Chapter 130

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(Bild: Collage Lily)

Lily Evans P.o.V.:

Als ich am Morgen aufwache, sitzt nicht nur die Eule mit dem Tagespropheten auf meinem Fensterbrett. Neben ihr thront eine übellaunige Zoe, die mir mit ihrem Blick sogar durch die Scheibe hinweg Angst macht. Ihr Gefieder ist zerzaust und ihr Kopf sitzt noch aufrechter auf ihrem Hals als sonst. 
Ich hieve mich aus meinem Bett, mit der festen Absicht, keine Minute lang von meinem Kissen getrennt zu sein, und öffne das Fenster, um der fremden Eule die Zeitung abzunehmen und ihr dafür ein paar Sickel in den Beutel zu stecken.
Selenas Eule lasse ich in mein Zimmer, wo sie es sich auf der Kommoden bequem macht, in deren obersten Schublade ich ein paar Eulenkekse verstaut habe. Der Weg zwischen Sel und mir ist immerhin nicht gerade kurz.
Auch eine ausrangierte Tasse steht dort, damit ich ihr Wasser geben kann.

"Gleich, Zoe. Lass mich nur-"
Das Blut gefriert mir in den Adern.
Das kann nicht sein!
Es kann einfach nicht passiert sein!
5 Tote bei Todesser-Attentat
Gestern noch war ich in dem Haus, das auf der Titelseite des Tagespropheten pragt.
Jetzt flackern tödliche Flammen über den Dachstuhl hinaus und verleihen der Fotografie einen gänsehauterregenden Anblick.
Aber es ist nicht das Feuer, das meine Knie nachgeben lässt. Es ist der Totenschädel mit der grünlich schimmernden Schlange, der über dem Haus der Potters den Nachthimmel erleuchtet. 
Wäre es nur ein Feuer, gäbe es Hoffnung. Aber so...

Ich kann nicht auch noch Selena verlieren! James! Und Sirius! Was war mit Remus passiert? War er abends noch in Marlborough?
Grace und Selenas Gesichter schwirren in meinem Kopf herum, und machen mich ganz schwindlig. Sämtliche Erinnerungen sammeln sich hinter meiner Stirn und lösen pochende Kopfschmerzen aus. James' und mein Kuss, der erst ein paar Stunden her ist, ist wie ein Schatten auf meinen Lippen. Nur diesmal ist es düster, traurig. Diesmal ist es ein richtiger Abschied, einer, der mir den Sauerstoff aus den Lungen saugt. Sirius Witze hallen in meinen Ohren wider und Remus seltenes Lachen mischt sich darunter. 

Die Hand gegen den Mund gepresst, schnappe ich nach Atem. Obwohl Sauerstoff in meine Lungen strömt, fühlt es sich an, als würde ein Betonblock auf meiner Brust das verhindern. Die Hand mit der Zeitung verliert an Kraft und das Papier fällt flatternd zu Boden. 
Wie viel kann man verlieren? Wie viel kann man innerhalb eines Wimpernschlages verlieren? Wie viel innerhalb einer Woche? Alles?

Moment!
Ich sehe auf.
Zoe!

Vor Hast stoße ich mit meinem Hüftknochen gegen die Kommodenecke, doch der Schmerz kümmert mich so sehr wie eine Wolke über Australien.
Zoe trägt einen zerknitterten Zettel am Bein, und ich bin froh, dass es in der Nacht nicht geregnet hat. 

Egal was du heute im Propheten liest, uns geht es allen gut und wir sind in Sicherheit. Kümmere dich bitte um Zoe bis wir uns wiedersehen.

"Das war's?", frage ich fassungslos in mein totenstilles Zimmer. "Ernsthaft, Selena?"
Moment... das war's! Alles, was im Tagespropheten steht... Falsch. Egal. Sie leben!

Ich komme auf die Füße und öffne die Kommodenschublade unter Zoe.
"Dafür kriegst du die ganze Tüte." Ohne mich um die Brösel zu kümmern, schütte ich die schon offene Tüte vor ihr aus. 
Zoe lässt einen erfreuten Laut von sich hören und sieht um einiges glücklicher aus, dann senkt sie den Schnabel.
Mit einem Seufzer fahre ich ihr übers Gefieder. "Notiz an mich selbst: Immer erst Selenas Brief lesen."

An diesem Morgen lege ich mich doch nicht zurück in mein Bett, auch wenn es noch verdammt früh ist. Ich ziehe mich an, kämme meine Haare und gehe dann auf Zehenspitzen an Petunias Tür vorbei in die ungewöhnlich stille Küche. Normalerweise deckt Mum um diese Uhrzeit den Tisch und Dad steht am Herd, um Speck zu braten. Er sah das immer als Kunst an.
Doch ab jetzt gibt es weder Geschirrgeklapper, noch das Brutzeln von Speck. Nur Stille.

𝐁𝐥𝐚𝐜𝐤 𝐓𝐰𝐢𝐧𝐬 (ʰᵃʳʳʸ ᵖᵒᵗᵗᵉʳ/ʳᵘᵐᵗʳᵉⁱᵇᵉʳ ᶠᶠ)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt