S I E B Z E H N

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Am nächsten Morgen wachte ich mit geschwollen Augen auf. Ich hatte ein wenig geweint und den größten Teil einfach nicht geschlafen. Ich ging erstmal ins Bad um den Schaden zu begutachten.

Meine Haare standen in alle Richtungen ab und ich sah einfach fertig aus. Vielleicht fühlte ich mich ein wenig besser wenn ich unter die Dusche sprang. Ich nahm mir frische Klamotten und ging duschen.

Ich versuchte zu entspannen und duschte mit fast heißem Wasser, bis es kalt wurde. Tatsächlich half es, dass ich mich nicht mehr ganz so schlecht fühlte. Trotzdem waren meine Zweifel nicht verschwunden, mir ist bewusst dass ich nicht einfach so aussteigen kann immerhin bin ich eine Verpflichtung eingegangen und es wäre Verrat wenn ich gehen würde, aber ich denke ich bin einfach nicht geeignet. Ich wollte meiner Familie helfen und unterstützen und habe es noch geschafft. Und dann noch die Sache mit Aurora; ich dachte bis gestern wir wären eine Familie und sie würden mich wirklich mögen, doch anscheinend lag ich falsch. Es ist sehr verletztend, vor allem wenn man nirgendwo einen Platz hat und nicht weiß wo man hingehört. Ich habe keine richtigen Freunde, eher gute Bekannte und ein Teil meiner Familie hat mich verstoßen weil ich den anderen Teil kennenlernen wollte. Mein Leben ist so kompliziert.

Mit all diesen Gedanken stieg ich wieder ins Bett und schloss die Augen um mich ein wenig auszuruhen. Ich hatte heute nicht vor aus meinem Zimmer zu gehen, die Tür war verriegelt sodass auch keiner eintreten konnte.
Lange blieb ich jedoch nicht ruhig, den Schlaf kann ich nicht mehr aufholen. Ich nahm also mein Laptop von meinem Nachtisch und startete einen Film.
Ich schaute ein wenig, als es an meiner Tür klopfte.  »Ellie, ich bins Teresa. Willst du nicht rauskommen? Es gibt Frühstück.« Ich reagierte nicht. Ich will heute einfach nur meine Ruhe. Vielleicht bin ich morgen besser gelaunt, aber heute will ich niemanden sehen.  »Aurora ist auch nicht da, falls du das wissen willst.«  »Ist mir egal. Bitte geh einfach.« Ich hörte noch ein Gemurmel, dann wurde es still. Ich bin so durcheinander, einerseits denke ich das die anderen, abgesehen von Aurora, enttäuscht habe und ich hier einfach falsch bin. Andererseits hat der Plan ja funktioniert und ich bräuchte mich eigentlich nicht deswegen schlecht fühlen, stattdessen stoße ich Menschen von mir weg die mich tatsächlich zu mögen scheinen. Nur weil ich einen Streit mit Aurora habe, heißt es ja nicht dass die anderen mich auch nicht akzeptieren, oder?

Mein Kopf explodierte, ich versuchte alles zu sortieren und zu einer intelligenten Gleichheit zu kommen, doch vergeblich. Vielleicht sollte ich mit den anderen reden und mich nicht verkriechen. Aber nicht heute. Heute will ich alleine sein. Das war auch der Grund, warum ich Michele vorhin nicht beachtet hatte als er ein meiner Tür geklopft hat. Offenbar war er zurück und musste mich direkt nerven.
Ich liebe sie alle, weshalb es mir auch so weggetan hat als Aurora so über mich gesprochen hat, aber manchmal gibt es Momente da will ich keine Menschen in meiner Nähe und heute ist so ein Moment. Da ich mir glücklicherweise einen Schrank mit Essen zugelegt hatte, musste ich mein Zimmer überhaupt nicht verlassen. Ich lag also in meinem Bett, mit einer Tüte Nüsse und einer Flasche Eistee und schaute eine Folge meiner Lieblingsserie.

Doch ich konnte mein Glück nicht lange genießen, denn es klopfte erneut. Also was ist denn heute bitte los?  »Ellie, mach bitte die Tür auf.« Was will den Rafael bitte jetzt hier? Ich reagierte nicht.  »Ellie, ich werde nicht gehen solange du nicht die Tür geöffnet hast.« das traue ich ihm sogar zu.  »Ja dann kannst du lange warten. Lasst mich doch einfach in Ruhe.« Mehrere Minuten hörte ich nichts und ich dachte er wäre endlich gegangen, als er erneut klopfte.  »Ellie jetzt komm schon, sonst hole ich einen Schlüssel.« Wie kann man so nerven. Ich wartete kurz, dann stand ich auf und öffnete die Tür, da ich nicht wollte dass er einen Schlüssel zu meinem Zimmer bekam.  »Was willst du?«  »Schickes Outfit.« Ich sah an mir runter und merkte dass ich ja noch meinen Schlafanzug trug. Ein pinkes Top und eine schwarze Jogginghose. Zum Glück hatte ich einen Sport-BH an, sonst wäre es echt peinlich geworden. »Was willst du?« Ich ging auf seine Bemerkung gar nicht ein.  »Lass mich rein.« Ohne auf eine Antwort zu warten, drängte er sich an mir vorbei und setzte sich auf mein Bett.  »Klar, komm einfach rein« Perplex stand ich noch an der Tür und sah ihn an, ehe ich die Tür schloss.  »Also wenn du jetzt schon hier bist... Was zum Teufel willst du?« Er nahm sich meine Packung Nüsse und griff rein. »Teresa hat gesagt ich soll nach dir sehen, oder sie rasiert mir eine Glatze. Sie klang sehr glaubwürdig.« Er sah ein wenig traumatisiert aus, was mich lachen ließ.  »Ja, ich würde sie nicht verärgern.« Ich setzte mich zu ihm, immerhin war das ja mein Bett.  »Also was ist los?«  »Rafael, du musst jetzt nicht interessiert tun, du hast deine Pflicht erfüllt. Jetzt kannst du gehen wenn du willst.«  »Es interessiert mich aber, erzähl mir was los ist. Seit ich dich kenne habe ich dich noch nie so traurig gesehen, wie nachdem Aurora ihren Wutanfall hatte. Also los.« Ich seufzte einmal, er wird sowieso nicht ruhe geben.  »Ich weiß auch nicht. Ich habe das Gefühl dass ich euch enttäuscht habe. Gestern habe ich genau das Gegenteil meiner Aufgabe gemacht und uns fast alle in den Tod gestürzt. Und dann kam noch die Sache mit Aurora. Ich dachte die ganze Zeit, dass sie mich wirklich mag und wir schon sowas wie eine Familie geworden sind. Aber jetzt bin ich mir nicht mehr sicher. Ich weiß nicht wo mein Platz ist, wo ich überhaupt hingehöre. Es ist so kompliziert.«

»Es ist nicht kompliziert, du machst es dir selbst kompliziert. Du hast gestern nichts falsches gemacht oder etwas dergleichen. Luca ist sehr stolz auf dich, du hast sehr professionell gehandelt, trotz deiner Angst und das bei deinem ersten Auftrag. Und bezüglich Aurora.. Sie war verletzt weil ihr Bruder nicht die Wahrheit gesagt hat, aber die kriegt sich schon wieder ein. Es war nicht in Ordnung was sie zu dir gesagt hat und es war bestimmt nicht ernst gemeint. Deshalb solltest du niemals daran Zweifeln wo du hingehörst. Du bist ein Teil von uns, ein Teil von La Famiglia und wegen einem kleinen Streit solltest du das nicht aufgeben. Luca und die anderen sind sehr froh dich in ihrem Leben zu haben. Aurora ist das auch.« Er sah mich aufmunternd an und ich konnte nicht anders als ihn zu umarmen.  »Vielen Dank Rafael, das hat mir sehr geholfen... Wieso bist du eigentlich auf einmal so nett zu mir?«  »Du hast mir gezeigt, dass man sich in einem Menschen irren kann. Um ehrlich zu sein mochte ich dich nicht, weil Angelo dir die Aufgabe gegeben hat mir Dinge zu erklären die ich vermeintlich bereits wusste, obwohl du Neu warst und die jüngste von uns bist. Ich dachte du wärst eines dieser Mädchen, die hier nur sind um das große Geld zu machen und denen egal ist was La Famiglia bedeutet. Aber als du im Auto einfach deinen Arm aufgeschnitten hast, wie dumm es auch war, du hast es getan um uns zu schützen. Du hast selbstlos gehandelt und das macht nicht jeder. Ich musste mich bei dir entschuldigen, weil ich mich in dir getäuscht hatte.« Wow. Das er so ehrlich sein würde überraschte mich.  »Es freut mich das wir uns nun so unterhalten können, und das du ehrlich zu mir warst. Ich habe mich auch in dir getäuscht. Ich dachte du wärst einfach ein arroganter Typ, der sich hier als Chef aufspielen will. Es freut mich dass ich so falsch lag.« Er musste lachen, was mich auch schmunzeln ließ.  »Chef also, huh? Na gut. Dann werde ich meinem Ruf mal gerecht. Los zieh dich an, wir fahren weg« Verdutzt sah ich ihn an.  »Wie weg fahren? Wohin?«  »Lass dich überraschen, wir muntern dich jetzt ein wenig auf. Also los.«  »Lieber nicht. Mein Bett ist heute echt bequem und ich habe mir gerade meinen Serie angeschalten.« Er schüttelte den Kopf.  »Nein, wir gehen jetzt.« Ich schob meine Unterlippe nach vorne, in der Hoffnung das er nachgab. Ich vergaß, er ist Italiener und wir sind stur bis zum geht nicht mehr.  »Dann zieh dich eben nicht um.« Er griff mein Handgelenk, zog mich vom Bett hoch und schleifte mich aus dem Zimmer.  »Hey warte, ich hab keine Schuhe an.« Er stoppte, drehte sich zu mir um und sah auf meinen Füße.  »Warte hier.« Rafael lief wieder in mein Zimmer, kam wieder raus und reichte mir ein Paar Badeschuhe, die ich gerne als Hausschuhe verwendete.  »Ist das dein Ernst? Ich kann doch keine Badeschuhe mit Socken anziehen.« Ich sah ihn mit diesem Dein-Ernst-Blick an was er unkommentiert ließ.  »Na los jetzt.« Ich schlüpfte in die Schuhe, noch rechtzeitig bevor er mich mich die Treppe runter zerrte.

Was habe ich mir da nur eingebrockt...

P R O M I S E SWo Geschichten leben. Entdecke jetzt