Amor manet.

Ich hab Spaß

Die stickige Luft in der Bar war unerträglich. Eng gedrängt standen Liam und ich am Tresen, da kein Tisch mehr frei war und nippten an unserem lauwarmen Bier.
"Ist doch klasse hier", hörte ich Liam neben mir. Dem konnte ich leider nicht zustimmen. Hier waren für meinen Geschmack zu viele Menschen, es war zu warm und das Bier schmeckte eher nach Spülmittel, als nach einem wirklichen Getränk.
"Ich bestelle mir etwas anderes", erklärte ich, drehte mich zum Tresen um und versuchte Blickkontakt mit dem Barkeeper zu bekommen.
Es dauerte einen Moment, ehe der Barkeeper auf mich aufmerksam wurde und vor mir erschien.
"Hi", rief ich gegen die Lautstärke und hob meine Hand. "Ich hätte gerne-".
"Ey, Luke, ich brauche zwei Bier!".
Der Barkeeper wendete seinen Blick von mir ab und sah den Mann neben mir an, nickte und verschwand zu einem großen Kühlschrank. Genervt schloss ich meine Augen. New York hatte anscheinend wirklich keine Manieren.
"Entschuldigung, aber eigentlich war ich vor Ihnen dran", motzte ich und verschränkte meine Arme vor der Brust. Der große Mann neben mir drehte sich um und - das darf doch nicht wahr sein!
"Sie?!", wollte ich empört wissen und konnte nicht fassen, dass dieser Taxidieb vor mir stand.
"Entschuldigung, kennen wir uns?", wollte er wissen und musterte mich mit seinen grünen Augen, die mir am Taxi schon aufgefallen waren.
"Sie haben mir heute zwei Mal mein Taxi geklaut und jetzt haben Sie sich schon wieder vorgedrängelt".
Der Mann musterte mich und legte dann ein schiefes Grinsen auf.
"Wirklich? Das tut mir Leid. Ich hatte es-" - "Eilig, ich weiß. Trotzdem gehört es sich nicht".
Der Typ lachte rau auf und musterte mich erneut. "Sie kommen aus England, richtig? Das hört man".
Nickend sah ich dabei zu, wie der Typ sein Bier bekam und der Barkeeper dann wieder an das andere Ende der Bar verschwand.
Na klasse.
"Okay, okay", begann der Mann und hob beschwichtigend seine Hände. "Es tut mir Leid, dass ich Ihnen heute anscheinend Ärger gemacht habe. Darf ich mich mit einem Getränk bei Ihnen entschuldigen?".
"Dürfen Sie", erklang nun die Stimme von Liam, der seinen Arm um mich legte und den fremden Mann angrinste. Etwas verdutzt aber lächelnd nickte der Mann, hob seinen Arm und bekam prompt erneut die Aufmerksamkeit des Barkeepers.
"Gut, was wollt ihr trinken? Die Runde geht auf mich".
Liams Augen begannen zu leuchten und teilte dem Barmann seine Bestellung mit. Mir war die Lust auf Alkohol deutlich vergangen, weswegen ich mir eine Cola bestellte, weswegen Liam und der Fremde einmal laut lachten und ich ein "Auf keinen Fall", von Liam hören konnte.
"Trinken Sie Gin?", wollte der Fremde wissen und bevor ich etwas sagen konnte, mischte Liam sich wieder ein. "Mein bester Freund hier trinkt gerne Gin."
Fassungslos sah ich meinen besten Freund an, welcher mir aber nur zuzwinkerte und sich dann begann mit dem Fremden zu unterhalten.
Das war so typisch Liam.
Er fand immer sofort Anschluss, konnte problemlos mit jedem Menschen sprechen und kannte vermutlich auf dem ganzen Planeten Leute, die in den unterschiedlichsten Ländern wohnten.
Ich hingegen tat mich immer schwer damit neue Leute kennenzulernen.
Ich wusste nie, worüber ich mit ihnen reden sollte und generell war ich lieber alleine oder in einer kleinen Gruppe unterwegs, anstatt der Star auf jeder Party zu sein.

"Wollt ihr euch vielleicht zu uns setzen?", bot der Fremde an. Anscheinend waren er uns Liam bereits beim Du angekommen. Liam drückte mir mein Glas in die Hand und ehe ich antworten konnte, stimmte er schon begeistert zu und schob mich hinter dem Typen hinterher, der sich an uns vorbei drängelte und zielsicher einen Tisch ansteuerte.
"Liam", zischte ich leise und sah meinen besten Freund verständnislos an. Doch er lachte nur und schob mich weiter zum Tisch.
"Niall, ich habe Gäste mitgebracht", rief der Fremde und deutete auf Liam und mich.
Ein braunhaariger Mann sah uns lächelnd an und deutete uns, uns zu setzen. Noch immer zögerlich sah ich die Stühle an, als Liam mich einfach auf einen drückte und sich dann neben den Braunhaarigen setzte.
"Hi, ich bin Niall", stellte er sich vor und Liam reichte ihm die Hand. "Liam und dieser Miesepeter dort ist Louis". - "Ich bin kein Miesepeter".
Neben mir erklang ein Lachen und als ich meinen Kopf drehte, merkte ich den grinsenden Blick des Fremden auf mir. "Du siehst aber auch nicht so aus, als wenn du Spaß hättest."
Anscheinend waren wir auch beim Du.
"Ich hab Spaß", verteidigte ich mich und nahm einen Schluck von meinem Glas.
Der Fremde zog die Augenbrauen hoch und schmunzelte.
"So sieht Spaß bei dir aus?".
"Louis hier ist der Inbegriff von Spaß, wenn er nicht gerade an die Arbeit denkt", erklärt Liam und legt erneut seinen Arm um mich. "Und wir denken heute nicht an die Arbeit, richtig, Louis?".
Grummelnd nahm ich erneut einen Schluck aus meinem Glas.
"Okay, erzählt mal, was sucht ihr Engländer hier in New York?"