu ignorieren, was mir aber natürlich nicht gelingt. Stattdessen habe ich ein massives Problem in meiner Hose.
Es ist merkwürdig, dass ich nicht alles zu hören scheine, was er denkt. Oder er denkt einfach nur sehr wenig.
Oh Gott, diese Lippen. Fuck, hat es dir auch so gut gefallen, Jasper?

Ich sehe entsetzt zu ihm rüber, doch er ignoriert mich konsequent. Natürlich. Heuchler.

Endlich ist der Film vorbei, doch mir wird mit Schrecken bewusst, dass ich jetzt noch mindestens dreißig Minuten mit diesem Idioten verbringen muss. Im Foyer sieht er sich verwundert um.
„Wo sind Betty und Carl?" fragt er.
„Ich glaube, Betty ging es nicht so gut," lüge ich. „Lust, noch was zu trinken?"
Angewidert sieht er mich an. „Fragst du mich grad nach 'nem Date? Ich bin nicht schwul."

Ohhh.. ich denke doch, Arschloch. Ich schließe meine Augen und atme tief durch, damit ich ihn nicht einfach schlage.
„Okay," sage ich betont ruhig. „Ich habe nur versucht, nett zu sein. Aber dann fick dich einfach. Lass uns gehen."
„Wohin?"
„Zu dir."
„Bist du noch ganz dicht?" schreit er nun schon fast.
„Betty. Ist schlecht geworden. Sie sind vermutlich bei euch, weil ihr näher dran wohnt," erkläre ich ganz langsam, als wäre er geistig zurückgeblieben. Ist er bestimmt auch.
„Oh, verstehe. Natürlich."

Ohne Vorwarnung geht er los und will vor dem Kino ein Taxi heran winken.
„Halt!" rufe ich.
„Was denn jetzt schon wieder?" fragt er genervt.
„Mir wird schlecht im Taxi. Können wir nicht zu Fuß gehen?" lüge ich wieder.
„Dein Scheißernst?" faucht er. „Das sind acht Blocks."
„Jetzt stell dich nicht so an. Ich werde dich schon nicht in eine dunkle Gasse ziehen," witzele ich.
Fuck, du und ich in einer dunklen Gasse.

Fragend sehe ich ihn an und er schüttelt den Kopf, als wollte er den Gedanken vertreiben. Ich selbst bin immer noch schmerzhaft geschwollen und versuche ebenfalls, meine Gedanken auf etwas anderes zu lenken.
Schweigend setzt er sich in Bewegung und wir gehen ohne Worte nebeneinander her.
Nur noch sechs Blocks, das schaffe ich, ihn nicht anzuspringen.

Mir fällt auf, wie er immer wieder verstohlen zu mir rübersieht und ich beiße mir vorsätzlich auf meine Unterlippe, starre aber geradeaus.
Oh Gott, diese Lippen.

Mittlerweile macht es richtig Spaß ihn zu quälen, denn seine Hände sind tief in seinen Hosentaschen vergraben, um seine eigene Erektion zu verbergen, die ich aber dennoch im Schein der Straßenlaternen erkennen kann.

Ich selbst mache mir keine Mühe, meine eigene Erregung zu verbergen, ich laufe seit dem Treffen auf dem Dach so herum, denke ich wütend. Als er wieder einmal zu mir sieht, richte ich meinen Schritt ungeniert und plötzlich und ohne Vorwarnung drückt er mich in die schmale Gasse zwischen zwei Häusern, an der wir gerade vorbei gehen.

Stimmengewirr | ✓Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang