Es war mir wichtig.

2.8K 375 15
                                    

Ich kann es kaum abwarten, endlich dieses Flugzeug zu verlassen. Gut, dass man von Paris nach London nicht so lange fliegt.
Immer wieder schaue ich auf die Uhr, merke, dass ich viel zu aufgedreht bin und auch als ich endlich lande, mich Liam abholt und ich bei meinem besten Freund im Auto sitze, kann ich meine aufgedrehte Art nicht abschalten.
Liam löchert mich mit unzähligen Fragen, die ich allesamt beantworte. Natürlich weiß er einige Dinge schon. Er sagt, dass er mit Niall telefoniert hat und so wie es sich anhört, wurde Harry ebenfalls mit Fragen gelöchert. Schön, dass sich alle so brennend für unser Leben interessieren. - Nicht.
Als ich Liam dann bitte, mit bei der Firma meiner Mutter abzusetzen, guckt er nicht einmal verwundert. Sicherlich kann er sich denken, weshalb ich zu meiner Mutter möchte und ohne eine Diskussion fährt er mich vor das große Gebäude, in dem sich die Agentur befindet.
Er gibt mir meinen Ersatzschüssel, erklärt mir, dass er sich einen weiteren Schlüssel hat nachmachen lassen und ruft mir ein freudiges "Meld dich bei mir", hinterher, ehe ich samt meines Koffers aus dem Auto steige und die sechste Etage ansteuere.

Ich lasse meinen Koffer am Empfang stehen, steuere dann zielsicher das Büro meiner Mutter an und betrete den Raum wenige Sekunden später, ohne an die Tür geklopft zu haben.
Meine Mutter zuckt erschrocken zusammen, als ich die Tür aufreiße, beginnt allerdings sofort zu lächeln, als sie mich erkennt.
"Louis, du bist wieder da", erklingt ihre warme Stimme und etwas außer Atem nicke ich, lasse mich ihr gegenüber in einem der dunkelgrünen Sessel fallen und atme erstmal durch. Wieso ich so hetze weiß ich auch nicht. Aber irgendwie will ich so schnell wie möglich eine Antwort. Und ich will so schnell wie möglich nach Hause und Harry anrufen.
"Wie war der Flug?". Meine Mutter steht auf, geht zu einem kleinen Beistelltisch, auf dem eine Thermoskanne steht und einige Tassen. Fragend sieht sie mich an, als ich nicke und sie zwei Tassen mit Kaffee füllt. Dankend nehme ich eine von ihnen an, trinke einen Schluck und merke, wie langsam Ruhe in mich einkehrt.
"Der Flug war gut." Eineinhalb Stunden sind gut zu verkraften.
"Ich habe dir den Abschlussbericht bereits per Mail geschickt", erkläre ich und bekomme ein belustigtes Kopfschütteln. "Louis", tadelt meine Mutter, sieht mich liebevoll an und schenkt mir ein zartes Lächeln. "Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass es reicht, wenn du mir sagst, dass alles gut gelaufen ist? Du musst nicht jedes Mal einen Bericht schreiben."
Unzählige Male hat sie mir das schon gesagt, aber ich finde das wichtig. Für mich gehört es dazu und nur so kann ich einen Auftrag abschließen. Ich zucke mit meinen Schultern, wohlwissend, dass ich auch bei dem nächsten Auftrag wieder einen Abschlussbericht schreiben werde.
Kurz entsteht Stille, als ich mich selbst wieder daran erinnere, warum ich eigentlich hier bin.
"Ich brauche Urlaub", platzt es aus mir heraus und meine Mutter sieht mich überrascht an. Ihre Augen weiten sich und sie scheint etwas perplex zu sein.
"Ich...also ich möchte gerne eine Woche nach New York und wenn das okay für dich wäre, würde ich gerne Urlaub beantragen". Unsicher beiße ich mir auf meine Lippe. Meine Mutter sieht noch immer etwas geschockt aus, als sich auf ihren Lippen erneut dieses liebevolle Lächeln bildet. Dieses liebevolle Lächeln, welches nur Mütter ausstrahlen können.
"Schatz, du hast noch nie Urlaub beantragt. Ich musste dich bisher immer zwingen welchen zu nehmen."
Damit hat sie Recht, aber es ist immer irgendwann das erste Mal.
"Natürlich bekommst du Urlaub".
Erleichtert atme ich auf und schenke meiner Mutter ein liebevolles und dankendes Lächeln.
"Danke, Mom". Ich trinke meinen Kaffee leer und möchte aufstehen, als meine Mutter mich zurück hält. "Du willst also nach New York?". Ich lasse mich wieder in den Sessel sinken und nicke.
"Hat das zufällig etwas mit diesem Henry zu tun?".
Ich verdrehe meine Augen über den falschen Namen und nicke. "Harry, Mom. Er heißt Harry und ja, ich möchte ihn besuchen."
Sie weiß ja anscheinend eh schon über ihn bescheid. Liam berichtet meiner Mutter immer sehr gut über mein Privatleben.
"Das finde ich schön", gesteht sie und neigt ihren Kopf.
"Na dann los".
Irritiert sehe ich sie an. Ich möchte doch nicht jetzt sofort nach New York. "Harry ist gerade in Mailand. Ich werde erst in ein paar Wochen fliegen". Doch meine Mutter grinst nur und nickt. "Dann fahr nach Hause und ruf ihn an. Sag ihm, dass du kommen wirst."

Als ich meine Wohnung betrete, muss ich zuerst die Fenster öffnen. Zwar ist es wirklich kalt draußen, zudem regnet es, aber in meiner Wohnung riecht es nach alten Tennissocken und dieser Geruch ist nicht wirklich angenehm. Außerdem gönne ich mir erst eine heiße Dusche, ehe ich meine Fenster wieder schließe und mich mit einer großen Tasse Tee auf mein Sofa setze und mein Handy in die Hand nehme. Harry müsste mittlerweile in Mailand angekommen sein.
Sein Job beginnt erst morgen, weshalb er mit ziemlicher Sicherheit im Hotel sein wird. Oder er erkundet die Stadt. Ich wage es einfach, drücke auf den Videoanruf und halte angespannt meine Luft an, während ich auf meinen schwarzen Display schaue.
Nach wenigen Sekunden ändert sich das Bild. Umrisse sind zu erkennen und dann erscheint Harrys lächelndes Gesicht vor meinen Augen.
"Louis", ruft er fröhlich, strahlt mich mit seinen wundervollen Augen an und ich kann nicht umgehen, dass mein Herz dabei fröhlich durch meine Brust hüpft.
"Hi", hauche ich lächelnd und betrachte das hübsche Gesicht auf meinem Bildschirm.
Harry scheint im Hotel zu sein. Er sitzt anscheinend auf dem Bett, denn ich kann hinter ihm die Lehne eines Boxspringbettes erkennen. Seine Haare sind zu einem Dutt gebunden und er sieht damit einfach unglaublich heiß aus.
"Wie war der Flug?", möchte ich wissen, präge mir jede Faser seines Gesichts ein und versuche nebenbei mein Herz zu beruhigen.
"Es gab ein paar Turbolenzen, aber ansonsten war er okay. Das Hotel ist nicht so weit vom Flughafen entfernt."
Ich trinke einen Schluck meines Tees, ehe ich die Bombe platzen lasse.
"Ich habe Urlaub beantragt und kann zu dir nach New York kommen".
Harrys Augen weiten sich. Er sieht überrascht aus und einige Sekunden bleibt es still. Er starrt mich regelrecht an, fast schon so, als wenn ich verrückt wäre. Doch dann breitet sich ein unglaubliches Lächeln auf seinen Lippen aus. Ein Lächeln, welches eine wohlige Wärme in meiner Brust erschafft.
"Das ist wundervoll", haucht er leise. "Ich...ich hatte wirklich nicht damit gerechnet.", gesteht der Lockenkopf und bekommt das Lächeln anscheinend nicht mehr aus seinem Gesicht. "Und ich hatte auch nicht damit gerechnet, dass es gleich das erste ist, was du machst."
"Es war mir wichtig", gestehe ich und beiße wieder auf meine Lippe. "Freust du dich?", möchte ich unsicher wissen und traue mich kaum ihm in die Augen zu schauen. Immerhin haben wir eigentlich gar keine Zeitspanne ausgemacht. Ich habe einfach so beschlossen, dass es der Zeitpunkt sein wird, wenn Harry von seinen Jobs zurück ist.
"Oh, Louis", kommt es leise von dem hübschen Mann auf meinem Display. "Du weißt gar nicht, wie sehr ich mich darüber freue."

Amor manet.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt