Wenn ich nur ein paar Jahre jünger wäre...

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Am nächsten morgen liegt Harry nicht mehr neben mir. Viel zu spät sind wir am gestrigen Abend in das Bett gegangen, aber wir konnten uns einfach nicht voneinander lösen. Irgendwann haben wir es dann doch geschafft und bei dem Gedanken daran, wie wir dann eng beieinander eingeschlafen sind, bereitet mir ein Kribbeln im Bauch.

Ich stehe auf, mache das Bett und schnappe mir einen dicken Pullover. Es ist verdammt kalt, doch als ich die Treppe herunter gehe, sehe ich, dass der Kamin bereits brennt und die Wärme sich unweigerlich auf mich überträgt.
Harry steht in der Küche. Vor ihm stehen zwei dampfende Tassen mit Tee und er schnippelt irgendetwas auf einem Brett herum.
Ich gönne mir einen Moment, betrachte diesen wunderschönen Mann, wie er dort steht. Die große Jogginghose, dazu ein hautenger Pullover. Und auch wenn diese Jogginghose aussieht, als wenn sie ihm sieben Nummern zu groß ist, so ist dieser Kontrast verdammt heiß.
"Kommst du her, oder bleibst du sabbernd im Türrahmen stehen?", reißt mich Harry aus meinen Gedanken und ertappt beiße ich mir auf meine Lippe, ehe ich mich tatsächlich in Bewegung setze, meine Arme von hinten um diesen hübschen Lockenkopf schlinge und ihm einen Kuss auf den Nacken hauche.
"Guten Morgen, Sun".
Ich bemerke Harrys Lächeln, muss es dann ebenfalls tun und schaue was er da eigentlich macht.
Er schneidet Obst, vor ihm ist bereits eine Schale mit verschiedenen Sorten gefüllt.
"Ich wollte dich eigentlich mit einem Frühstück überraschen". Er legt das Messer bei Seite, neigt seinen Kopf etwas und schiebt schmollend seine Lippe nach vorne.
Oh Gott! Er soll aufhören so niedlich zu sein.
Ich möchte gerade etwas erwidern, als mein Blick aus dem Fenster gleitet und ich erschrocken meine Augen aufreiße, von Harry ablasse und zwei Schritte näher an das Fenster trete.
"Heilige Mutter Gottes, was ist denn bitte heute Nacht passiert?". Harry brummt genervt, murmelt etwas für mich unverständliches und stellt sich dann neben mich. "Zwanzig Zentimeter Neuschnee und wie es aussieht, kommt noch einiges heute dazu. Es wurde geraten im Haus zu bleiben."
Nun drehe ich mich doch wieder zu Harry um, der auf einmal ziemlich geknickt wirkt. "Es tut mir Leid, dass ich dir irgendwie kaum etwas von New York zeigen kann." Er sieht ernsthaft geknickt aus und sofort ziehe ich ihn in meine Arme, drücke mich fest an ihn und sehe ihm dann in die Augen.
"Wir haben noch oft genug die Möglichkeit, dass du mir New York zeigst. Und wenn wir mal ehrlich sind, gibt es wirklich schlimmeres, als mit dir in einer Wohnung gefangen zu sein."
Mein Lockenkopf schmunzelt, schiebt seine Hände über meinen Rücken und lässt damit eine Gänsehaut über meinen Körper kriechen. "Ich bin dafür, dass du mir erstmal einen richtigen Kuss zur Begrüßung gibst."
Und scheiße, dass lasse ich mir nicht zwei Mal sagen.

~~**~~

Harry soll Recht behalten.
Es schneit den ganzen Tag weiter, der Schnee wächst von Minute zu Minute und gegen Mittag ist in den Nachrichten nichts anderes mehr zu sehen. Die Räumfahrzeuge arbeiten auf Hochtouren, kommen aber einfach nicht gegen die Massen an.
Zudem wird für die kommenden Tage weiterer Neuschnee erwartet und die ersten Flüge werden gestrichen.
Als wir dann gegen Abend erneut die Nachrichten schauen, das Flugverbot sich ausgebreitet hat und ich kurz darauf im Internet nach meinem Flug schaue, stelle ich fest, dass dieser ebenfalls gestrichen ist.
"Scheint so, als wenn du noch ein bisschen länger bleiben müsstest". Harry liegt hinter mir, streichelt mir sanft durch meine Haare und haucht mir einen Kuss auf den Hals. Ein wohliger Schauer durchfährt meinen Körper, während ich mich wieder zurück in seine Arme fallen lasse und nicke.
"Scheint so, aber es gibt Schlimmeres". Schmunzelnd drehe ich mich zu meinem Freund um. Meinem Freund. Es klingt wie Musik in meinen Ohren und ich kann es ehrlich gesagt noch immer nicht glauben. Lächelnd schauen wir uns in die Augen, bis ich es nicht mehr aushalte und ihn küsse.
Ich liebe seine Lippen.

Leider fällt mir wenig später meine Mutter ein. "Ich muss auf der Arbeit bescheid geben".
Harry legt neues Holz in den Kamin, während ich meine Haare etwas richte und dann einen Videoanruf auf meinem Laptop starte. In London ist es schon spät, aber wie ich meine Mutter kenne, ist sie noch wach und das bestätigt sich nach wenigen Sekunden.
Ihr Gesicht erscheint vor mir, liebevoll lächelt sie in die Kamera und gibt ein überraschtes "Louis" von sich. "Hi, Mom". Ich winke in die Kamera und ziehe meine Beine in einen Schneidersitz.
"Schatz, wie geht es dir? Alles gut? Ich habe die Nachrichten gesehen. Scheint ziemlich heftig bei euch zu sein". Ich nicke, räuspere mich einmal und fahre mir über meinen kurzen Bart. "Deswegen rufe ich an. Mein Flug ist gestrichen. Ich kann also noch nicht zurück".
Normalerweise muss ich in drei Tagen wieder arbeiten. "Ich kann aber von hier aus arbeiten", schlage ich vor, doch meine Mutter schüttelt den Kopf. "Nichts da. Genieß deinen Urlaub." - "Aber-" - "Louis, keine Wiederrede." Erneut nicke ich, schaue kurz zu Harry, der noch immer am Kamin steht und grinst.
"Du kommst wieder, wenn es geht und bis dahin genießt du einfach mal die Ruhe. Haben wir uns verstanden, junger Mann?". Ich verdrehe meine Augen, muss aber im gleichen Moment lächeln.
"So, und nun  hol mir mal diesen jungen Mann vor die Kamera, der meinen Sohn so zum strahlen bringt." Etwas überfordert sehe ich meine Mutter an, die allerdings einmal auflacht. "Du strahlst wie ein Honigkuchenpferd und ich möchte den Grund dafür endlich mal kennenlernen. Also los, hol ihn dazu".
Unsicher gleitet mein Blick zu Harry, der mit zwei großen Schritten plötzlich neben mir ist und sich auf das Sofa fallen lässt. Charmant lächelt er in die Kamera, hebt die Hand und winkt meiner Mutter zu. "Guten Abend, Miss Tomlinson". Meine Mutter ist sofort verzückt, dass kann ich ihr ansehen.
"Du bist also Harry". Mein Lockenkopf nickt und ich bin froh, dass meine Mutter sich endlich den Namen merken kann. "Schön endlich den Mann kennenzulernen, der es schafft meinen Sohn von der Arbeit abzuhalten." Ich werde rot und als Harry das bemerkt, grinst er und legt seine Hand auf meinen Oberschenkel. "Es war harte Arbeit, aber ich habe es geschafft", schmunzelt er und entlockt meiner Mutter ein Lachen.
Die beiden unterhalten sich einen Weile, verstehen sich wirklich prächtig und ich bin verdammt erleichtert. Mir ist die Meinung meiner Mutter verdammt wichtig, immerhin ist sie alles was ich noch habe. Abgesehen von meinen Freunden natürlich.
"Nun ihr beiden". Liebevoll lächelt sie in die Kamera, schaut uns einen Moment an und gähnt dann einmal hinter vorgehaltener Hand. "Ich muss jetzt ins Bett. Louis? Keine Arbeit und Harry? Hindere ihn daran." Mein Lockenkopf nickt und ich verdrehe meine Augen. Sie betrachtet uns erneut, seufzt verzückt auf. "Ihr seid aber auch hübsch zusammen. Louis, ich kann dich wirklich verstehen. Wenn ich nur ein paar Jahre jünger wäre..." - "Okay, bye Mom". Hektisch lege ich auf und sehe dann mit roten Wangen zu meinem Freund, der schallend auflacht. "Sie ist nett", kommentiert er dann, beruhigt sich wieder und zieht mich auf seinen Schoß. Grinsend beißt er sich auf die Lippe, streichelt mit einmal über die Wange. "Aber keine Angst, Love, ich glaube ich habe mich für den richtigen Tomlinson entschieden."
Und dann küsst er mich und ich werde sofort wieder auf Wolke Sieben katapultiert.

Amor manet.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt